Kategorien-Archiv Arbeitsrecht

VonHagen Döhl

Freistellung unter Anrechnung auf Urlaubsanspruch

Das BAG hat entschieden, dass die Erklärung eines Arbeitgebers, einen Arbeitnehmer unter Anrechnung auf dessen Urlaubsansprüche nach der Kündigung von der Arbeitsleistung freizustellen, nach den §§ 133, 157 BGB aus Sicht des Arbeitnehmers auszulegen ist.

Der Kläger ist bei der Beklagten, einem Bankunternehmen, als Angestellter mit einem jährlichen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen beschäftigt. Mit Schreiben vom 13.11.2006 erklärte die Beklagte die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit Wirkung zum 31.03.2007. Gleichzeitig stellte sie den Kläger „ab sofort unter Anrechnung Ihrer Urlaubstage von Ihrer Arbeit unter Fortzahlung der Bezüge“ frei. In dem nachfolgenden Kündigungsschutzprozess entschied das Arbeitsgericht mit rechtskräftigem Urteil, das Arbeitsverhältnis sei durch die Kündigung der Beklagten nicht beendet worden. Der Kläger macht Resturlaub aus dem Jahr 2007 geltend. Er vertritt die Auffassung, die Beklagte habe ihm während der Kündigungsfrist neben dem aus 2006 resultierenden Urlaub allenfalls 7,5 Tage Urlaub für das Jahr 2007 gewährt. Dies entspreche dem Teilurlaub, den er nach § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG im Zeitraum vom 01.01. bis zum 31.03.2007 erworben habe.
Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen.

Das BAG hat die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und der Klage stattgegeben.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG legt der Arbeitgeber den Urlaub zeitlich fest. Die Erklärung eines Arbeitgebers, einen Arbeitnehmer unter Anrechnung auf dessen Urlaubsansprüche nach der Kündigung von der Arbeitsleistung freizustellen, ist nach den §§ 133, 157 BGB aus Sicht des Arbeitnehmers auszulegen.

Nach Auffassung des BAG erfolgt die Freistellung des Arbeitnehmers zum Zwecke der Gewährung von Erholungsurlaub durch einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung des Arbeitgebers. Die Erklärung müsse für den Arbeitnehmer hinreichend deutlich erkennen lassen, in welchem Umfang der Arbeitgeber die Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers erfüllen will. Zweifel gingen zu Lasten des Arbeitgebers. Denn als Erklärender habe er es in der Hand, den Umfang der Freistellung eindeutig festzulegen. Im Streitfall konnte der Kläger der Freistellungserklärung der Beklagten nicht mit hinreichender Sicherheit entnehmen, ob die Beklagte u.a. den vollen Urlaubsanspruch für das Jahr 2007 oder lediglich den auf den Zeitraum vom 01.01. bis zum 31.03.2007 entfallenden Teilurlaubsanspruch erfüllen wollte.

(BAG 17.5.2011 9 AZR 189/10)

VonHagen Döhl

Kündigung aufgrund heimlicher Videoaufzeichnungen

Das ArbG Düsseldorf hatte in zwei Verfahren über die Wirksamkeit der Kündigung von Mitarbeitern im Ausschank eines Düsseldorfer Brauhauses wegen Unterschlagung von Getränken zu entscheiden.

In dem Verfahren 11 Ca 7326/10 ging es um die Wirksamkeit der bereits seitens des Arbeitgebers ausgesprochenen Kündigung. In dem Verfahren 9 BV 183/10 begehrte der Arbeitgeber die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates zur Kündigung eines seiner Mitglieder. In beiden Verfahren warf der Arbeitgeber den Arbeitnehmern vor, die ausgeschenkten Biere nicht korrekt abgerechnet zu haben. Zum Beweis seiner Behauptung berief er sich auf Videoaufzeichnungen, die er heimlich in dem Ausschankraum gemacht hatte.

In beiden Fällen hat das ArbG Düsseldorf den angebotenen Videobeweis nicht verwertet und der Kündigungsschutzklage stattgegeben bzw. den Antrag des Arbeitgebers auf Zustimmungsersetzung zurückgewiesen.

Nach Auffassung des Arbeitsgerichts rechtfertigt nicht jeder pauschale Verdacht auf Unterschlagung von Getränken durch in einem Brauhaus beschäftigte Arbeitnehmer eine heimliche Videoüberwachung durch den Arbeitgeber. Erst dann, wenn der Arbeitgeber aufgrund tatsächlicher, nachprüfbarer Anhaltspunkte seinen Verdacht auf bestimmte Personen sowie eine bestimmte Tat konkretisieren könne, komme nach umfassender Interessenabwägung eine heimliche Überwachung des Arbeitsplatzes in Betracht. Diese Voraussetzungen hat das Arbeitsgericht in beiden Fällen nicht festgestellt. Die gewonnenen Daten unterlagen damit einem Beweisverwertungsverbot und konnten als Beweismittel nicht herangezogen werden.

Beschl. v. 03.05.2011 – 11 Ca 7326/10
Beschl. v. 29.04.2011 – 9 BV 183/10

VonHagen Döhl

Behindert und benachteiligt?

Nicht nur das – auch als Anti-Diskriminierungsgesetz bezeichnete – Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) verbietet die Benachteiligung von behinderten Menschen im Zusammenhang mit ihrer Beschäftigung oder Einstellung. Auch und vor allem das Sozialgesetzbuch (SGB) IX enthält durchaus wirksame Instrumente zur Gewährleistung dieses Schutzes, die allerdings größtenteils sowohl bei Arbeitnehmern, wie auch bei Arbeitgebern unbekannt sind. Das führt zu riskanten Gesetzesverstößen, die vor allen Dingen die Arbeitgeber teuer zu stehen kommen können.

So schreibt § 81 Abs 1 SGB IX beispielsweise vor, dass der Arbeitgeber bei jeder Einstellung zu prüfen hat, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit den bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldeten, besetzt werden können. Der Arbeitgeber muss dazu frühzeitig (noch bevor er die Stellenausschreibung veranlasst) mit der Agentur für Arbeit Verbindung aufnehmen (§ 81 Abs. 1 Satz 2).
Diese Verpflichtungen bestehen unabhängig davon, ob Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen bereits vorliegen und auch für kleine Unternehmen sowie auch dann, wenn das Unternehmen seine Pflichtquote für die Beschäftigung Schwerbehinderter bereits erfüllt hat.
Die Bundesagentur für Arbeit oder ein Integrationsdienst schlägt dem Arbeitgeber dann geeignete schwerbehinderte Bewerber vor. Über diese Vermittlungsvorschläge muss der Arbeitgeber – sofern vorhanden – die Schwerbehindertenvertretung und Betriebsrat bzw. Personalrat unmittelbar nach Eingang unterrichten.
Alle Beteiligten – also auch die etwaigen schwerbehinderten Bewerber – sind nach § 81 Abs. 1 Satz 9 über die Entscheidung des Arbeitgebers unter Angabe der Gründe unverzüglich zu unterrichten.
Für eine Reihe von Verstößen gegen die gesetzlichen Unterrichtungs- und Erörterungspflichten ist die Verhängung eines Bußgeldes vorgesehen.
Alle Pflichtverletzungen, die ein Arbeitgeber begeht, indem er die Vorschriften zur Förderung schwerbehinderter Menschen nicht befolgt (also insbesondere die Pflichten nach § 81 Abs. 1) begründen die Vermutung, dass eine Benachteiligung wegen der Behinderung vorliegt (BAG 9 AZR 807/05).
Zusätzlich zu einem Bußgeld droht dem Arbeitgeber dann auch noch ein Entschädigungsanspruch und eine Schadenersatzanspruch des behinderten Bewerbers nach § 15 AGG i.V.m. § 22 AGG.

Arbeitgeber sind also gut beraten, wenn sie die Vorschriften des § 81 SGB IX sorgfältig berücksichtigen.

Schwerbehinderten Arbeitnehmern ist zu raten sich intensiv zu bewerben und das Vorliegen einer Behinderung nicht zu verschweigen, sondern in ihrer Bewerbung anzugeben.
Bei Arbeitgebern, die die gesetzlichen Regelungen befolgen, haben Sie bei entsprechender Eignung für die Stelle gute Einstellungschancen.
Gegenüber Arbeitgebern, die das nicht tun, besteht immerhin ggf. ein Anspruch auf Entschädigung und darüber hinaus ein Schadenersatzanspruch.

Hagen Döhl – Rechtsanwalt
und Fachanwalt für Arbeitsrecht

VonHagen Döhl

Keine Minderung des Elterngeldes von Selbstständigen durch nachgezahltes Arbeitseinkommen

Das LSG Essen hat als erstes Landessozialgericht in Deutschland entschieden, dass nachgezahltes Arbeitseinkommen für eine vorangegangene Erwerbstätigkeit nicht auf das Elterngeld von selbstständigen Elterngeldbeziehern angerechnet wird, wenn diese nur in der Zeit vor dem Elterngeldbezug erwerbstätig waren.
(Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen – L 13 EG 16/10)

VonHagen Döhl

Sachgrundlose Befristung und „Zuvor-Beschäftigung“

Das BAG hat entschieden, dass der Möglichkeit, ein Arbeitsverhältnis ohne Sachgrund bis zu zwei Jahre zu befristen, eine frühere Beschäftigung des Arbeitnehmers nicht entgegensteht, wenn diese mehr als drei Jahre zurückliegt.

Die Klägerin war beim beklagten Freistaat aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrags vom 01.08.2006 bis 31.07.2008 als Lehrerin beschäftigt. Während ihres Studiums hatte sie vom 01.11.1999 bis 31.01.2000 insgesamt 50 Stunden als studentische Hilfskraft für den Freistaat gearbeitet.
Mit ihrer Klage hat sie sich gegen die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses gewandt.

Die Klage hatte vor dem BAG – ebenso wie schon in den Vorinstanzen – keinen Erfolg.

Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG sei die Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Das gelte nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden habe. Eine „Zuvor- Beschäftigung“ im Sinne dieser Vorschrift liege nicht vor, wenn ein früheres Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre zurückliege. Das ergebe die an ihrem Sinn und Zweck orientierte, verfassungskonforme Auslegung der gesetzlichen Regelung. Diese solle zum einen Arbeitgebern ermöglichen, auf schwankende Auftragslagen und wechselnde Marktbedingungen durch befristete Einstellungen zu reagieren, und für Arbeitnehmer eine Brücke zur Dauerbeschäftigung schaffen. Zum andern sollen durch das Verbot der „Zuvor-Beschäftigung“ Befristungsketten und der Missbrauch befristeter Arbeitsverträge verhindert werden. Das Verbot könne allerdings auch zu einem Einstellungshindernis werden. Seine Anwendung sei daher nur insoweit gerechtfertigt, als dies zur Verhinderung von Befristungsketten erforderlich ist. Das sei bei lange Zeit zurückliegenden früheren Beschäftigungen typischerweise nicht mehr der Fall. Hier rechtfertige der Gesetzeszweck die Beschränkung der Vertragsfreiheit der Arbeitsvertragsparteien und die damit verbundene Einschränkung der Berufswahlfreiheit des Arbeitnehmers nicht. Die Gefahr missbräuchlicher Befristungsketten bestehe regelmäßig nicht mehr, wenn zwischen dem Ende des früheren Arbeitsverhältnisses und dem sachgrundlos befristeten neuen Arbeitsvertrag mehr als drei Jahre liegen. Dieser Zeitraum entspreche auch der gesetzgeberischen Wertung, die in der regelmäßigen zivilrechtlichen Verjährungsfrist zum Ausdruck kommt.

Nach Auffassung des BAG stand die mehr als sechs Jahre zurückliegende frühere Beschäftigung der Klägerin der sachgrundlosen Befristung ihres Arbeitsvertrags nicht entgegen.
(BAG 6.4.2011 7 AZR 716/09)

Vorinstanz
LArbG Chemnitz, Urt. v. 15.09.2009 – 7 Sa 13/09

VonHagen Döhl

Anwendung der im Entleiherbetrieb geltenden Ausschlussfristen auf „Equal Pay“-Anspruch des Leiharbeitnehmers?

Das BAG hat entschieden, dass ein Leiharbeitnehmer die im Entleiherbetrieb geltenden Ausschlussfristen nicht einhalten muss, wenn er vom Verleiher die Erfüllung der wesentlichen Arbeitsbedingungen verlangt, wie sie der Entleiher vergleichbaren eigenen Arbeitnehmern gewährt.

Der Kläger wurde von der Beklagten bei der tarifgebundenen C. GmbH mehrjährig als Leiharbeitnehmer eingesetzt. Er hat nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses geltend gemacht, die C. GmbH gewähre ihren vergleichbaren eigenen Arbeitnehmern eine höhere Vergütung als die ihm von der Beklagten geleistete. Er fordert Vergütungsnachzahlung für mehrere Jahre. Sein Arbeitsvertrag enthält keine Ausschlussfrist für die Geltendmachung von Ansprüchen. Arbeitnehmer der Stammbelegschaft des Entleiherbetriebs müssen eine tarifvertraglich geregelte Ausschlussfrist beachten. Die Parteien streiten darüber, ob diese Ausschlussfrist die Entgeltansprüche des Klägers untergehen ließ, weil er diese nicht fristwahrend schriftlich geltend machte.
Mit dieser Begründung hat das Landesarbeitsgericht die Klage im Wesentlichen abgewiesen.

Auf die Revision des Klägers hat das BAG die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Nach Auffassung des BAG gehören im Entleiherbetrieb geltende Ausschlussfristen bei unionsrechtskonformer Auslegung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes nicht zu den wesentlichen Arbeitsbedingungen, die der Verleiher den Leiharbeitnehmern „gewähren“ muss. Das Landesarbeitsgericht muss deshalb noch feststellen, ob mit dem Kläger hinsichtlich Qualifikation und Tätigkeit vergleichbare Stammarbeitnehmer des Entleiherunternehmens ein insgesamt höheres Entgelt als der Kläger erzielten.
(BAG 23.3.2011 5 AZR 7/10)

Vorinstanz
LArbG München, Urt. v. 12.11.2009 – 3 Sa 579/09

VonHagen Döhl

Kündigungsfrist – Beschäftigungszeiten vor Vollendung des 25. Lebensjahres

Der Arbeitnehmer kann die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist in den Grenzen der Verwirkung (§ 242 BGB) auch außerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 4 Abs. 1 KSchG geltend machen, sofern sich – gegebenenfalls im Wege der Auslegung – aus dem Kündigungsschreiben ergibt, dass der Arbeitgeber die objektiv einzuhaltende Kündigungsfrist wahren wollte. Der Arbeitnehmer greift insoweit die Wirksamkeit der Kündigung nicht an. Sein Klageziel ist nicht im Sinne von § 4 Satz 1 KSchG auf die Herstellung gerichtet, da das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst ist.
§ 622 Abs. 2 Satz 2 BGB ist mit Unionsrecht unvereinbar. Wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts ist die Vorschrift für nach dem 02.12.2006 erklärte Kündigungen nicht anzuwenden. In die Berechnung der Beschäftigungsdauer im Sinne von § 622 Abs. 2 Satz 1 BGB sind damit auch Zeiten einzubeziehen, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahres des Arbeitnehmers liegen.
Für die Berücksichtigung der Beschäftigungszeiten im Rahmen von § 622 Abs. 2 Satz 1 BGB macht es keinen Unterschied, ob die Zeiten in einem Arbeitsverhältnis oder (teilweise) in einem Ausbildungsverhältnis verbracht wurden.
(BAG 09.09.2010 – 2 AZR 714/08)

VonHagen Döhl

Zurückweisung einer Kündigung mangels Vorlage einer rechtsgeschäftlichen Vollmacht

Die Zurückweisung einer Kündigung mangels Vorlage einer Vollmacht ist nach § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen, wenn der Kündigende in eine Stellung berufen ist, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist.
Dies steht der Mitteilung von der Bevollmächtigung gleich.
(BAG 09.09.2010 – 2 AZR 582/09)

VonHagen Döhl

Anhörung bei einer Verdachtskündigung

Bei einer Verdachtskündigung ist zunächst zu prüfen, ob sich aus den Darlegungen des Arbeitgebers ein dringender Verdacht auf eine in ihren Einzelheiten gekennzeichnete Straftat oder vergleichbare Pflichtwidrigkeit im Sinne eines konkreten Handlungsablaufs schlüssig ergibt. Im folgenden Schritt ist dann zu prüfen, ob die diesbezüglich vom Arbeitgeber benannten Tatsachen unstreitig sind; anderenfalls müssen diese Indiztatsachen bewiesen werden. Ein Verdacht, der sich auf eine „Summe“ von in den Einzelheiten allerdings nicht abgegrenzten Taten bezieht, reicht nicht aus.
Wird der Arbeitnehmer zur Teilnahme an einem Anhörungsgespräch zu einer Verdachtskündigung unter dem Vorwand bestimmt, es handele sich um ein Gespräch über die Übernahme zusätzlicher Schichten, so ist die für die Wirksamkeit der Verdachtskündigung konstitutive Anhörung nicht ordnungsgemäß erfolgt und demzufolge die Kündigung unwirksam.
Eine Anhörung ist auch dann nicht ordnungsgemäß, wenn sie unter Umständen (Räumlichkeiten, anwesende Personen etc.) stattfindet, die dem Charakter der Anhörung (unter anderem Entlastungsmöglichkeit des Arbeitnehmers) nicht entsprechen.
Im vorliegenden Fall wurde der Kläger unangekündigt unter Angabe des Anlasses eines zusätzlichen Dienstes in der Wohnung seiner Freundin aufgesucht. Sowohl die Freundin als auch deren Kind waren bei der Anhörung anwesend.
(LAG Berlin – Brandenburg 16.12.2010 – 2 Sa 2011/10)

VonHagen Döhl

Diskriminierungsverbot im Zusammenhang mit der Bewerbung

Der Arbeitgeber darf die Einstellung einer Bewerberin/eines Bewerbers nicht aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, wegen des Alters oder der sexuellen Identität ablehnen.
Er darf bei der Einstellung nur dann auf eines der genannten Merkmale abstellen, wenn hierfür ein Rechtfertigungsgrund besteht, insbesondere wenn dieses Merkmal wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt. Dabei muss aber der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen sein.
Fühlt sich eine Bewerberin/ein Bewerber wegen eines der genannten Merkmale im Bewerbungsverfahren benachteiligt (am häufigsten erfolgen Diskriminierungen wegen Alter und Geschlecht) und kann die Benachteiligung zum Beispiel durch eine diskriminierende Stellenausschreibung dokumentiert werden, kann der Arbeitgeber zur Leistung von Entschädigung und Schadenersatz verpflichtet sein. Ein Anspruch auf Einstellung besteht nicht.

Die Bewerberin/der Bewerber muss ihre/seine Ansprüche innerhalb von zwei Monaten nach Kenntnis der Benachteiligung gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen. Im Falle der Bewerbung beginnt die Frist in der Regel mit Zugang der Ablehnung zu laufen.

Wird eine Bewerbung abgelehnt und besteht der Eindruck, dass die Ablehnung wegen eines der vorstehende Merkmale erfolgte (z.B. auch wegen einer Schwangerschaft oder weil man für „zu alt“ gehalten wurde) sollte in jedem Falle eine anwaltliche Beratung erfolgen.