Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebes

VonHagen Döhl

Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebes

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können mehrere Unternehmen einen gemeinsamen Betrieb bilden. Dies gilt für das Betriebsverfassungsrecht (vgl. zuletzt BAGE 59, 319 = AP Nr. 9 zu § 1 BetrVG 1972, m. w. N.) wie für das Kündigungsschutzgesetz (§ 1 KSchG: Urteil vom 13. Juni 1985 [2 AZR 452/84] AP Nr. 10 zu § 1 KSchG 1969; § 15 KSchG: BAGE 55, 117 = AP Nr. 30 zu § 15 KSchG 1969; § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG: BAGE 45, 259 = AP Nr. 4 zu § 23 KSchG 1969). Für den Geltungsbereich der betriebsverfassungsrechtlichen wie der kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften ist hierbei von dem betriebsverfassungsrechtlichen Betriebsbegriff auszugehen (vgl. zuletzt BAGE 55, 117, 126 ff.).
Danach ist als Betrieb die organisatorische Einheit anzusehen, innerhalb derer der Unternehmer allein oder zusammen mit seinen Mitarbeitern mit Hilfe sächlicher und immaterieller Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt. In erster Linie kommt es dabei auf die Einheit der Organisation, weniger auf die Einheitlichkeit der arbeitstechnischen Zweckbestimmung an. Regelmäßig liegt ein einheitlicher Betrieb vor, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen oder immateriellen Betriebsmittel für den oder die verfolgten arbeitstechnischen Zwecke zusammengefasst geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird. Soll der Betrieb von mehreren Unternehmen geführt werden, so müssen sich die beteiligten Unternehmen zur gemeinsamen Führung des Betriebes rechtlich verbunden haben. Eine dahingehende Vereinbarung kann auch stillschweigend geschlossen werden und ihre Existenz sich aus den tatsächlichen Umständen ergeben. Ergeben die Umstände des Einzelfalles, dass der Kern der Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich von derselben institutionellen Leitung ausgeübt wird, so deutet dies regelmäßig darauf hin, dass eine Führungsvereinbarung vorliegt. Das trifft nicht schon dann zu, wenn die Unternehmen z. B. auf der Grundlage von Organ- oder Beherrschungsverträgen lediglich unternehmerisch zusammenarbeiten. Vielmehr muss die Vereinbarung auf eine einheitliche Leitung für die Aufgaben gerichtet sein, die vollzogen werden müssen, um die in der organisatorischen Einheit zu verfolgenden arbeitstechnischen Zwecke erfüllen zu können (BAGE 59, 319, 324, 325).
Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines von mehreren Unternehmen geführten gemeinsamen Betriebes im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG trägt der Arbeitnehmer (BAGE 45, 259, 268). Da er jedoch in der Regel keine oder nur ungenaue Kenntnisse von dem Inhalt der zwischen den beteiligten Unternehmen getroffenen vertraglichen Vereinbarungen hat, dürfen insoweit keine strengen Anforderungen an seine Darlegungslast gestellt werden. Es reicht in der Regel aus, wenn er die äußeren Umstände schlüssig darlegt, die für die Annahme sprechen, dass sich mehrere Unternehmen rechtlich über die Führung eines gemeinsamen Betriebes geeinigt haben und dementsprechend arbeitstechnische Zwecke innerhalb einer organisatorischen Einheit unter einem einheitlichen Leitungsapparat fortgesetzt verfolgen. Zu diesen Umständen gehören z. B. die gemeinsame Nutzung der technischen und immateriellen Betriebsmittel, die gemeinsame räumliche Unterbringung, die personelle, technische und organisatorische Verknüpfung der Arbeitsabläufe, das Vorhandensein einer unternehmensübergreifenden Leitungsstruktur zur Durchführung der arbeitstechnischen Zwecke, insbesondere zur Wahrnehmung der sich aus dem Direktionsrecht des Arbeitgebers ergebenden Weisungsbefugnisse. (BAG, Urteil vom 18.1.1990 – 2 AZR 355/89)

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