Kategorien-Archiv Baurecht

VonHagen Döhl

Silo-Entscheidung des BGH

Nach der sog. Silo-Entscheidung des BGH (IBR 2009, 575) sind Verträge, die die Lieferung von herzustellenden beweglichen Bau- und Anlagenteilen zum Gegenstand haben, nach Maßgabe des § 651 BGB nach Kaufrecht zu beurteilen (Werklieferungsverträge). Die Zweckbestimmung der Teile, in Bauwerke eingebaut zu werden, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Das gilt auch dann, wenn der Herstellung dieser Bau- und Anlagenteile Planungsleistungen vorauszugehen haben. Die Einordnung solcher Verträge als Werklieferungsverträge hat die Anwendbarkeit der sog. handelsrechtlichen Rügepflicht zur Folge. Vor diesem Hintergrund ist eine aktuelle Entscheidung des OLG Naumburg zur Konzipierung, Lieferung und Montage einer Industrieanlage von Bedeutung. Das OLG Naumburg lässt die Untersuchungs- und Rügepflicht des Auftraggebers bzw. Käufers nach § 377 HGB noch nicht mit der Lieferung und Montage einzelner Anlagenteile, sondern erst mit der Inbetriebnahme der Gesamtanlage beginnen.

OLG Naumburg, Urteil vom 25.06.2009 – 1 U 14/06

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Honorarpflichtige Architektentätigkeit oder nur Akquisition?

Honorarpflichtige Architektentätigkeit oder nur Akquisition?

Nicht selten erbringen Architekten umfangreiche Tätigkeiten, ohne zuvor geklärt zu haben, ob überhaupt ein Vertrag geschlossen wurde. Im konkreten Fall ging es um die Planung eines Wohn- und Geschäftshauses mit fünf Eigentumswohnungen, die der Architekt in umfangreicher Arbeit erstellt hatte. Als jedoch keine Kauf- und Mietinteressenten gefunden wurden, stellte der Bauträger die gesamte Baumaßnahme ein. Der Architekt meint, allein aus dem Umfang seiner Tätigkeit könne ein Vertragsschluss und damit ein Honoraranspruch abgeleitet werden. Vom OLG Celle muss er sich bescheinigen lassen, dass dies ein großer Irrtum ist. Der Architekt ist in vollem Umfange für das Zustandekommen des Vertrags beweispflichtig. Zwar kann ein Vertragsschluss auch konkludent erfolgen, auch durch Entgegennahme bestimmter Leistungen durch den Bauherrn. Dazu muss aber ein entsprechender Wille des Bauherrn festgestellt werden. Allein aus dem Umfang der Architektentätigkeit kann ein solcher Wille nicht abgeleitet werden.
OLG Celle, Urteil vom 17.01.2010 – 14 U 138/09

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Rückforderung des Vorschusses auf die Mängelbeseitigungskosten

Der Auftragnehmer kann einen an den Auftraggeber gezahlten Vorschuss auf die Mängelbeseitigungskosten zurückfordern, wenn feststeht, dass die Mängelbeseitigung nicht mehr durchgeführt wird. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Auftraggeber seinen Willen aufgegeben hat, die Mängel zu beseitigen.
Ein Rückforderungsanspruch entsteht auch dann, wenn der Auftraggeber die Mängelbeseitigung nicht binnen angemessener Frist durchgeführt hat.
Welche Frist für die Mängelbeseitigung angemessen ist, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände zu ermitteln, die für diese maßgeblich sind. Abzustellen ist auch auf die persönlichen Verhältnisse des Auftraggebers und die Schwierigkeiten, die sich für ihn ergeben, weil er in der Beseitigung von Baumängeln unerfahren ist und hierfür fachkundige Beratung benötigt.
Der Vorschuss ist trotz Ablauf einer angemessenen Frist zur Mängelbeseitigung nicht zurückzuzahlen, soweit er im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zweckentsprechend verbraucht worden ist oder es feststeht, dass er alsbald verbraucht werden wird.
BGH Urteil 14.01.2010, VII ZR 108/08

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Preisanpassung nach Vergabeverzögerung?

Ein weiteres Mal hatte sich der Bundesgerichtshof mit der Frage zu befassen, ob einem Bauunternehmer nach verzögerter Vergabe und daraus resultierender Bauzeitverschiebung ein Mehrvergütungsanspruch zusteht. Ausgangspunkt war das Urteil des OLG Saarbrücken vom 13.05.2008 (IBR 2008, 425). Darin hatte das OLG entschieden, dass dem Bauunternehmer trotz Bauzeitverschiebung ein Anspruch auf Mehrvergütung nicht zustehe, wenn er zuvor der Verlängerung der Bindefrist vorbehaltlslos zugestimmt habe. Diese Ansicht lehnt der BGH ab. Die einfache Bindefristverlängerung durch einen Bieter hat nur die Bedeutung, dass das ursprüngliche Vertragsangebot inhaltlich konserviert und die rechtsgeschäftliche Bindungsfrist an das Angebot verlängert werden soll. Die Zuschlagserklärung habe keinen anderen Inhalt als bereits die Ausschreibung und das Angebot des Bieters, wenn nicht etwas anderes klar und unzweideutig zum Ausdruck gebracht wird. Mit dem Zuschlag nach Bindefristverlängerung kommt also nicht etwa ein Vertrag über eine angepasste Ausführungszeit zu den alten Preisen zu Stande. Erweist sich die vereinbarte Bauzeit aufgrund der Vergabeverzögerung als gegenstandslos, ändert das an dem bindenden Vertragsschluss zwar nichts. Allerdings sind die Folgen der Verzögerung im Hinblick auf die Bauzeit sowie auf die Einheitspreise durch ergänzende Vertragsauslegung zu ermitteln, und zwar in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B.

BGH, Urteil vom 26.11.2009 – VII ZR 131/08

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Bauträgerrecht

Bauträger – das gilt auch für alle anderen “Zwischenunternehmer”, wie GU, GÜ und andere – finden sich mitunter in der angenehmen Situation, dass die Ansprüche ihrer Kunden gegen sie selbst verjährt oder anderweitig – zum Beispiel durch Vergleich – erledigt sind. Gleichwohl haben sie noch Ansprüche gegen ihre Nachunternehmer. Können sie die noch geltend machen? “Nein”, sagt das OLG Frankfurt unter Berufung auf die einschlägige Rechtsprechung des BGH. Einem Bauträger steht also gegenüber einem Bauhandwerker kein Anspruch auf Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung zu, wenn feststeht, dass Ansprüche der Erwerber gegen den Bauträger wegen dieses Baumangels verjährt sind. (OLG Frankfurt, Urteil vom 09.04.2009 – 10 U 264/07)

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Verjährung von Ansprüchen gegen Architekten

In Architektenhaftungsfällen spielt die Verjährung immer wieder eine überragende Rolle. Denn aus der Vielzahl der Baubeteiligten ist oft der Architekt der letzte, der vom Bauherrn noch in Anspruch genommen werden kann. Wann also beginnt die meist fünfjährige Verjährung? Antwort: Mit der Abnahme der Architektenleistung. Eine förmliche oder ausdrückliche Abnahme gibt es aber so gut wie nie. Also muss man nach einem Ersatz suchen. Das kann eine „schlüssige“ Abnahme sein, zum Beispiel die vollständige Zahlung des Honorars. Aber auch die endgültige Abnahmeverweigerung lässt die Verjährung beginnen. Auch diese muss nicht ausdrücklich erklärt werden. So kann etwa in der Geltendmachung eines Schadensersatzes und in der Beauftragung eines neuen Architekten eine „schlüssige“ Abnahmeverweigerung liegen, die die Verjährung des Haftungsanspruchs gegen den Architekten beginnen lässt.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.02.2007 – 5 U 95/06

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BGH erteilt spekulativ überhöhten Einheitspreisen eine Absage

Eine Auftragnehmerin wurde unter Einbeziehung der VOB/B mit dem Bau eines Regenrückhaltebeckens beauftragt. Für ausgeschriebenen Stahl gab die Auftragnehmerin einen Einheitspreis von 2.210,00 DM je Kilogramm an und erhielt den Zuschlag. Nun forderte sie vom Auftraggeber eine Vergütung für Mehrmengen an Stahl unter Berufung auf den vereinbarten Einheitspreis, denn aufgrund einer nachträglich durch den Auftraggeber erstellten Statik ergab sich ein Stahlbedarf von ca. 1730 kg statt der ausgeschriebenen 300 kg. Die Auftragnehmerin verlangte für die Mehrmengen, die 110 % der ausgeschriebenen Mengen überschreiten, einen Preis von 2.045,15 DM je Kilogramm, mithin 1,7 Millionen €. Der BGH verwies die Sache an das OLG Jena zurück und machte deutlich, dass die Vereinbarung, auf der Grundlage des vereinbarten Einheitspreises von 2.210,00 DM je Kilogramm für die Mengenmehrungen einen neuen Preis von 2.045,15 DM je Kilogramm fordern zu können, sittenwidrig und damit nichtig sein kann. Denn der von der Auftragnehmerin geltend gemachte Einheitspreis für die Mehrmengen steht in einem besonders auffälligen Missverhältnis zur Gegenleistung. Der erstinstanzliche Sachverständige hatte den üblichen und angemessenen Durchschnittspreis mit 2,47 DM je Kilogramm beziffert. In dem Fall, dass der Bieter in einer Position des Leistungsverzeichnisses einen außerordentlich überhöhten Einheitspreis angegeben hat, besteht die widerlegbare Vermutung, dass er in dieser Position auf eine Mengenmehrung hofft und durch Preisfortschreibung auch für diese Mengenmehrung einen außerordentlich überhöhten Preis erzielen will. Diese Spekulation ist jedenfalls dann sittlich verwerflich, wenn sie zu dermaßen überhöhten Preisen führt, wie dies im vorliegenden Sachverhalt der Fall war. Ist die Vereinbarung wegen Sittenwidrigkeit unwirksam, tritt an dessen Stelle die Vereinbarung, die Mehrmengen nach dem üblichen Preis zu vergüten (BGH Urteil vom 18.12.2008 – VIII ZR 201/06).

VonHagen Döhl

Anerkenntniswirkung von Stundenzetteln

Ein Bauherr verweigerte die Bezahlung einer Rechnung aus einem Stundenlohnvertrag mit der Begründung, dass zu viele Stunden abgerechnet worden seien. Die vorgelegten Stundenzettel hatte der Bauherr unterzeichnet. Das Landgericht gab der Zahlungsklage des Unternehmers ohne Beweisaufnahme über die Angemessenheit statt, weil es die Frage der Angemessenheit der abgerechneten Stunden für nicht klärungsbedürftig hielt. Das OLG hob das Urteil auf und verwies zurück: Die vom Auftraggeber abgezeichneten Stundenzettel gelten als deklaratorisches Schuldanerkenntnis. Kann er nicht beweisen, dass die Zettel unrichtig sind und er deren Unrichtigkeit bei der Unterzeichnung nicht erkannt hat, muss er sich hieran festhalten lassen. Einwendungen gegen die Angemessenheit und Erforderlichkeit der Stundenzahl kann er jedoch nach wie vor geltend machen.
(OLG Köln, Urteil vom 16.09.2008 – 24 U 167/07)

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Selbstvornamekosten auch bei VOB/B-Vertrag ohne Auftragsentziehung

Eine Auftragsentziehung ist nicht erforderlich, wenn der Auftragnehmer die Nachbesserung endgültig und ernsthaft verweigert (BGH Urteil vom 20.04.2000 – VII ZR 164/99).
Wenn der Auftragnehmer auf die Fristsetzungen und eine Kündigungsandrohung nicht reagiert, kann es nahe liegen, von einer endgültigen und ernsthaften Erfüllungsverweigerung auszugehen (BGH Urteil vom 09.10.2008 – VII ZR 80/07).

VonHagen Döhl

Verstoß gegen DIN: Mängelvermutung

Hält der Auftragnehmer die DIN-Vorschriften nicht ein, so hat dies die widerlegliche Vermutung eines Verstoßes gegen die allgemeinen Regeln der Technik und damit für die Mangelhaftigkeit des Werks zur Folge.
Die Beweislast für das Nichtvorliegen eines Mangels obliegt dann dem Auftragnehmer
(OLG Brandenburg Urteil vom 18.06.2009 – 12 U 164/08)