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VonHagen Döhl

Arbeitsunfall bei Beinbruch auf Weihnachtsfeier

Das SG Berlin hat entschieden, dass auch ein Beinbruch im Bowlingcenter als Arbeitsunfall von der Unfallversicherung gedeckt ist, wenn sich der Unfall auf einer betrieblichen Weihnachtsfeier ereignet.
Am Nachmittag des 16.12.2008 traf sich ein Team von Mitarbeitern der Eingangszone des Jobcenters Lichtenberg zur Weihnachtsfeier im Bowlingcenter „Big Bowl“. 17 von 20 Kollegen machten mit, die Teamleiterin fiel wegen Erkrankung ihres Kindes überraschend aus. Als die Gruppe von der Bowlingbahn ins Restaurant wechseln wollte, stolperte die damals 55 jährige Klägerin über eine Stufe und brach sich das linke Bein. Sie war monatelang krank geschrieben und musste drei Wochen zur Kur. Von der zuständigen Unfallkasse Berlin begehrte die Klägerin die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall. Die Unfallkasse lehnte ab. Es sei keine offizielle Weihnachtsfeier der Behörde gewesen, sondern nur die private, selbst organisierte Veranstaltung eines kleinen Teams. Zudem habe die Feier außerhalb der Dienstzeit stattgefunden.
Das SG Berlin hat die Auffassung der Unfallkasse zurückgewiesen und der Klage stattgegeben.
Nach Auffassung des Gerichts lag ein Arbeitsunfall vor. Dazu zählten alle Unfälle, die der versicherten Arbeit zuzurechnen sind, im Unterschied zu Unfällen im privaten Bereich. Unfälle im Zusammenhang mit Betriebsfeiern oder Betriebsausflügen seien versichert, wenn es sich um eine „betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung“ handelt. Nach der Befragung der damaligen Teamleiterin hat das Gericht festgestellt, dass die vom BSG in ständiger Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen für eine Betriebsfeier vorlagen:

-Die Feier soll die Betriebsverbundenheit unter Kollegen und mit den Chefs fördern,
-der Chef billigt und fördert die Feier, übernimmt z.B. die Organisation. Er oder sein Vertreter machen selbst mit (oder hatten dies – wie hier – zumindest fest vor).
-Alle Betriebsangehörigen (bei großen Betrieben – wie hier – wenigstens alle einer Abteilung) können teilnehmen, nicht nur einige ausgewählte.

(SG Berlin 12.12.2010 S 163 U 562/09)

VonHagen Döhl

Rodeln im Stadtpark auf eigene Gefahr

Nicht immer können Grundstückseigentümer als Verkehrssicherungspflichtige für eigene Unachtsamkeiten von Unfallgeschädigten haftbar gemacht werden.
Das OLG Hamm hat entschieden, dass eine gerichtlich in Anspruch genommene Stadt aus Verkehrssicherungsgründen nicht verpflichtet ist, potentielle Rodler im Stadtpark auf einen Absatz im Hang hinzuweisen oder diesen Hang fürs Rodeln zu sperren.
Der Kläger rodelte im Januar 2009 auf einer Nebenstrecke im Stadtpark und stürzte an dem unteren Ende des Hanges. An dieser Stelle war der Hang durch einen mit einer Mauer abgefangenen Absatz zu einem tiefer liegenden Weg durchbrochen. Seine gegen die Stadt gerichtete Klage auf Schadensersatz blieb in erster Instanz erfolglos.
Das OLG Hamm hat die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt.
Es bestehe schon keine abhilfebedürftige Gefahrenquelle, weil das Gelände nicht als Rodelfläche, sondern als Park konzipiert und mit Mauerabgrenzungen versehene Wege dort nicht untypisch sind. Den Kläger treffe zudem ein überwiegendes Mitverschulden. Er hätte nicht darauf vertrauen dürfen, dass jeder Hang durchgängig befahrbar ist. Der Kläger hätte sich vorab von der Eignung als Rodelpiste überzeugen, bei der Abfahrt auf Sicht fahren, seinen Schlitten stets kontrollieren und sich auf Bodenunebenheiten einstellen müssen.
(OLG Hamm, Urteil vom 3.9.2010 I-9 U 81/10)
Auch wenn der Grundstückseigentümer grundsätzlich für die Verkehrssicherheit verantwortlich ist, entbindet dies Dritte nicht von Ihrer Pflicht zur eigenen Aufmerksamkeit und Umsicht.

VonHagen Döhl

Weniger Arbeitslosengeld für betrunkenen Taxifahrer

Nachricht | Das Hessische LSG hat entschieden, dass gegenüber einem Berufskraftfahrer, der wegen Alkohols am Steuer seine Fahrerlaubnis und deshalb seinen Job verloren hat, eine Sperrzeit von zwölf Wochen gerechtfertigt ist.
(Hessisches Landessozialgericht L 6 AL 13/08)

VonHagen Döhl

Säumige Zahler werden stärker bestraft

Das Europäische Parlament hat am 20.10.2010 grünes Licht für eine von der Kommission vorgelegte Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug gegeben.

Demnach drohen künftig Zahlungsmuffeln automatisch Verzugszinsen. Zudem sollen die Zahlungsfristen auf einen Zeitraum von 30 Tagen harmonisiert werden. Diese Frist wird gleichermaßen für Unternehmen und für Behörden gelten. Unternehmen sollen dadurch einen Liquiditätszuwachs von 180 Milliarden Euro erhalten.

„Wer arbeitet, hat ein Recht auf fristgerechte Bezahlung“, sagte Antonio Tajani, Kommissionsvizepräsident und zuständig für Industrie und Unternehmertum. „Das ist ein einfaches Gebot der Fairness; es ist aber auch entscheidend für die Solididät eines Unternehmens, seine Finanzen und seinen Zugang zu Krediten oder zu Finanzierungen.“ Geplant ist weiterhin, die Verzugszinsen in Höhe von 8% über dem Referenzsatz der Europäischen Zentralbank anzusetzen.

VonHagen Döhl

Unterlassene Lektüre eines Emissionsprospektes

Eine grob fahrlässige Unkenntnis des Beratungsfehlers eines Anlageberaters oder der unrichtigen Auskunft eines Anlagevermittlers ergibt sich nicht schon allein daraus, dass es der Anleger unterlassen hat, das ihm überreichte Emissionsprospekt durchzulesen und auf diese Weise die Ratschläge und Auskünfte des Anlageberaters oder -vermittlers auf ihre Richtigkeit hin zu kontrollieren.
(BGH-Urteil vom 08.07.2010 – III ZR 249/09)

VonHagen Döhl

Umgangsstreit um Hund

Das AG München hatte einen Streit zwischen zwei ehemaligen Lebensgefährten um den gemeinsamen Hund zu entscheiden.
Ein befreundetes Paar hatte während des Zusammenlebens einen Hund erworben. Der damalige Kaufpreis betrug 950 Euro. Als sich beide trennten, vereinbarten sie, dass der Hund unter der Woche beim Mann bleiben sollte. Am Wochenende nahm die Frau ihn zu sich. Anfang 2010 gab die ehemalige Lebensgefährtin den Hund nicht an ihren früheren Freund zurück. Zum einen gehöre der Hund eigentlich ihr, da er ihr geschenkt worden sei. Zum anderen habe ihr ehemaliger Partner stets Vorwürfe erhoben, dass es dem Hund bei ihr schlecht ginge. Sie befürchte daher auch, dass sie den Hund irgendwann nicht mehr bekomme. Der Ex-Freund war dagegen der Auffassung, der Hund müsse bei ihm sein. Schließlich könne seine frühere Freundin wegen ihrer Berufstätigkeit unter der Woche den Hund gar nicht betreuen. Der neue Partner seiner Freundin habe auch einen eigenen Hund, mit dem sich sein Hund teilweise nicht vertrage. Auch in dem Anwesen seiner früheren Freundin gebe es einen Hund, mit dem seiner Streit habe. Außerdem komme sie mit dem Hund auch nicht zurecht, er bekomme Billigfutter. Er werde auch immer mal wieder weggesperrt und sei auch oft krank geworden. Außerdem habe er ihn ihr nie geschenkt. Die Behauptungen ihres Ex-Freundes wies die Frau alle zurück. Daraufhin erhob der Mann Klage vor dem AG München. Er beantragte, die Frau zu verpflichten, den Hund unter der Woche wieder ihm zu übergeben.
Das AG München versuchte, diese verfahrene Situation zu lösen. Es gab zum einen zu bedenken, dass auch bei einem Miteigentum beider Parteien jeder die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft verlangen könne, was dazu führen könnte, dass der Hund verkauft und der Erlös geteilt werden müsste. Da die Fronten so verhärtet seien, sei die bisherige Lösung doch auch nicht mehr praktikabel. Im Interesse des Hundes sei es doch besser, man würde sich anderweitig einigen.
Daraufhin schlossen die Parteien einen Vergleich: Die ehemalige Freundin zahlte an den früheren Partner 425 Euro und durfte darauf hin den Hund behalten.
(AG München | 275 C 9063/10)

VonHagen Döhl

Keine Reisebeeinträchtigung wegen Hotel-Bekleidungsvorschrift zum Abendessen

Das AG München hat entschieden, dass die Verpflichtung, zum Abendessen in einem gehobenen Hotel eine lange Hose zu tragen, keine Beeinträchtigung der Reise darstellt.
Ein Ehepaar buchte bei einem Reiseunternehmen für den August 2009 eine zehntägige Pauschalreise mit Halbpension nach Heraklion zum Preis von 2.074 Euro. Als sie sich zum Abendessen in das Restaurant des Hotels begaben, wurde der Mann darauf hingewiesen, dass er doch bitte statt der ¾-langen Hose eine lange tragen möchte. Dieser fühlte sich ungerecht behandelt und bloßgestellt und verlangte 414 Euro zurück. Im Reisekatalog sei kein Hinweis auf den Kleiderzwang vorhanden gewesen. Ansonsten hätten sie den Urlaub auch nicht gebucht. Er und seine Ehefrau seien aus beruflichen Gründen im täglichen Leben auf das Tragen von geschäftsmäßiger Kleidung angewiesen und wollten sich daher gerade im Urlaub einer Kleiderordnung nicht unterwerfen. Das Reiseunternehmen zahlte nicht. Eines Hinweises im Katalog hätte es nicht bedurft. In einem Hotel der gehobenen Mittelklasse sei es selbstverständlich, in langen Hosen zum Abendessen zu erscheinen.
Das AG München hat die Klage abgewiesen.
Die landestypische Verpflichtung, zum Abendessen in einem gehobenen Hotel eine lange Hose zu tragen, stelle keine Beeinträchtigung der Reise dar. Dass es auch und gerade in südeuropäischen Ländern üblich ist, zur Schonung des ästhetischen Empfindens anderer Hotelgäste wenigstens abends lange Beinkleidung vorzuschreiben, sei gerichtsbekannt und dürfte auch dem Kläger geläufig sein. Die Wirksamkeit einer solchen Bekleidungsvorschrift hänge auch nicht davon ab, ob sie in der Katalogbeschreibung des Hotels aufgeführt ist. Es handele sich um eine Ausprägung lokaler Sitten und Gebräuche, die bei einem Reisenden als bekannt vorausgesetzt werden dürfen, von diesem jedenfalls hinzunehmen sind. Auf alle landestypischen Gebräuche, denen ein Reisender möglicherweise ausgesetzt sein kann und die hinsichtlich einer möglichen Beeinträchtigung unterhalb jeglicher Erheblichkeitsschwelle liegen, könne ein Reiseunternehmen in keinem Katalog hinweisen. Ist jemand nicht bereit, sich bei Auslandsreisen in gewissem Maße landestypischen Gebräuchen zu beugen, müsse er zuhause bleiben. Ergänzend werde angemerkt, dass der Kläger nicht gezwungen gewesen ist, eine „geschäftsmäßige Kleidung“ zu tragen. Verlangt worden sei lediglich eine lange Hose, die der Kläger auch mit sich führte.
Das Urteil ist rechtskräftig.
(AG München 16.06.2010 223 C 5318/10)

VonHagen Döhl

BVerfG weist Verfassungsbeschwerde gegen spickmich.de ab

Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde einer Lehrerin gegen die Internetplattform spickmich.de, auf der Schüler ihre Lehrer benoten können, abgelehnt. Damit endet die Auseinandersetzung um die spickmich-Lehrerbenotung, die zuletzt vom Bundesgerichtshof (NJW 2009, 2888) als zulässig anerkannt worden war. Das Bundesverfassungsgericht habe klar bestätigt, dass Lehrer sich einer Beurteilung ihrer beruflichen Leistung im Internet stellen müssen, kommentiert Tino Keller von spickmich.de die am 22.09.2010 bekannt gewordene Entscheidung.

VonHagen Döhl

VG Braunschweig: Zeugnisnoten dürfen von rechnerischem Durchschnitt abweichen

Lehrer müssen nicht immer die Note vergeben, die sich rechnerisch aus den einzelnen Bewertungen der schriftlichen und mündlichen Schülerleistungen ergibt. Sie dürfen gerade auch für Versetzungszeugnisse negativ berücksichtigen, wenn sich die Leistungen zuletzt deutlich verschlechtert haben und gravierende Lücken im fachbezogenen Grundwissen bestehen. Dies hat die für das Schulrecht zuständige Sechste Kammer des Verwaltungsgerichts Braunschweig mit Eilbeschluss vom 10.08.2010 entschieden. Die Kammer hat mit dieser Begründung die von einer Lehrerin vergebene Note «mangelhaft» als rechtmäßig angesehen, obwohl sich rechnerisch eine Note von 4,41 ergeben hatte (Az.: 6 B 149/10).

VonHagen Döhl

Deutschland braucht besseren Rechtsschutz gegen überlange Gerichtsverfahren

Deutschland soll so schnell wie möglich ein wirksames Beschwerderecht gegen überlange Gerichtsverfahren einführen. Diese Aufforderung teilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem am 02.09.2010 gefällten Urteil der Bundesregierung mit. Fehlende Rechtsmittel gegen überlange Verfahren seien in Deutschland ein strukturelles Problem, hieß es darin. Deutschland habe zwar kürzlich einen Gesetzentwurf über Rechtsmittel gegen überlange Verfahren vorgelegt, doch konkret sei die Situation nicht verbessert worden.