Kategorien-Archiv Verkehrsrecht

VonHagen Döhl

Verkehrsverstöße unter Termindruck

Nach einer Entscheidung des OVG Bautzen (Beschluss vom 15.05.2008 – 3 BS 411/07, VRR 2008, 283) ist die Fahrerlaubnis wegen mangelnder Eignung zu entziehen, wenn der Inhaber unzuverlässig im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 Fahrerlaubnisverordnung ist, weil er unter Termindruck Verkehrsverstöße begangen hat, die bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls ernsthaft befürchten lassen, dass er auch zukünftig die besonderen Sorgfaltspflichten im Straßenverkehr missachten wird.

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Wahrheitswidrige Benennung einer Person als Täter

Wenn der Betroffene in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren gegenüber einer Behörde wahrheitswidrig eine andere Person benennt, die Täter der ihm zur Last gelegten Tat sein soll, kann dies nach einer Entscheidung des OLG Celle (Beschluss vom 21.06.2007 – 32 SS 89/07, DAR 2007, 713) eine falsche Verdächtigung im Sinne von § 164 StGB darstellen. Es liegt nur dann keine falschen Verdächtigung vor, wenn zu dem Zeitpunkt der falschen Benennung gegenüber der anderen (genannten) Person bereits die Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Dann fehlt der wahrheitswidrigen Benennung die Eignung, sanktionsrechtliche Maßnahmen gegen die verdächtige Person auszulösen.

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Fahrlehrer darf während Übungsfahrt nicht telefonieren

Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde eines Fahrlehrers ohne Begründung nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 02.06.2009, Az.: 2 BvR 901/09), wie das Gericht jetzt mitteilte. Der Fahrlehrer war wegen verbotenen Mobiltelefonierens während einer Fahrschulübungsfahrt als Führer eines Kraftfahrzeugs zu einer Geldbuße von 40 Euro verurteilt worden. Seine Verfassungsbeschwerde richtete sich gegen die Verwerfung eines Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen die amtsgerichtliche Entscheidung.

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zulässige Abrechnung des Schadens auf Neuwagenbasis

Der Geschädigte, dessen neuer PKW erheblich beschädigt worden ist, kann den ihm entstandenen Schaden nur dann auf Neuwagenbasis abrechnen, wenn er ein fabrikneues Ersatzfahrzeug gekauft hat.
(BGH Urteil 09.06.2009, VI ZR 110/08)

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Angehörige von Freiwilligen Feuerwehren, Rettungsdiensten und des Bundeskatastrophenschutzes können in Zukunft mit dem Führerschein der Klasse B auch Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von 7,5 Tonnen fahren.

Einem entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 16/13108 – PDF, 176 KB) zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes stimmte der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung am 01.07.2009 in geänderter Fassung zu. Bei Freiwilligen Feuerwehren, Rettungsdiensten, den technischen Hilfsdiensten und dem Katastrophenschutz stehen laut Begründung immer weniger Fahrer für Einsatzfahrzeuge zur Verfügung, da seit 1999 mit einer Fahrerlaubnis der Klasse B nur noch Kraftfahrzeuge bis zu einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 3,5 Tonnen gefahren werden dürfen. Für Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von bis zu 7,5 Tonnen ist seitdem eine Fahrerlaubnis der Klasse C1 erforderlich. Lediglich Führerscheininhaber, die vor dem 01.01.1999 ihren Führerschein gemacht hätten, könnten aufgrund des für sie geltenden Bestandschutzes auch diese Fahrzeuge mit dem bisherigen Führerschein der alten Klasse 3 fahren. Um die Einsatzfähigkeit zu erhalten, müsse der Kreis der Fahrer von Einsatzfahrzeugen erweitert werden, heißt es zur Begründung.

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Drei-Jahres-Frist für Flensburg-Punkte

Die Union will die Flensburger Verkehrssünderdatei überarbeiten. Verstöße sollen einzeln gelten, Verfallsfristen für schwere Delikte dafür steigen.
Ziel der Reformüberlegungen der Unionsfraktion sei es, Vergabe und Verfall der Punkte plausibler zu gestalten. Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr sollen demnach auch weiterhin gewichtet ins Register eingetragen werden.
Punkte für Ordnungswidrigkeiten sollen nach Wunsch der Union künftig generell nach drei Jahren gelöscht werden. Laut dem Plan von Verkehrsexperten von CDU und CSU würden etwa Punkte für Verstöße gegen das Handy-Verbot, für Tempo-Überschreitungen oder Rotlicht-Vergehen nach drei Jahren aus dem Zentralregister beim Flensburger Kraftfahrt-Bundesamt gelöscht. Bislang gilt die Regel, dass solche Punkte frühestens nach zwei Jahren gelöscht werden.
In Zukunft soll die Löschung unabhängig davon erfolgen, ob in der Zwischenzeit neue Einträge hinzugekommen sind. Bisher beträgt die Verfallsfrist für Punkte in Flensburg bei Ordnungswidrigkeiten zwar nur zwei Jahre. Diese Frist verlängert sich aber automatisch um jeweils weitere zwei Jahre, wenn ein Verkehrsteilnehmer innerhalb der ursprünglichen Verfallsfrist neue Punkte kassiert. In der Folge kann es bei Wiederholungstätern zu einer Anhäufung von Punkten über einen längeren Zeitraum und einem Verlust des Führerscheins bei insgesamt 18 Punkten kommen.
Dagegen sollen für schwere Verstöße die Verfallsfristen dem Plan zufolge steigen, und zwar für Alkohol- und Drogenfahrten von fünf auf sechs Jahre und für Straftaten im Straßenverkehr wie das Fahren ohne Führerschein von zehn auf zwölf.

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Richtervorbehalt bei Anordnung einer Blutprobe

Wird entsprechend einer langjährigen Praxis die Anordnung einer Blutprobe von einem Polizeibeamten ohne vorherige Einschaltung der Staatsanwaltschaft oder des Amtsgerichtes angeordnet, so unterliegt die Blutprobe einem Verwertungsverbot.

Dem Beschuldigten wurde nach einem Verkehrsunfall eine Blutprobe entnommen. Sie ergab einen BAK-Wert von 2,6 Promille. Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten wegen Vollrausches zu einer Geldstrafe und entzog ihm gleichzeitig die Fahrerlaubnis. Auf die Revision des Angeklagten hob das OLG Hamm das angefochtene Urteil auf.
Das OLG verweist darauf, dass die Blutprobe unter Verstoß gegen den Richtervorbehalt des § 81a Abs. 2 StPO erfolgt ist. Gefahr im Verzug hat nicht vorgelegen. Der Sachverhalt ist derartig einfach gewesen, dass auch eine richterliche Anordnung auf telefonischem Wege einholbar gewesen wäre. Das OLG weist ausdrücklich darauf hin, dass nicht jede richterliche Anordnung zwingend erst nach Aktenvorlage erfolgen kann. Auch das Argument, dass durch den Abbau des Alkohols möglicherweise die entsprechenden Grenzwerte unterschritten werden könnten, ist nicht zwingend, da man zur Vermeidung von Zeitverzögerungen 2-stufig vorgehen kann. So ist es möglich, den Angeklagten auf der Grundlage des § 81a StPO allein auf Grund einer Anordnung der Ermittlungsperson festzuhalten und sich mit ihm auf den Weg zur Blutentnahme zu machen. Währenddessen hätte man versuchen können, fernmündlich die richterliche Anordnung für das weitere Vorgehen zu erhalten.
(OLG Hamm, Beschluss vom 12.03.2009 – 3 Ss 31/09).

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BGH: Unbefugt auf Privatgrundstück Parkender muss Abschleppkosten selbst tragen

Unbefugt auf fremden Grundstücken abgestellte Kraftfahrzeuge dürfen abgeschleppt werden und müssen nur gegen Bezahlung der Abschleppkosten herausgegeben werden. Dies hat der unter anderem für Rechtstreitigkeiten aus Eigentum und Besitz an Grundstücken zuständige Fünfte Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden (Urteil vom 05.06.2009, Az.: V ZR 144/08).

Der Beklagte ist Eigentümer eines Grundstücks, das als Parkplatz für mehrere Einkaufsmärkte genutzt wird. Auf diese Zweckbestimmung wird auf Schildern hingewiesen, ebenso darauf, dass widerrechtlich abgestellte Fahrzeuge kostenpflichtig abgeschleppt werden. Dennoch stellte der Kläger am 20.04.2007 seinen Pkw unbefugt auf dem Parkplatz ab. Zwischen 19.00 Uhr und 19.15 Uhr wurde sein Fahrzeug von einem Unternehmer abgeschleppt, der aufgrund Vertrages mit dem Beklagten beauftragt ist, die Nutzung des Parkplatzes zu kontrollieren und – unter bestimmten Voraussetzungen – widerrechtlich abgestellte Fahrzeuge zu entfernen. Der Vertrag regelt auch die Höhe der Abschleppkosten. Der Kläger löste das Fahrzeug gegen Bezahlung der Abschleppkosten in Höhe von 150 Euro sowie so genannter Inkassokosten in Höhe von 15 Euro aus. Er nimmt mit der vorliegenden Klage den Beklagten auf Erstattung der Kosten in Anspruch. Amts- und Landgericht haben die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Revision zur Klärung der Frage zugelassen, unter welchen Voraussetzungen dem Besitzer bei unbefugt abgestellten Fahrzeugen ein Selbsthilferecht zusteht und ob er die Wahrnehmung der damit verbundenen Maßnahmen einem Abschleppunternehmen übertragen darf.

Der BGH hat beide Fragen bejaht und die Revision des Klägers insoweit zurückgewiesen. Er hat zunächst klargestellt, dass der Rückzahlungsanspruch nur unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 BGB) begründet sein könne. Das setze voraus, dass der Beklagte kein Recht zum Abschleppen des Fahrzeugs gehabt habe und der Kläger deshalb nicht zur Zahlung der Abschleppkosten verpflichtet gewesen sei. Diese Voraussetzungen hat der BGH als nicht gegeben angesehen. Er hat das unbefugte Abstellen des Fahrzeugs als Beeinträchtigung des unmittelbaren Besitzes des Beklagten an der Parkplatzfläche und damit als verbotene Eigenmacht im Sinne des § 858 BGB qualifiziert. Zur Beseitigung der Beeinträchtigung habe der Beklagte sofort sein ihm von dem Gesetz gewährtes Selbsthilferecht (§ 859 BGB) ausüben dürfen.

Dieses gelte zwar nach dem sich aus § 242 BGB ergebenden Grundsatz von Treu und Glauben nicht schrankenlos. Es habe aber hier – auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit – keiner Einschränkung unterlegen. Selbst wenn auf dem Gelände andere Parkplätze frei gewesen seien, stünde das der Befugnis des Beklagten zum Abschleppen nicht entgegen. Denn der unmittelbare Grundstücksbesitzer könne sich der verbotenen Eigenmacht unabhängig davon erwehren, welches räumliche Ausmaß sie habe und ob sie die Nutzungsmöglichkeit von ihr nicht betroffener Grundstücksteile unberührt lasse. Dieses Recht habe der Beklagte nicht anders als durch Abschleppen durchsetzen können.

Dass er sich dafür des Abschleppunternehmens bedient habe, sei grundsätzlich rechtlich nicht zu beanstanden. Dies gelte hier umso mehr, als die zwischen dem Beklagten und dem Abschleppunternehmen getroffene Vereinbarung von dem Bestreben gekennzeichnet sei, rechtsmissbräuchliche Abschleppvorgänge, die zum Beispiel auf bloßer Gewinnsucht des Abschleppunternehmens beruhten, zu verhindern. Deshalb sei der Kläger zur Bezahlung der Abschleppkosten an den Beklagten unter dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes verpflichtet gewesen.

Den Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der Inkassokosten hat der BGH im Gegensatz zu den Vorinstanzen für begründet gehalten, weil der Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt diese Kosten habe zahlen müssen.

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Aufklärungspflicht des Mietwagenunternehmers bei Unfallersatztarif

Bietet der Mietwagenunternehmer dem Unfallgeschädigten einen besonderen für Unfallersatzfahrzeuge entwickelten Tarif an, der über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt liegt, und besteht daher die Gefahr, dass die Haftpflichtversicherung des Schädigers nicht den vollen Tarif erstattet, so muss er den Mieter darüber aufklären (Fortführung der Senatsurteile vom 28. Juni 2006 – XII ZR 50/04 – NJW 2006, 2618, BGHZ 168, 168 und vom 24. Oktober 2007 – XII ZR 155/05 – NJW-RR 2008, 470).
BGH Urteil 25.03.2009, XII ZR 117/07

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Polizeibeamter kann qualifizierten Rotlichtverstoß durch Mitzählen feststellen

Grundsätzlich kann im Rahmen einer gezielten Ampelüberwachung die Feststellung eines qualifizierten Rotlichtverstoßes aufgrund der Schätzung von Polizeibeamten festgestellt werden, wenn der Polizeibeamte durch Zählen («einundzwanzig, zweiundzwanzig») zu einer Schätzung gelangt, wonach die Rotlichtphase bei Überfahren der Haltelinie schon mindestens zwei Sekunden andauerte. Diese Schätzung muss aber für das Tatgericht und das Rechtsbeschwerdegericht überprüfbar sein. Deswegen muss das tatrichterliche Urteil Feststellungen dazu enthalten, nach welcher Methode die Zeit geschätzt wurde und Angaben zum Ablauf des Rotlichtverstoßes, zur Entfernung des Fahrzeugs zur Lichtzeichenanlage und zu einer vorhandenen Haltelinie treffen. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden.
OLG Hamm, Beschluss vom 12.03.2009 – 3 Ss OWi 55/09