Selbst dann, wenn lediglich Bastler- und Restaurationsarbeiten an einem nicht fahrtüchtigen Fahrzeug vorgenommen werden, stellt der Versuch der bestimmungsgemäßen Inbetriebnahme des eingebauten Motors oder der Benzinpumpe nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf einen Gebrauch des Fahrzeugs im Sinne der «kleinen Benzinklausel» dar, wonach kein Deckungsschutz für den verursachten Schaden in der Privathaftpflichtversicherung besteht. Der Schaden sei auch dann nicht der Privathaftpflichtversicherung zuzuordnen, wenn eine Kfz-Haftpflichtversicherung nicht abgeschlossen wurde.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.06.2008 – 4 U 191/07
Der Kläger begehrte Deckungsschutz aus einem Privathaftpflichtversicherungsvertrag, den er mit der Beklagten im Jahr 2002 abgeschlossen hatte. Im März 2006 kam es zu einem Schadensfall. Der Kläger restaurierte ein über 20 Jahre altes Fahrzeug, das in einer Lagerhalle untergestellt war, die der Vater des Klägers angepachtet hatte. Das Fahrzeug war zum Straßenverkehr – noch – nicht zugelassen. Die Lackierung des Fahrzeugs war abgeschlossen, und nun versuchte der Kläger, den Motor zu starten, was jedoch misslang. Der Kläger klemmte die Benzinpumpe von der Fahrzeugbatterie ab und schloss sie an eine externe Energiequelle an, von der er in der Berufungsverhandlung erstmals behauptete, es habe sich nur um ein Batterieladegerät gehandelt. Es sei zu Funkenbildung und Brand gekommen, als die Benzinpumpe zu laufen begonnen habe. Das Fahrzeug brannte aus und es entstand erheblicher Gebäudeschaden. Der Gebäudeversicherer nimmt den Kläger in Höhe von rund 30.000 Euro in Regress, wobei der Kläger die Auffassung vertritt, seine Privathaftpflichtversicherung sei eintrittspflichtig. In den vereinbarten AHB ist geregelt:
«Nicht versichert ist die gesetzliche Haftpflicht des Eigentümers, Besitzers, Halters oder Führers eines Kraft-, Luft-, oder Wasserfahrzeugs wegen Schäden, die durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursacht werden.»
Der Kläger ist der Meinung, dass er lediglich Bastler- und Restaurationsarbeiten an dem nicht fahrtüchtigen Fahrzeug vorgenommen habe. Die in den AHB vereinbarte Benzinklausel sei auf dieses nicht fahrtüchtige und zum Straßenverkehr nicht zugelassene Fahrzeug nicht anzuwenden. Die Beklagte trägt vor, dass sich mit dem Startversuch des Motors eine dem Kraftfahrzeugwesen eigene Gefahr verwirklicht habe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger weist in der Berufung darauf hin, dass der Versuch, den Motor zu starten keinen Gebrauch des Fahrzeugs darstelle, denn selbst wenn der Versuch nicht gescheitert wäre, hätte das Fahrzeug noch nicht fortbewegt werden können.
Mit seiner Berufung hatte der Kläger keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht führt aus, dass der Versuch der bestimmungsgemäßen Inbetriebnahme eines in einem Kraftfahrzeug eingebauten Motors oder der eingebauten Benzinpumpe einen Gebrauch des Fahrzeugs im Sinne der erwähnten kleinen Benzinklausel darstelle; Deckungsschutz für den verursachten Schaden bestehe in der Privathaftpflichtversicherung nicht. Der Begriff des «Gebrauch eines Fahrzeugs», wie er auch in § 10 AKB enthalten sei, diene dazu, eine Doppelversicherung durch die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung und die private Haftpflichtversicherung zu vermeiden (BGH, Urteil vom 13.12.2006 – IV ZR 120/05, VersR 2007, 388; Anmerkung Kääb, FD-StrVR 2007, 212612; Grams, FD-VersR 2007, 213160). Es sei nicht entscheidend, ob tatsächlich eine Kfz-Haftpflichtversicherung abgeschlossen sei, die den Schaden auch abdecke (BGH, Urteil vom 16.10.1991 – IV ZR 257/90, VersR 1992, 47), sondern es komme darauf an, ob sich ein typisches Wagnis der Kfz-Versicherung verwirklicht habe. In diesem Zusammenhang sei es auch gleichgültig, ob dieses Fahrzeug zum Straßenverkehr zugelassen oder nicht zugelassen sei (BGH, a.a.O.), vielmehr sei nur von Bedeutung, ob sich der Art nach ein Risiko der Privat- oder der Kfz-Haftpflichtversicherung verwirklicht habe. Nach dem Sinn der «kleinen Benzinklausel» müsse sich eine Gefahr verwirklicht haben, die gerade dem Fahrzeuggebrauch eigen ist, diesem selbst und unmittelbar zuzurechnen sei.
Dass eine Deckungslücke zwischen Privathaftpflicht und Kfz-Haftpflichtversicherung entstehen könne, begründe nicht, dass der Schaden dann eben der Privathaftpflichtversicherung zuzuordnen sei, weil eine Kfz-Haftpflichtversicherung nicht bestehe. Die Benzinklausel sei auch nicht überraschend.
Die Entscheidung ist von großer Bedeutung, weil sie für die Beratungspraxis wichtig ist: Die «Bastler» an Fahrzeugen, die zum Straßenverkehr noch nicht zugelassen sind, befinden sich über den Umfang des Versicherungsschutzes vielfach erheblich im Zweifel.
Die AHB, die hier zugrunde gelegt sind, haben sich auch unter dem neuen VVG insoweit nicht geändert. Zwischen AHB und AKB können durchaus Deckungslücken bestehen, die – wie dieser Fall mustergültig zeigt – erhebliche Ausmaße haben können.
Über den Autor