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VonHagen Döhl

Chemikaliengeruch bei Schlafzimmermöbeln

Das OLG Bamberg hat entschieden, dass von Schlafzimmermöbeln über längere Zeit ausgehender unangenehmer Geruch den Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt.
Rund ein Drittel seiner Lebenszeit verbringt der Mensch schlafend, so dass das Schlafzimmer regelmäßig der am längsten genutzte Raum ist. In ihrem Refugium wollte es die Klägerin daher gemütlich haben und kaufte beim Beklagten eine Einrichtung in Esche massiv für rund 6.200 €. Doch auch Monate nach dem Kauf verströmten die Möbel einen unangenehmen Chemikaliengeruch. Die Klägerin monierte das, der Verkäufer konnte aber keine Abhilfe schaffen. Als eine Raumluftanalyse eine auffällige Häufung flüchtiger organischer Verbindungen ergab, trat die Klägerin vom Kauf zurück und klagte auf Rückzahlung des Kaufpreises. Das LG Coburg verurteilte den Verkäufer zur Rückzahlung des Kaufpreises von rund 6.200 €. Der Geruch und die damit verbundene nachvollziehbare Sorge der Käuferin, dass dadurch ihre Gesundheit gefährdet werde, verhindern nach Auffassung der Gerichte einen ungestörten Gebrauch der Schlafzimmereinrichtung.
Das OLG Bamberg hat diese Entscheidung durch Beschlüsse vom 13.07.2009 und 07.08.2009 bestätigt.
Das Gericht ist der Auffassung, unabhängig von der Frage, ob es für die organischen Verbindungen einen verbindlichen Grenzwert gibt und dieser überschritten war, eignen sich die Möbel nicht für die gewöhnliche Verwendung, also das Schlafen in dem mit ihnen ausgestatteten Raum, und sind deshalb mangelhaft. Denn auch ohne besondere Vereinbarung kann ein Käufer solcher Möbel erwarten, dass sie geruchsneutral sind oder Geruchsentwicklungen, die wegen der Lackierung unvermeidbar sind, zumindest alsbald nach dem Aufstellen verschwinden.
OLG Bamberg 07.08.2009 6 U 30/09

VonHagen Döhl

Unzureichender Verdienst eines Schuldners in der Wohlverhaltensphase

Erkennt der Schuldner in der Wohlverhaltensphase, dass er mit der von ihm ausgeübten selbstständigen Tätigkeit nicht genug erwirtschaftet, um seine Gläubiger so zu stellen, als gehe er einer vergleichbaren abhängigen Tätigkeit nach, braucht er seine Tätigkeit nicht sofort aufzugeben; um den Vorwurf zu entkräften, schuldhaft die Befriedigung seiner Gläubiger beeinträchtigt zu haben, muss er sich dann aber nachweisbar um eine angemessene abhängige Beschäftigung bemühen und – sobald sich ihm eine entsprechende Gelegenheit bietet – diese wahrnehmen.
(BGH-Beschluss vom 07.05.2009 – IX ZB 133/07)

VonHagen Döhl

Beratungshilfe für Widerspruch gegen Behördenentscheidungen

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 11. Mai 2009 die Rechte Arbeitsloser bei Rechtsstreitigkeiten mit Behörden und den Rechtsanwalt als unabhängigen Interessenvertreter gestärkt. Danach kann Beratungshilfe nicht mit der Begründung versagt werden, der Ratsuchende solle eine kostenlose Beratung bei der Ausgangsbehörde in Anspruch nehmen.

Das Bundesverfassungsgericht führte in seiner Entscheidung aus, dass sich ein Leistungsbezieher, der sich gegen einen behördlichen Bescheid zur Wehr setzen möchte, nicht auf das Fachpersonal der betroffenen Behörde verwiesen werden dürfe. Vielmehr stünde ihm bereits für das Widerspruchsverfahren das Recht auf kostenlosen anwaltliche Rat im Wege der Beratungshilfe zu (Az.: 1 BvR 1517/08).

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Müssen Anwälte vor Gericht eine Robe tragen?

Der Streit – manchmal auch Zank – darüber, ob Anwälte vor Gericht eine Robe tragen müssen, hat vor bald 300 Jahren mit einer Kabinettsorder Friedrichs Wilhelm des 1. von Preußen begonnen. Er verfügte unter dem 15.12.1726: Wir ordnen und befehlen hiermit allen Ernstes, dass die Advocati wollene Schwarze Mäntel, welche bis unter das Knie gehen, unserer Verordnung gemäß zu tragen haben, damit man diese Spitzbuben schon von weitem erkennen und sich vor ihnen hüten kann.
Nach zahlreichen gesetzlichen Regelungen sah dann § 10 der Standesrichtlinien von 1957 eine allgemeine Robentragungspflicht vor. Bezweckt war, die herausgehobene Stellung des Anwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege äußerlich sichtbar zu machen. Damit war es aus, als das Bundesverfassungsgericht im Juli 1987 die Standesrichtlinien für unverbindlich erklärte. Danach herrschte Unsicherheit und teilweise ein Durcheinander, kulminierend im so genannten Braunschweiger Robenstreit. Das OLG Braunschweig hatte Anwälte von der Prozessführung ausgeschlossen, die vor dem Amtsgericht ohne Roben auftraten. Mit § 20 der Berufsordnung ist nunmehr ein Mittelweg beschritten worden:
Der Rechtsanwalt trägt vor Gericht als Berufstracht die Robe, soweit das üblich ist. Eine Berufspflicht zum Erscheinen in Robe besteht beim Amtsgericht in Zivilsachen nicht.
Inzwischen gab es sogar Streit darüber, ob Rechtsanwälte vor Gericht eine Krawatte tragen müssen…

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Eltern haften für Ihre Kinder?

Normal entwickelten Kindern im Alter von 7 1/2 Jahren ist im Allgemeinen das Spielen im Freien auch ohne Aufsicht gestattet, wenn die Eltern sich über das Tun und Treiben in großen Zügen einen Überblick verschaffen.

VonHagen Döhl

AG München: Bank muss Verantwortlichkeit des Kunden für Kreditkartengeschäfte beweisen

Hat eine Bank bei einem Kunden Kreditkartenbeträge abgebucht, bestreitet der Kunde aber die Kreditkartengeschäfte und widerruft die Überweisungen, so muss die Bank beweisen, dass der Kunde die Geschäfte getätigt oder einen Missbrauch seiner Kreditkarte zu verantworten hat. Anderenfalls muss sie dem Kunden den abgebuchten Betrag zurückzahlen. Dies hat das Amtsgericht München mit jetzt bekannt gewordenem Urteil vom 16.02.2009 entschieden (Az.: C 28708/08, rechtkräftig). Eine Beweislastumkehr nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises komme nicht in Betracht.

VonHagen Döhl

BAG: Beweisverwertungsverbot mitgehörter Telefongespräche

Ermöglicht bei einem Telefongespräch einer der Gesprächspartner einer im Raum befindlichen weiteren Person zielgerichtet, das Gespräch heimlich mitzuhören, indem er etwa den Raumlautsprecher des Telefons anstellt oder das Gerät vom Ohr weghält, verletzt er das Persönlichkeitsrecht des Gesprächspartners. Die Persönlichkeitsrechtsverletzung hat in diesen Fällen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Folge, dass der heimlich Mithörende nicht als Zeuge zum Gesprächsinhalt des Telefonats vernommen werden darf. Dagegen besteht dann, wenn der Angerufene nichts dazu beigetragen hat, dass der Dritte das Telefongespräch mithören konnte, nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 23.04.2009 (Az.: 6 AZR 189/08) kein Beweisverwertungsverbot.

VonHagen Döhl

Bundestag beschließt Reform des Kontopfändungsschutzes

Mit der Reform des Kontopfändungsschutzes, die der Bundestag am 23.04.2009 beschlossen hat, wird erstmalig ein so genanntes Pfändungsschutzkonto («P-Konto») eingeführt. Auf diesem Konto erhält ein Schuldner für sein Guthaben einen automatischen Basispfändungsschutz in Höhe seines Pfändungsfreibetrages. Derzeit sind dies 985,15 Euro pro Monat bei Ledigen ohne Unterhaltsverpflichtungen. Dabei komme es nicht darauf an, aus welchen Einkünften dieses Guthaben herrührt, schreibt das Bundesjustizministerium. So genießen künftig auch Selbstständige Pfändungsschutz für ihr entsprechendes Kontoguthaben.

Nach bisheriger Rechtslage führt die Pfändung eines Bankkontos dazu, dass die anfallenden Zahlungsgeschäfte des täglichen Lebens wie Begleichung von Miete, Energiekosten oder Versicherungen nicht mehr über das Konto abgewickelt werden können. Um Pfändungsschutz für den pfändungsfreien Selbstbehalt des Kontoguthabens zu erlangen, braucht der Schuldner in vielen Fällen eine Gerichtsentscheidung. Häufig ist diese nicht rechtzeitig erreichbar, so dass Kosten für verspätete oder nicht ausgeführte Zahlungen anfallen. Erschwert wird der Pfändungsschutz dadurch, dass er bei Guthaben aus Arbeitseinkommen anders ausgestaltet ist als bei Guthaben aus Sozialleistungen. Der bisherige Pfändungsschutz führt daher bei Banken und Gerichten zu unnötig hohem Vollzugsaufwand.

Ein Kontoguthaben in Höhe des Pfändungsfreibetrages nach § 850c ZPO werde als so genannter «Basispfändungsschutz» nicht von einer Pfändung erfasst, so das Ministerium. Der Basisbetrag werde für jeweils einen Kalendermonat gewährt. Anders als nach geltendem Recht komme es auf den Zeitpunkt des Eingangs der Einkünfte nicht mehr an. Werde der pfändungsfreie Anteil eines Guthabens in einem Monat nicht ausgeschöpft, werde er auf den folgenden Monat übertragen. In diesem Rahmen könne der Schuldner Guthaben für Leistungen ansparen, die nicht monatlich, sondern in größeren Zeitabständen anfallen.

Auf die Art der Einkünfte komme es für den Pfändungsschutz nicht mehr an. Damit entfalle auch die Pflicht, die Art der Einkünfte gegenüber Banken und Gerichten nachzuweisen. Auch das Guthaben aus den Einkünften Selbstständiger und aus freiwilligen Leistungen Dritter werde künftig bei der Kontopfändung geschützt. Der pfändungsfreie Betrag könne durch Vorlage entsprechender Bescheinigungen von Arbeitgebern, Schuldnerberatungsstellen und Sozialleistungsträgern (beispielsweise über Unterhaltspflichten und bestimmte Sozialleistungen) beim Kreditinstitut erhöht werden. Eine Erhöhung oder eine Herabsetzung des Basispfändungsschutzes sei außerdem in besonders gelagerten Einzelfällen auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung möglich.

Der automatische Pfändungsschutz könne nur für ein Girokonto gewährt werden, so das Ministerium weiter. Dieses besondere Konto werde durch eine Vereinbarung zwischen Bank und Kunde festgelegt. Das Gesetz sehe vor, dass ein Anspruch auf Umwandlung eines bereits bestehenden Girokontos in ein P-Konto innerhalb von vier Geschäftstagen besteht. Die Umstellung wirke rückwirkend zum Monatsersten. Ein Anspruch auf die neue Einrichtung eines P-Kontos bestehe allerdings nicht. Ab 01.01.2012 werde der Kontopfändungsschutz ausschließlich durch das P-Konto gewährleistet.

Kindergeld und Sozialleistungen – etwa nach dem Sozialgesetzbuch II – werden künftig bei ihrer Gutschrift auf dem P-Konto besser geschützt. Beträge müsse nicht mehr binnen sieben Tagen abgehoben werden. Kindergeld werde zusätzlich geschützt. Es komme also zum Basispfändungsschutz hinzu. Wertungswidersprüche zwischen Vollstreckungs-, Steuer- und Sozialrecht würden damit vermieden.

Jede natürliche Person dürfe nur ein P-Konto führen. Die Kreditinstitute würden ermächtigt, der SCHUFA die Einrichtung eines P-Kontos zu melden und bei jedem Antrag eines Kunden auf Führung eines P-Kontos zu überprüfen, ob für diese Person bereits ein P-Konto besteht. Die Kreditwirtschaft habe angekündigt, von der erweiterten Auskunftsbefugnis auch Gebrauch zu machen, um zu einem möglichst lückenlosen Schutz vor einem Missbrauch des P-Kontos beizutragen. Die SCHUFA dürfe das zusätzliche Merkmal nur für die Bankauskunft verwenden, nicht für die Beantwortung von Anfragen zur Kreditwürdigkeit oder für die Berechnung von Score-Werten.

Das Gesetz bedürfe der Zustimmung des Bundesrates. Damit die Kreditwirtschaft ausreichend Zeit zur Umstellung habe, sei ein Zeitraum von zwölf Monaten zwischen Verkündung und Inkrafttreten vorgesehen. Voraussichtlich werde das P-Konto Mitte 2010 zur Verfügung stehen.

VonHagen Döhl

Verjährungshemmung durch Mahnbescheid

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH hemmt (unterbricht) ein Mahnbescheid die Verjährung nur, wenn der geltend gemachte Anspruch nach § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO hinreichend bezeichnet worden ist. Er muss durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt werden, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitels sein und der Schuldner beurteilen kann, ob und in welchem Umfang er sich zur Wehr setzen will. Bei der Geltendmachung mehrerer Einzelforderungen muss es deren Bezeichnung im Mahnbescheid dem Beklagten ermöglichen, die Zusammensetzung der verlangten Gesamtbeträge aus für ihn unterscheidbaren Ansprüchen zu erkennen. Zur Bezeichnung des geltend gemachten Anspruchs kann auch auf Rechnungen oder andere Schriftstücke Bezug genommen werden. Sie müssen dem Schuldner jedoch zugegangen sein. Nur, wenn ein solches Schriftstück dem Schuldner bereits bekannt ist, braucht es dem Mahnbescheid nicht in Abschrift beigefügt zu werden.
Eine Nachfrageobliegenheit des Schuldners scheidet aus. § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO bezweckt die geforderte Anspruchsbezeichnung gerade deshalb, um dem Schuldner den Grund seiner vom Gläubiger behaupteten Leistungspflicht erkennbar zu machen, so dass Nachfragen und unnötige Widersprüche vermieden werden. Der Gläubiger hat selbst dafür zu sorgen, dass den vom Gesetz gestellten Anforderungen genügt wird.
Rechtsfehlerhaft erlassene, weil nicht individualisierte Mahnbescheide, hemmen die Verjährung auch dann nicht, wenn die Individualisierung nach Ablauf der Verjährungsfrist im sich anschließenden Streitverfahren nachgeholt wird.
Das heißt: Erlässt der Rechtspfleger einen nicht individualisierten Mahnbescheid, der vor Ablauf der Verjährungsfrist zugestellt wird, dann ist das Prozessgericht daran nicht gebunden. Es hat selbständig zu prüfen, ob der Mahnantrag formgerecht ist. Wird das verneint, dann muss die Klage auf Verjährungseinrede hin abgewiesen werden.
(Schneider, ZAP Fach 13 Seite 1602; ZAP 2009 Nr. 8 Seite 406)

VonHagen Döhl

Redaktionsstab Rechtssprache soll für verständlichere Gesetze sorgen

Gesetzestexte sollen verständlicher werden. Dafür soll ein «Redaktionsstab Rechtssprache» sorgen, der am 01.04.2009 im Bundesjustizministerium seine Tätigkeit aufnehmen und von der Gesellschaft für deutsche Sprache gestellt werden wird. Nach Angaben des Ministeriums vom 17.03.2009 wird der Redaktionsstab aus zwei angestellten Sprachwissenschaftlern und einer mindestens sechsköpfigen externen Sprachberatungsgruppe bestehen. Er soll die Mitarbeiter aller Bundesministerien bei der Formulierung von Rechtsvorschriften beraten.