Mängel am Gemeinschaftseigentum: In welchem Verhältnis stehen die Ansprüche des Einzelerwerbers und der Gemeinschaft?

VonHagen Döhl

Mängel am Gemeinschaftseigentum: In welchem Verhältnis stehen die Ansprüche des Einzelerwerbers und der Gemeinschaft?

Bei Mängeln am Gemeinschaftseigentum hat zunächst der Einzelerwerber Mängelansprüche. Die Gemeinschaft kann jedoch durch Mehrheitsbeschluss die Durchsetzung der auf die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Rechte der Erwerber an sich ziehen und damit ihre alleinige Zuständigkeit begründen (BGH, IBR 2007, 318). Das kann zu einem Konflikt zwischen dem Einzelerwerber und der Gemeinschaft führen, wenn diese unterschiedliche Interessen haben. Streitig ist insbesondere, ob und in welchem Umfang die Einzelerwerber wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum noch eigenmächtig gegen den Bauträger vorgehen können, wenn die Gemeinschaft die Durchsetzung der Ansprüche „an sich gezogen“ hat. Damit wäre dem Einzelerwerber, der sich aus dem Vertrag lösen will, insbesondere die Möglichkeit genommen, eigenständig die Voraussetzung für einen Anspruch auf großen Schadensersatz oder Wandelung des Erwerbsvertrags zu schaffen. Der BGH hat nunmehr darauf hingewiesen, dass solche weitreichenden Folgen nicht zwingend gegeben sein müssen. Hat die Wohnungseigentümergemeinschaft mit Mehrheitsbeschluss die Ausübung gemeinschaftsbezogener Gewährleistungsrechte wegen Mängeln an der Bausubstanz an sich gezogen, ist der einzelne Wohnungseigentümer jedenfalls dann nicht gehindert, dem Veräußerer eine Frist zur Mängelbeseitigung mit Ablehnungsandrohung zu setzen, wenn die fristgebundene Aufforderung zur Mängelbeseitigung mit den Interessen der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht kollidiert.
(BGH, Urteil vom 19.08.2010 – VII ZR 113/09)

Über den Autor

Hagen Döhl administrator

Schreibe eine Antwort