Kategorien-Archiv Arbeitsrecht

VonHagen Döhl

Kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Dank und gute Wünsche im Arbeitszeugnis

Das BAG hat entschieden, dass ein Arbeitnehmer keinen Anspruch auf eine Dankesformel am Ende eines Arbeitszeugnisses hat, die offensichtlich keinen Bezug zum Verhalten und/oder der Leistung des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis hat.
(BAG 11.12.2012   9 AZR 227/11)

 

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Keine Pflicht zur Offenbarung einer Schwangerschaft bei Einstellung als Schwangerschaftsvertretung

Das LArbG Köln hat entschieden, dass auch eine Frau, die befristet zur Vertretung einer schwangeren Mitarbeiterin eingestellt wird, dem Arbeitgeber vor Abschluss des Arbeitsvertrages nicht offenbaren muss, dass sie ebenfalls schwanger ist.
(Landesarbeitsgericht Köln   11.10.2012  6 Sa 641/12)

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Benachteiligung von älteren und behinderten Arbeitnehmern bei Kündigungsabfindung

Der EuGH hat entschieden, dass ein Sozialplan eine geminderte Entlassungsabfindung für Arbeitnehmer, die kurz vor dem Renteneintritt stehen, vorsehen darf, allerdings stelle es eine nach dem Unionsrecht verbotene Diskriminierung dar, wenn bei der Berechnung dieser Minderung die Möglichkeit einer vorzeitigen Altersrente wegen einer Behinderung berücksichtigt wird.
(EuGH  06.12.2012   C-152/11)

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Mindestlohn auch für Bereitschaftszeiten

Das LArbG Stuttgart hat entschieden, dass der Mindestlohn in der Pflegebranche auch für Bereitschaftszeiten gilt.
(Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg  4 Sa 48/12)
 

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Übergang des Arbeitsverhältnisses eines Hausverwalters auf Erwerber der verwalteten Immobilie

Das BAG hat entschieden, dass das Arbeitsverhältnis eines mit der Grundstücksverwaltung betrauten Arbeitnehmers einer Hausverwaltungsgesellschaft nicht auf den Erwerber der verwalteten Immobilie übergeht.

Der Kläger war bei der A. KG als technisch-kaufmännischer Sachbearbeiter beschäftigt. Einziges Betätigungsfeld der KG war die Verwaltung eines ihr gehörenden Büro- und Geschäftshauses in M. Die beklagte Stadt M. war Hauptmieterin des Gebäudes. Im Jahr 2010 erwarb sie diese Immobilie, welche den einzigen Grundbesitz der A. KG darstellte. Nach dieser Grundstücksveräußerung wurde die A. KG liquidiert. Der Kläger macht geltend, sein Arbeitsverhältnis sei im Wege eines Betriebsübergangs auf die Stadt M. übergegangen.
Der Klage auf Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis mit dieser fortbesteht, hat das Arbeitsgericht stattgegeben. Die Berufung der beklagten Stadt hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen.

Die Revision der Beklagten hatte vor dem BAG Erfolg.

Das von einer Hausverwaltung betreute Grundstück stellt nach den Ausführungen des BAG kein Betriebsmittel dar, sondern ist das Objekt der Verwaltungstätigkeit. Die Arbeitsverhältnisse der mit der Grundstücksverwaltung betrauten Arbeitnehmer der Hausverwaltungsgesellschaft gingen deshalb nicht auf den Erwerber der verwalteten Immobilie über.

Vorliegend war Betriebszweck der A. KG einzig die Verwaltung der in ihrem Eigentum stehenden Immobilie in M. Sie war demnach ein Dienstleistungsbetrieb. Diesen hat die beklagte Stadt M. nicht dadurch übernommen, dass sie lediglich das von der A. KG verwaltete Grundstück erworben hat.
BAG   8 AZR 683/11

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BAG: Arbeitgeber darf schon an erstem Krankheitstag Vorlage eines Attests verlangen

Erkrankt ein Arbeitnehmer, so ist der Arbeitgeber berechtigt, bereits am ersten Krankheitstag eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer zu verlangen. Dies stellt das Bundesarbeitsgericht unter Verweis auf § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG klar. Die Ausübung dieses Rechts stehe im nicht an besondere Voraussetzungen gebundenen Ermessen des Arbeitgebers (Urteil vom 14.11.2012, Az.: 5 AZR 886/11).

 

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BAG legt für Strukturausgleich bedeutsames Merkmal «Aufstieg – ohne» zugunsten der Arbeitnehmer aus

Aus dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) in den Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) übergeleitete Angestellte können schon dann einen Anspruch auf einen Strukturausgleich haben, wenn die für ihre Vergütung im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Tarifvertrags zur Überleitung (TVÜ) maßgebliche Vergütungsgruppe keinen (weiteren) Aufstieg zugelassen hat. Dies hat mit Urteil vom 18.10.2012 das Bundesarbeitsgericht zur Auslegung des Merkmals «Aufstieg – ohne» entschieden (Az.: 6 AZR 261/11).

 

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Reisekostenerstattung für Klassenfahrt trotz Verzichtserklärung

 

Das BAG hat sich mit dem Anspruch einer Lehrerin auf Reisekostenerstattung für eine Klassenfahrt trotz Unterschrift unter den im Dienstreiseantrag vorformulierten Verzicht befasst.

Die Klägerin ist an einer Gesamtschule des beklagten Landes als Lehrerin beschäftigt. Sie beantragte als Klassenlehrerin für ihre Klasse die Genehmigung einer mehrtägigen Studienfahrt nach Berlin. In dem in der Gesamtschule hierfür verwandten Formular heißt es u.a.: "Die … zu zahlende(n) Reisekostenvergütung(en) ist/sind durch die für unsere Schule vorgesehenen Haushaltsmittel nicht mehr gedeckt; da die Veranstaltung trotzdem durchgeführt werden soll, verzichte(n) ich/wir … auf die Zahlung der Reisekostenvergütung." Anlässlich der genehmigten Studienfahrt entstanden der Klägerin Reisekosten in Höhe von 234,50 Euro, wovon ihr 28,45 Euro erstattet wurden. Die Erstattung der übrigen Reisekosten lehnte das beklagte Land unter Hinweis auf die Verzichtserklärung der Klägerin im Antragsformular ab.
Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hatte ihr stattgegeben und der Klägerin den Differenzbetrag in Höhe von 206,05 Euro zugesprochen.

Die Revision des beklagten Landes hatte vor dem BAG keinen Erfolg.

Schulfahrten sind nach den Wanderrichtlinien des beklagten Landes Bestandteile der Bildungs- und Erziehungsarbeit der Schulen. Die Teilnahme an Schulfahrten gehört zu den dienstlichen Aufgaben der Lehrkräfte, wobei die Leitung in der Regel der Klassenlehrerin oder dem Klassenlehrer obliegt. Die Genehmigung der Schulfahrten und der Dienstreisen für die teilnehmenden Lehrkräfte ist bei der Schulleitung auf dem dafür vorgesehenen Formular zu beantragen.

Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dem beklagten Land sei es unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung wegen unredlichen Erwerbs der eigenen Rechtsstellung verwehrt, sich auf die von ihm vorformulierte Verzichtserklärung der Klägerin zu berufen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, so das BAG. Zwar finden nach § 23 Abs. 4 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder für die Erstattung von Reisekosten die für die Beamtinnen und Beamten des Arbeitgebers jeweils geltenden Bestimmungen entsprechende Anwendung.
Das Gesetz über die Reisekostenvergütung der Beamtinnen und Beamten des beklagten Landes sehe insoweit vor, dass Dienstreisende vor Antritt einer Dienstreise schriftlich erklären könnten, keinen Antrag auf Reisekostenvergütung zu stellen.

Das beklagte Land verstoße jedoch mit der Praxis, Schulfahrten grundsätzlich nur zu genehmigen, wenn die teilnehmenden Lehrkräfte auf die Erstattung ihrer Reisekosten verzichten, grob gegen seine Fürsorgepflicht. Mit der generellen Bindung der Genehmigung von Schulfahrten an den Verzicht auf die Erstattung von Reisekosten stelle das beklagte Land die bei ihm angestellten Lehrkräfte unzulässig vor die Wahl, ihr Interesse an einer Reisekostenerstattung zurückzustellen oder dafür verantwortlich zu sein, dass Schulfahrten, die Bestandteil der Bildungs- und Erziehungsarbeit sind, nicht stattfinden.

BAG 16.10.2012   9 AZR 183/11

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Kürzung von Zeitguthaben auf dem Arbeitszeitkonto

Der Arbeitgeber darf das auf einem Arbeitszeitkonto ausgewiesene Zeitguthaben des Arbeitnehmers nur mit Minusstunden verrechnen, wenn ihm die der Führung des Arbeitszeitkontos zugrundeliegende Vereinbarung (Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag) die Möglichkeit dazu eröffnet. Wegen der Dokumentationsfunktion des Arbeitszeitkontos darf der Arbeitgeber nicht ohne Befugnis korrigierend in ein Arbeitszeitkonto eingreifen und dort eingestellte Stunden streichen. Neben der materiellrechtlichen Rechtfertigung muss die der Führung des Arbeitszeitkontos zugrundeliegende Vereinbarung (Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag) dem Arbeitgeber überhaupt die Möglichkeit eröffnen, in das Arbeitszeitkonto eingestellte und damit grundsätzlich streitlos gestellte Arbeitsstunden wieder zu streichen.
Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber das Arbeitszeitkonto entsprechend den vereinbarten Vorgaben führt. Wegen der Dokumentationsfunktion des Arbeitszeitkontos darf der Arbeitgeber ohne Befugnis nicht dort eingestellte Stunden streichen oder kürzen. Eine Befugnis könnte sich aus einer Vereinbarung im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder dem Tarifvertrag ergeben. Greift der Arbeitgeber jedoch zu Unrecht in den Saldo eines Arbeitszeitkontos ein, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Wiederherstellung des Status quo ante und damit auf Wiedergutschrift der aus dem Saldo seines Arbeitszeitkontos gestrichen Stunden.
(BAG Urteil vom 21.03.2012 – 5 AZR 676/11)

VonHagen Döhl

Ehrenamt und Arbeitnehmerstatus

Das BAG hat entschieden, dass durch die Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit kein Arbeitsverhältnis begründet wird.
Der Beklagte des entschiedenen Falles ist Träger einer örtlichen Telefonseelsorge. Zu diesem Zweck unterhält er Räumlichkeiten, in denen ein hauptamtlicher und rund fünfzig ehrenamtliche Mitarbeiter den Seelsorgedienst verrichten. Nach der Dienstordnung für die ehrenamtlichen Kräfte wird deren regelmäßige Beteiligung erwartet. Jeweils im Vormonat legt der Beklagte Dienstpläne für den Folgemonat aus, in die sich die ehrenamtlichen Mitarbeiter eintragen. Die Klägerin war auf der Grundlage von schriftlichen „Beauftragungen“ seit dem 26.04.2002 als ehrenamtliche Telefonseelsorgerin unentgeltlich im Umfang von zehn Stunden im Monat für den Beklagten tätig. Die Klägerin erhielt lediglich einen Unkostenersatz von 30 Euro monatlich. Am 22.01.2010 wurde die Klägerin mündlich von ihrem Dienst entbunden.
Die von der Klägerin erhobene Kündigungsschutzklage blieb vor dem BAG – wie schon in den Vorinstanzen – erfolglos.
Zwischen den Parteien bestand kein Arbeitsverhältnis, so das BAG. Die Vereinbarung der Unentgeltlichkeit von Dienstleistungen sei – bis zur Grenze des Missbrauchs – rechtlich zulässig, wenn eine Vergütung, wie bei ehrenamtlicher Tätigkeit, nicht zu erwarten sei. Die Ausübung von Ehrenämtern diene nicht der Sicherung oder Besserung der wirtschaftlichen Existenz. Sie sei Ausdruck einer inneren Haltung gegenüber Belangen des Gemeinwohls und den Sorgen und Nöten anderer Menschen. Im Streitfall bestehe kein Anhaltspunkt für die Umgehung zwingender arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften.
(BAG 29.8.2012 10 AZR 499/11)