Kategorien-Archiv Was jeden interessiert …

VonHagen Döhl

Erdgassondervertrag unwirksame Preiserhöhungsklausel

Die Versorgung von Letztverbrauchern mit Erdgas bildet sachlich einen eigenen Markt; ein einheitlicher Markt für Wärmeenergie besteht nicht (Bestätigung von BGHZ 151, 274, 282 – Fernwärme für Börnsen).
Um die Billigkeit einer Erhöhung des Gaspreises darzulegen, muss der Gasversorger nicht dartun, dass er mit der Erhöhung eine bestehende marktbeherrschende Stellung nicht missbraucht.
Auch im Individualprozess ist eine mehrdeutige Allgemeine Geschäftsbedingung im kundenfeindlichsten Sinne auszulegen, wenn diese Auslegung zur Unwirksamkeit der Klausel führt und dies dem Kunden günstiger ist.
Eine Klausel in einem Gassondervertrag, die den Gasversorger berechtigt, die Gaspreise zu ändern, wenn eine Preisänderung durch seinen Vorlieferanten erfolgt, benachteiligt den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist unwirksam.
BGH – 29.4.2008 KZR 2/07

VonHagen Döhl

LG Koblenz: Klage einer Verbraucherin aus einer Gewinnzusage erfolgreich

Das Amtsgericht Lahnstein und das Landgericht Koblenz haben einer Verbraucherin Recht gegeben, die eine schriftliche Mitteilung über einen vermeintlichen Gewinn in Höhe von 1.500 Euro erhalten und von dem angegebenen Absender die Auszahlung des Gewinns verlangt hat. Das Amtsgericht hat der Klage durch Urteil vom 14.01.2008 stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht Koblenz das Urteil durch Beschluss vom 29.04.2008 bestätigt und die Berufung zurückgewiesen (Az.: 12 S 30/08).
Die Klägerin aus dem Kreis Bitburg-Prüm erhielt im Februar 2007 ein Schreiben, das mit den Worten: «Ganz Deutschland hat mitgemacht = Sie haben gewonnen!» überschrieben war. Darunter befand sich in kleiner Schrift der Zusatz «Einladung der Gewinner 5.-555. Preis». In dem Schreiben heißt es weiter: «Sehr geehrte Frau … [Klägerin], wir haben heute die wundervolle Aufgabe, Ihnen Frau …, mitteilen zu dürfen, dass sich die Teilnahme an unserem Gewinnspiel auch für Sie gelohnt hat. Sie … sind ein Gewinner. …». In einem anschließenden «Auszug aus der Gewinnerliste» sind die Gewinner der ersten vier Preise namentlich genannt. Als Gewinner des dritten Preises («8 x 1.500 Euro in bar (pers. Überg.)») ist der Name der Klägerin angegeben. Im Folgenden ist ausgeführt, dass die Gewinnübergabe im Rahmen einer Busfahrt erfolgen sollte, für die ein Anmeldecoupon beigefügt war. Die Klägerin meldete sich an, erhielt den vermeintlichen Gewinn jedoch nicht. Absender des Schreibens und Adressat der Anmeldekarte für die Busfahrt war ein «Reservierungsservice, Postfach …» im Gerichtsbezirk Lahnstein. Der Beklagte, der dort einen Buchungs- und Reservierungsservice gewerblich betreibt, hat das Postfach eingerichtet.
Die Klägerin hat von dem Beklagten Zahlung von 1.500 Euro nebst Zinsen verlangt. Der Beklagte hat vorgetragen, er habe das Postfach für ein in der Schweiz ansässiges Unternehmen eingerichtet, das Verkaufsveranstaltungen durchführe. Der Inhalt der Gewinnmitteilung sei ihm nicht bekannt gewesen.
Die Voraussetzungen des § 661 a BGB als Grundlage des Anspruchs der Klägerin sind nach Auffassung der Richter erfüllt. Insbesondere muss sich der Beklagte als Inhaber des Postfachs an der im Schreiben versprochenen Leistung festhalten lassen. Wie das Amtsgericht und das Berufungsgericht übereinstimmend ausgeführt haben, ist entscheidend, dass das Schreiben aus der Sicht eines objektiven Empfängers eine Gewinnzusage enthielt und dass der Beklagte unter seines Reservierungsservices als Inhaber des Postfachs und damit als für das Schreiben verantwortliche Person benannt gewesen sei. Nach Auffassung der Berufungskammer wäre der Beklagte auch dann zur Leistung verpflichtet, wenn er, wie von ihm vorgetragen, von dem Inhalt des Schreibens keine Kenntnis gehabt habe. In diesem Falle sei eine Haftung aus der über sein Postfach vertriebenen Gewinnzusage nach den Grundsätzen der Duldungsvollmacht sowie der Anscheinsvollmacht (Rechtsscheinhaftung) begründet. Hierfür spreche auch, dass die aufgrund der Gewinnzusage erfolgten Veranstaltungen unstreitig in dem Hotel des Beklagten stattgefunden hätten. Der Beklagte ist deshalb zur Zahlung des in dem Schreiben versprochenen Gewinns von 1.500 Euro (nebst Zinsen) verpflichtet. Ein weiteres Rechtsmittel ist gegen den Beschluss des Landgerichts nicht eröffnet.

VonHagen Döhl

Fluganulierung: Airline muss Hotelkosten übernehmen

Wird ein Linienflug auf Grund außergewöhnlicher Umstände (hier: Nebel) annuliert und verzögert sich die Rückkehr des Fluggastes aus dem Ausland deshalb um zwei Tage, hat der Fluggast in der Zwischenzeit Anspruch auf Betreuungsleistungen (z.B. Essen, Getränke, Hotel).
(OLG Koblenz, Urteil v. 11.1.2008 – 10 U 385/07)

VonHagen Döhl

Spätere Arbeitslosmeldung – Hinweis- und Beratungspflicht der Arbeitsagentur

Ist es für einen Arbeitslosen auf Grund seines Lebensalters günstiger sich nicht zum Zeitpunkt der tatsächlich einsetzenden Arbeitslosigkeit, sondern erst später arbeitslos zu melden, so ist dies möglich und rechtens. Über die eventuellen Vorteile einer solchen späteren Arbeitslosmeldung muss die Arbeitsagentur den Antragsteller unaufgefordert aufklären. Dies gehört zu ihren gesetzlichen Beratungspflichten.
(Hessisches Landessozialgericht, Urteil v. 21.9.2007 – L 7/10 AL 185/04)

VonHagen Döhl

Schulausschluss rechtswidrig – Hoyerswerdaer Schüler zu Unrecht der Schule verwiesen

In dem seit 2006 andauernden Prozesskostenhilfeverfahren um den Ausschluss eines Schülers des Lèon-Foucault-Gymnasium Hoyerswerda von der Schule ist zwischenzeitlich eine abschließende Klärung erfolgt.

Mit einer Ordnungsmaßnahme vom 30. November 2005 war ein Schüler der Schule verwiesen worden. Ihm wurde vorgeworfen, unberechtigt in das Computernetzwerk der Schule eingedrungen zu sein und den Datenbestand manipuliert zu haben.

Gegen den vom Direktor der Schule verhängten Schulausschluss ist der Schüler mit anwaltlicher Unterstützung der Rechtsanwälte Döhl & Kollegen aus Hoyerswerda vorgegangen, obgleich er zunächst seither zur Fortsetzung seiner Schulausbildung ein Kamenzer Gymnasium besucht hat, wo er in diesem Jahr sein Abitur ablegen wird.

Nach dem der Widerspruch gegen den Schulausschluss für den Schüler am 6.12.2005 eingelegt worden ist und das zuständige Regionalschulamt in Bautzen noch ein halbes Jahr später keine Entscheidung über den Widerspruch getroffen hatte, wurde beim Verwaltungsgericht Dresden Prozesskostenhilfe für eine Untätigkeitsklage beantragt, die später in eine so genannte Fortsetzungsfeststellungsklage geändert worden ist. Diese Änderung erfolgte, weil wegen der inzwischen durch die Untätigkeit der Behörde verstrichenen Zeit ein Zurückwechseln des Schülers an das Lèon-Foucault-Gymnasium in Hoyerswerda nicht mehr zweckmäßig gewesen wäre und der Schüler stattdessen (um sich auf das Abitur zu konzentrieren) die Schulausbildung in Kamenz abschließen wollte. Gleichwohl sollte durch das Verwaltungsgericht weiter festgestellt werden, dass der Schulausschluss rechtswidrig war.

Am 17. März 2008 hat das Verwaltungsgericht über den Prozesskostenhilfeantrag verhandelt und im Ergebnis der Verhandlung die beantragte Prozesskostenhilfe bewilligt, weil die beabsichtigte Prozessführung hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte.

Nach der Beurteilung des Gerichtes in der Begründung des Prozesskostenhilfeantrages war der angegriffene Bescheid der Schule vom 30.11.2005 rechtswidrig und hat den Schüler in seinen Rechten verletzt.

Daraufhin hat die Sächsische Bildungsagentur – Regionalstelle Bautzen –, die in dem Verfahren den Freistaat Sachsen vertreten hat, einem Vergleich zugestimmt, in dem der beklagte Freistaat Sachsen anerkennt, dass der Schulausschluss vom 30.11.2005 rechtswidrig war und der Kläger (Schüler) pauschalisierten Ersatz für die Schülerbeförderungskosten von Hoyerswerda nach Kamenz beanspruchen kann. Der Freistaat Sachsen – vertreten durch die Sächsische Bildungsagentur, Regionalstelle Bautzen – hat sich außerdem verpflichtet, sämtliche Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der betroffene Schüler seinerseits hat daraufhin auf die Geltendmachung zivilrechtlicher Schadenersatz- oder Amtshaftungsansprüche gegen den Freistaat Sachsen im Zusammenhang mit dem Ausschluss aus dem Lèon-Foucault-Gymnasium Hoyerswerda verzichtet.

Das verwaltungsgerichtliche Verfahren ist damit abgeschlossen. Es bleibt damit dabei: die seinerzeitige schulische Maßnahme (Ausschluss von der Schule) war bei weitem überzogen und nicht gerechtfertigt.
Es bleibt zu hoffen, dass die Schule ihr damals nur nachlässig gesichertes Computernetzwerk inzwischen so geschützt hat, dass ein Eindringen durch Schüler oder durch Dritte nun ausgeschlossen ist.

Für den Schüler bleibt es dabei, dass er jetzt – kurz vor dem Abitur – die Schule nicht erneut wechselt, sondern sein Abitur in Kamenz ablegen wird. Für die noch bevorstehenden Prüfungen wünschen wir ihm alles Gute.

VonHagen Döhl

BGH: Gewährleistungsanspruch besteht auch für Schwarzarbeit

Wird ein Unternehmer mit der Erstellung eines Werks beauftragt und vereinbaren die Parteien zugleich, dass für die Leistung eine Rechnung nicht gestellt werden soll, so kann sich der Unternehmer auf diesen Umstand nicht berufen, wenn der Auftraggeber Mängel des Werks geltend macht. Dies gilt unabhängig davon, dass ein Vertrag mit einer Ohne-Rechnung-Abrede im Übrigen wegen des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig ist, wie der BGH entschied (Urteile vom 24.04.2008; Az.: VII ZR 42/07 und VII ZR 140/07).

VonHagen Döhl

EuGH: Kein Wertersatz für Nutzung bei Rückgabe mangelhafter Ware

Ein Verbraucher muss dem Verkäufer eines mangelhaften Verbrauchsguts keinen Wertersatz für die Nutzung des Verbrauchsguts bis zu dessen Austausch leisten. Das entschied der Europäische Gerichtshof. Anders als der Verbraucher, der bereits den Kaufpreis gezahlt habe, erfülle der Verkäufer eines nicht vertragsgemäßen Verbrauchsguts seine vertragliche Verpflichtung nicht ordnungsgemäß und müsse daher die Folgen der Schlechterfüllung tragen (Urteil vom 17.04.2008; Az.: C-404/06).

VonHagen Döhl

EuGH: Im Geschäftsverkehr setzt eine rechtzeitige Zahlung per Überweisung die Gutschrift des geschuldeten Betrags voraus

Im Geschäftsverkehr ist eine Zahlung im Wege der Banküberweisung nach europarechtlichen Vorgaben nur dann rechtzeitig, wenn der geschuldete Betrag termingerecht auf dem Konto des Gläubigers gutgeschrieben wurde. Dies hat der Europäische Gerichtshof in einem Rechtsstreit zwischen der Deutschen Telekom AG und der 01051 Telecom GmbH um die Zahlung von Verzugszinsen wegen vermeintlich zu spät gezahlter Rechnungsentgelte auf ein Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Köln entschieden (Urteil vom 03.04.2008, Az.: C‑306/06).

VonHagen Döhl

VG Münster: Gewerbliche Altpapiersammlung durfte nicht untersagt werden

Die Firma Stenau, privates Entsorgungsunternehmen mit Sitz in Ahaus, darf in Gronau wie geplant mit ihren «Blauen Tonnen» Altpapier sammeln. Das Verwaltungsgericht Münster hat durch Eilbeschluss vom 28.03.2008 entschieden, dass eine dagegen gerichtete Untersagungsverfügung der Stadt Gronau rechtswidrig ist. Zwar könne eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Abfallentsorgung gegen eine gewerbliche Sammlung ins Feld geführt werden. Allein fiskalische Nachteile reichten hierfür jedoch nicht aus, entschieden die Richter (Az.: 7 L 163/08, nicht rechtskräftig).

Die Firma Stenau hatte Ende Februar 2008 dem Kreis Borken und der Stadt Gronau angekündigt, ein flächendeckendes Erfassungssystem zur Altpapiererfassung und -verwertung aufzubauen. Sodann begann sie mit der Verteilung der eigens angeschafften «Blauen Tonnen» an alle Haushalte im Stadtgebiet von Gronau. Die Auslieferung erfolgte aber nicht mehr vollständig, da die Stadt Gronau eine sofort wirksame Untersagungsverfügung erließ. Sie machte unter anderem geltend, durch Einführung der privaten flächendeckenden Altpapiersammlung werde das städtische System insgesamt in Frage gestellt – neben 53 Containern gibt es bislang eine 14-tägige Straßensammlung, die von der gemeinnützigen Beschäftigungsgesellschaft «Chance» im Auftrag der Stadt durchgeführt wird.

Das VG Münster entschied jetzt per Eilbeschluss, die gegen die Untersagungsverfügung erhobene Klage werde voraussichtlich Erfolg haben. Die Untersagungsverfügung erweise sich bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig. Es fehle schon an der Zuständigkeit der Stadt Gronau für den Erlass der Verfügung. Vielmehr wäre der Kreis Borken als untere Umweltschutzbehörde zuständig gewesen. Ferner sei die Verfügung rechtswidrig, soweit darin festgestellt werde, dass der gewerblichen Sammlung des Altpapiers überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden. Hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Stadt Gronau in Folge der gewerblichen Sammlung die Funktionsfähigkeit der Abfallentsorgung nicht mehr gewährleisten könne, seien bisher nicht dargelegt und auch sonst nicht erkennbar. Außerdem mute der Gesetzgeber dem öffentlichen Entsorgungsträger eine gewisse Flexibilität bei Aufbau und Unterhaltung der Abfallentsorgungsstrukturen zu. Berücksichtigungsfähige öffentliche Interessen im Sinne des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes seien umweltrechtliche Belange. Fiskalische Belange oder die Verfolgung sozial- beziehungsweise beschäftigungspolitischer Ziele und Zwecke zählten nicht dazu.

VonHagen Döhl

Restschuldbefreiungsverfahren: Falsche Angaben des Schuldners

Vorsätzliche oder grobfahrlässige Falschangaben des Schuldners zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen begründen die Versagung der Restschuldbefreiung nur dann, wenn sie subjektiv dem Zweck dienen Leistungen zu erhalten oder zu vermeiden.
(BGH, Beschluss v. 20.12.2007 – IX ZB 189/06)