BGH: Wohnungseigentum darf nur nach vorheriger Abmahnung entzogen werden

VonHagen Döhl

BGH: Wohnungseigentum darf nur nach vorheriger Abmahnung entzogen werden

Erfüllt ein Wohnungseigentümer Zahlungsansprüche der Gemeinschaft über einen längeren Zeitraum immer unpünktlich, so kann er von den anderen Eigentümern zum Verkauf gezwungen werden. Voraussetzung hierfür ist aber eine Abmahnung, die dem Entziehungsbeschluss der Gemeinschaft vorangehen muss. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden (Urteil vom 19.01.2007; Az.: V ZR 26/06).
Der BGH wies damit die Entziehungsklage einer Wohnungseigentümergemeinschaft gegen eines ihrer Mitglieder ab. Der Beklagte hatte über mehrere Jahre hinweg das von ihm geschuldete Wohngeld regelmäßig erst nach gerichtlicher Geltendmachung gezahlt. Die WEG-Versammlung beschloss daraufhin, ihm sein Wohnungseigentum zu entziehen, bot aber an, die gerichtliche Geltendmachung zurückzustellen, wenn er seine Rückstände umgehend begleiche. Dieses Angebot genügte nach dem Urteil des BGH dem Abmahnungserfordernis jedoch nicht, weil es erst nach dem Entziehungsbeschluss erfolgte und somit keine Warnfunktion erfüllen konnte.
Nach dem Urteil rechtfertigt die fortwährende Verletzung der Pflicht zur Lasten- und Kostentragung nach § 16 Abs. 2 WEG die Entziehung des Wohnungseigentums nach § 18 Abs. 1 WEG. Zwar sehe § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG eine Entziehung bei Wohngeldrückständen nur vor, wenn die ausstehenden Forderungen nicht bis zur Erteilung des Zuschlags beglichen seien (§ 19 Abs. 2 WEG). Ein Rückgriff auf die Generalklausel des § 18 Abs. 1 WEG sei aber bei andauernder Unpünktlichkeit der Zahlungen möglich. Ein solches Verhalten könne die Fortsetzung der Gemeinschaft unzumutbar machen, weil es dem Verwalter die erforderliche Planungssicherheit nehme und die Verwaltung nachhaltig beeinträchtige.
Voraussetzung für die Entziehung sei aber eine vorherige Abmahnung, so der Fünfte Senat. Der Gesetzgeber habe die Entziehungsklage als letztes Mittel zur Wiederherstellung des Gemeinschaftsfriedens gegenüber einem «Störenfried» eingeführt. Nur mit einer Abmahnung könne auch dem Eigentumsgrundrecht des Betroffenen Rechnung getragen werden.
Eine Abmahnung sei nur dann entbehrlich, wenn sie unzumutbar sei oder offenkundig keine Aussicht auf Erfolg biete, heißt es in der Urteilsbegründung. Dies entspreche der Regelung des § 543 Abs. 3 BGB für das Wohnraummietrecht und der §§ 314 Abs. 2 Satz 2, 323 Abs. 2 BGB für die Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund. Diese einheitliche Wertung sei auf die vergleichbare Entziehungsklage nach dem WEG zu übertragen.
Ein wegen fehlender Abmahnung nicht ausreichender Entziehungsbeschluss stellt sich nach Ansicht der Karlsruher Richter jedoch rechtlich als Abmahnung dar. Er erlaube nach entsprechender Beschlussfassung eine Entziehungsklage, wenn der betroffene Wohnungseigentümer, und sei es auch nur einmal, die abgemahnten Pflichten versäume. Etwas anderes gelte nur, wenn der Beklagte unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Dauer seines Wohlverhaltens, annehmen dürfe, die zur Abmahnung führenden Vorgänge hätten sich für die Gemeinschaft erledigt.

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