Kategorien-Archiv Arbeitsrecht

VonHagen Döhl

Keine Aussetzung des Verfahrens zur Klärung der fehlenden Tariffähigkeit der CGZP

Zur Klärung der Frage, ob auch die zuvor von der Gewerkschaft CGZP abgeschlossenen Tarifverträge unwirksam sind (Vor-BAG-Entscheidung vom 14.12.2010, 1 ABR 19/10) erfolgt keine Aussetzung des Verfahrens bei einer Zahlungsklage wegen Gehaltsdifferenzen (hier Mai – Dezember 2009).
(Landesarbeitsgericht Halle – Beschluss vom 02.11.2011, 4 Ta 130/11)

VonHagen Döhl

Urlaubsanspruch nach dem Tod des Arbeitnehmers

Endet das Arbeitsverhältnis mit dem Tod des Arbeitnehmers, erlischt zugleich der Urlaubsanspruch. Er wandelt sich nicht in einen Abgeltungsanspruch im Sinne von § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BurlG) um.
(BAG-Urteil vom 20.09.2011 – 9 AZR 416/11).

Anmerkung: Anders wird es sicherlich zu betrachten sein, wenn das Arbeitsverhältnis bereits vor dem Ableben des Arbeitnehmers geendet hatte und zum Beendigungszeitpunkt ein Abgeltungsanspruch bereits (vor dem Tode des Arbeitnehmers) entstanden war.

VonHagen Döhl

Haftungserleichterung für Arbeitnehmer

Nach ständiger Rechtsprechung steht zugunsten des Arbeitnehmers eine Haftungserleichterung zu, wenn der Verdienst des Arbeitnehmers in einem deutlichen Missverhältnis zum verwirklichten Schadensrisiko der Tätigkeit steht (BAG 12.10.1989, 8 AZR 276/88; BAG 15.11.2001 8 AZR 95/01). Ein solches Missverhältnis wird immer dann angenommen, wenn der vom Arbeitnehmer zu erstattende Schaden oberhalb der Haftungsgrenze von drei Bruttoeinkommen liegt.

VonHagen Döhl

BAG: Altersabhängige Staffelung der Urlaubsdauer verstößt gegen das Diskriminierungsverbot

Die Differenzierung der Urlaubsdauer nach dem Lebensalter in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD benachteiligt Beschäftigte, die das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und verstößt damit gegen das Altersdiskriminierungsverbot. Dies hat das Bundesarbeitsgericht am 20.03.2012 entschieden (Az.: 9 AZR 529/10).
Die beim beklagten Landkreis beschäftigte Klägerin wollte festgestellt haben, dass ihr vor der Vollendung ihres 40. Lebensjahrs über den tariflich vorgesehenen Urlaub von 29 Arbeitstagen hinaus jeweils ein weiterer Urlaubstag zugestanden hat. Sie ist der Ansicht, die altersabhängige Staffelung der Urlaubsdauer in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD verstoße gegen das Altersdiskriminierungsverbot. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.
Das BAG gab der Klägerin in der Revision Recht. Die Differenzierung der Urlaubsdauer nach dem Lebensalter in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD benachteilige Beschäftigte, die das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, unmittelbar und verstoße gegen das Verbot der Benachteiligung wegen des Alters. Die tarifliche Urlaubsstaffelung verfolge nicht das legitime Ziel, einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Menschen Rechnung zu tragen. Es lasse sich kein gesteigertes Erholungsbedürfnis von Beschäftigten bereits ab dem 30. beziehungsweise 40. Lebensjahr begründen. Insofern müsse die Dauer des Urlaubs der wegen ihres Alters diskriminierten Beschäftigten in der Art und Weise nach oben angepasst werden.
BAG, Urteil vom 20.03.2012 – 9 AZR 529/10 .

VonHagen Döhl

Kein Streikrecht für deutsche Beamte

Das OVG Münster hat entschieden, dass Beamten in der Bundesrepublik Deutschland kein Streikrecht zusteht.
Anlass bot hierzu ein Disziplinarverfahren einer beamteten Lehrerin, die am 28.01.2009, 05.02.2009 und 10.02.2009 ohne Genehmigung des Dienstherrn an Warnstreiks der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) teilgenommen und deshalb an diesen Tagen keinen Unterricht erteilt hatte. Der Dienstherr, das Land NRW, hatte daraufhin der Klägerin durch eine Disziplinarverfügung eine Geldbuße von 1.500 Euro auferlegt.
Das VG Düsseldorf hat die Disziplinarverfügung aufgehoben.
Das OVG Düsseldorf hat der dagegen gerichteten Berufung des Dienstherrn stattgegeben, das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage der Klägerin abgewiesen.
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts lässt sich aus der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ein Streikrecht für deutsche Beamte nicht ableiten. Darüber hinaus komme der EMRK im deutschen Recht keine über den Rang eines einfachen Bundesgesetzes hinausgehende Wirkung zu, so dass sich deren Regelungen an dem höherrangigen Grundgesetz messen lassen müssten. Die in Art. 11 EMRK und in Art. 9 Abs. 3 GG geregelte Koalitionsfreiheit werde durch die in Art. 33 Abs. 5 GG verankerten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums eingeschränkt, so dass Beamten in der Bundesrepublik Deutschland mit Blick auf deren Treuepflicht gegenüber ihrem Dienstherrn und vor dem Hintergrund der Erhaltung der Funktionsfähigkeit staatlichen Handelns ein Streikrecht nicht zustehe. Dieses Streikverbot gelte unabhängig davon, welche konkrete Funktion der einzelne Beamte ausübe, denn allein der Status als Beamter sei entscheidend.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen ist Nichtzulassungsbeschwerde möglich, über die das BVerwG entscheidet.
(OVG NRW 3d A 317/11.O)

VonHagen Döhl

Freiwilligkeitsvorbehalt über alle zukünftigen Leistungen

Ein vertraglicher Freiwilligkeitsvorbehalt, der alle zukünftigen Leistungen unabhängig von ihrer Art und ihrem Entstehungsgrund erfasst, benachteiligt den Arbeitnehmer regelmäßig unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB und ist deshalb unwirksam.
(BAG-Urteil vom 14.09.2011 – 10 AZR 526/10)

VonHagen Döhl

Wartezeit bei Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes

Für den Lauf der Wartezeit (§ 1 Abs.1 KSchG) ist es regelmäßig unschädlich, wenn innerhalb des 6-Monatszeitraums zwei oder mehr Arbeitsverhältnisse liegen, die ohne zeitliche Unterbrechung unmittelbar aufeinander folgen.
Setzt sich die Beschäftigung des Arbeitnehmers nahtlos fort, ist typischerweise von einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis im Sinne des Gesetzes auszugehen.
Setzt sich die Beschäftigung nicht nahtlos fort, kann eine rechtliche Unterbrechung gleichwohl unbeachtlich sein, wenn Sie verhältnismäßig kurz ist und zwischen beiden Arbeitsverhältnissen ein enger sachlicher Zusammenhang besteht.
(Bundesarbeitsgericht 07.07. 2011 2 AZR 12/10)

VonHagen Döhl

Viel Arbeit für wenig Geld

Pauschale Abgeltung von Überstunden wegen Intransparenz unwirksam

Das BAG hat entschieden, dass die formularmäßige Vereinbarung „erforderliche Überstunden sind mit dem Monatsgehalt abgegolten“ unwirksam ist. Sie verstößt gegen das AGB-rechtliche Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), wenn sich der Umfang der danach ohne zusätzliche Vergütung zu leistenden Überstunden nicht hinreichend deutlich aus dem Arbeitsvertrag ergibt (Urt. vom 1.9.2010 – 5 AZR 517/09, BeckRS 2010, 74881).
Der Kläger des vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Verfahrens war bei der Beklagten als Lagerleiter beschäftigt. Sein Arbeitsvertrag lautete auszugsweise:

„Für seine Tätigkeit erhält der Arbeitnehmer ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von Euro 3.000,00.

Das Bruttogehalt bezieht sich auf 45 Arbeitsstunden wöchentlich. Davon sind 38 Normalstunden und 7 Mehrarbeitsstunden. Die Mehrarbeitsstunden können im Falle betrieblicher Erfordernisse jederzeit ganz oder teilweise abgebaut und verrechnet werden.

Mit der vorstehenden Vergütung sind erforderliche Überstunden des Arbeitnehmers mit abgegolten.“

Die Beklagte führte für den Kläger ein Arbeitszeitkonto, dem eine wöchentliche Sollarbeitszeit von 45 Stunden zugrunde lag. Alle darüber hinausgehenden Arbeitsstunden wurden dem Arbeitszeitkonto als „Mehrarbeit“ gutgeschrieben. Im laufenden Arbeitsverhältnis wurden diese Mehrarbeitsstunden teilweise durch Freizeit ausgeglichen. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses wies das Arbeitszeitkonto ein Guthaben von 102 Stunden aus, deren Bezahlung der Kläger forderte. Das BAG hat seiner Klage entsprochen.
Eine die pauschale Vergütung von Mehrarbeit regelnde Klausel ist – so das BAG im entschiedenen Fall – nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen von ihr erfasst werden sollen. Andernfalls ließe sich nicht erkennen, ab wann ein Anspruch auf zusätzliche Vergütung besteht. Der Umfang der Leistungspflicht müsse so bestimmt oder zumindest durch die konkrete Begrenzung der Anordnungsbefugnis hinsichtlich des Umfangs der zu leistenden Überstunden so bestimmbar sein, dass der Arbeitnehmer bereits bei Vertragsschluss erkennen könne, was ggf. „auf ihn zukommt“ und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen müsse.
Diesen Anforderungen entspreche die vertragliche Vereinbarung der Parteien nicht. Aufgrund der Unklarheit der Pauschalierungsklausel bestehe die Gefahr, dass der Arbeitnehmer in der Annahme, er habe keinen Rechtsanspruch auf eine gesonderte Überstundenvergütung, seinen Anspruch nicht geltend mache.

Im Übrigen ist im Einzelfall außerdem zu prüfen, ob eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers vorliegt.

VonHagen Döhl

Klage auf Feststellung der Wirksamkeit der CGZP-Tarifverträge unzulässig

Das ArbG Berlin hat eine Klage auf Feststellung der Wirksamkeit der CGZP-Tarifverträge als unzulässig abgewiesen.

Der Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) hatte mit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen (CGZP) Tarifverträge abgeschlossen. Die Mitgliedsunternehmen des AMP vereinbarten mit den beschäftigten Leiharbeitnehmern die Anwendbarkeit dieser Tarifverträge auf das jeweilige Arbeitsverhältnis, wodurch gemäß § 9 Nr. 2 Halbsatz 3, 4 AÜG eine Gleichstellung mit den von den Entleihern beschäftigten Arbeitnehmern (equal-pay) verhindert worden wäre.

Nachdem das BAG durch Beschluss vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10) festgestellt hatte, dass die CGZP nicht tariffähig ist und daher keine Tarifverträge abschließen konnte, hat der Rechtsnachfolger des AMP in einem gegen die CGZP vor dem ArbG Berlin geführten Rechtsstreit die Feststellung begehrt, dass sämtliche seit dem 24.02.2003 abgeschlossenen Tarifverträge rechtswirksam seien. Eine derartige gerichtliche Feststellung hätte sich gemäß § 9 TVG auf die Rechtsverhältnisse der tarifgebundenen Verleiher und ihrer Leiharbeitnehmer erstreckt; die Leiharbeitnehmer hätten dann nicht mehr geltend machen können, die CGZP-Tarifverträge seien nicht wirksam.

Das ArbG Berlin hat die Klage als unzulässig abgewiesen.

Nach Auffassung des Arbeitsgerichts ist das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse nicht gegeben. Die CGZP berühme sich nicht der Rechtsunwirksamkeit der von ihr abgeschlossenen Tarifverträge; dass die Wirksamkeit der Tarifverträge in der Arbeitsgerichtsbarkeit und den Sozialversicherungsträgern in Abrede gestellt würden, genüge für ein Feststellungsinteresse nicht.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig; es kann mit dem Rechtsmittel der Berufung an das LArbG Berlin-Brandenburg angegriffen werden.

(ArbG Berlin 28.11.2011 55 Ca 5022/11)

VonHagen Döhl

Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen nicht tariffähig

Das LArbG Berlin-Brandenburg hat die Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen (CGZP) verneint.

Das LArbG Berlin-Brandenburg hat festgestellt, dass die CGZP auch am 29.11.2004, 19.06.2006 und 09.07.2008 nicht tariffähig war und zu diesen Zeitpunkten keine Tarifverträge abschließen konnte; es hat damit eine Entscheidung des ArbG Berlin insoweit bestätigt.

Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung auf die Grundsätze gestützt, die das BAG in seinem Beschluss vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10) aufgestellt hat. Danach sei die CGZP keine Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 3 TVG, weil sich ihre Mitgliedsgewerkschaften nicht im Umfang ihrer Tariffähigkeit zusammengeschlossen hätten. Außerdem gehe der in der Satzung der CGZP festgelegte Organisationsbereich für die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung über den ihrer Mitgliedsgewerkschaften hinaus.

Das Landesarbeitsgericht hat nicht entschieden, ob Arbeitgeber, die mit ihren Leiharbeitnehmern die Anwendung der CGZP-Tarifverträge vereinbart hatten, auf die Wirksamkeit der Tarifverträge in der Vergangenheit vertrauen durften. Dies sei gegebenenfalls in Rechtsstreitigkeiten zu untersuchen, in denen Arbeitnehmer wegen der Unwirksamkeit der Tarifverträge Nachforderungen stellen.

Das Landesarbeitsgericht hat die Rechtsbeschwerde an das BAG nicht zugelassen.

(LArbG Berlin- Brandenburg 9.1.2012 24 TaBV 1285/11)