Sie ist seit Jahrzehnten ein Dauerstreitthema vor deutschen Gerichten: Die Kündigung der Wohnung durch den Vermieter, weil dieser Eigenbedarf anmeldet.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Rechte der Vermieter gestärkt und den Kreis der möglichen privilegierten Familienangehörigen – also den Kreis der Personen, für die Eigenbedarf ohne Darlegung zur sozialen Bindung geltend gemacht werden kann – erweitert.
Die Möglichkeiten für den Wohnungseigentümer, ein Mietverhältnis zu kündigen, sind zum Schutze des Mieters gesetzlich stark eingeschränkt. Der Kündigung wegen Eigenbedarfs kommt daher in der Praxis große Bedeutung zu und ist wohl einer der am häufigsten auftretenden Kündigungsgründe im Wohnungsmietrecht. Voraussetzung für eine solche Kündigung ist, dass der Vermieter die Wohnung aus vernünftigen Gründen für sich selbst, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt. Da der Begriff der Familienangehörigen gesetzlich nicht definiert ist, stellt sich bei Eigenbedarfskündigungen immer wieder die Frage, welche Familienangehörigen dieser Begriff überhaupt umfasst.
Der BGH hatte nun einen Fall zu entscheiden, in dem eine Frau den Mietern ihrer Eigentumswohnung wegen Eigenbedarfs kündigte. Grund: Sie benötigte die Wohnung für ihre Nichte, weil diese sich vertraglich dazu verpflichtet hatte, in die Eigentumswohnung einzuziehen und von dort aus die Versorgung ihrer Tante in der nahe gelegenen Seniorenresidenz zu übernehmen. Nach Auffassung der Mieter gehörte die Nichte aber nicht zum Kreis der Familienangehörigen – eine Eigenbedarfskündigung sei also nicht gerechtfertigt.
Der BGH sah das anders: Er entschied, dass Nichten und Neffen durchaus der privilegierten, sog. nahen Verwandtschaft zuzurechnen sind. Die Vermieterin habe daher ein berechtigtes Interesse daran gehabt, das bestehende Mietverhältnis zu Gunsten ihrer Nichte zu kündigen. Auf die Frage, ob überhaupt eine besondere persönliche Verbindung zwischen der Nichte und der Tante bestehe komme es gar nicht an, meinten die Richter. Allein die Tatsache, dass ein enges Verwandtschaftsverhältnis zu den Kindern der Geschwister bestehe, sei ausschlaggebend.
(BGH-Urteil vom 27.01.2010, Az.: VIII ZR 159/09)
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