Kategorien-Archiv Verkehrsrecht

VonHagen Döhl

Abschleppen bei verbotswidrigem Parken auf Behindertenparkplatz?

Das VG Neustadt hat entschieden, dass ein Kraftfahrer, der verbotswidrig auf einem von mehreren öffentlichen Behindertenparkplätzen parkt, auch dann abgeschleppt werden kann, wenn die anderen Behindertenparkplätze unbesetzt sind.
(VG Neustadt (Weinstraße) | 5 K 369/11.NW)

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Schwieriger Schadensbeweis bei Autowaschanlagen mit Schlepptrosse

Das LG Berlin hat entschieden, dass ein Autofahrer, der einen Schaden an seinem Fahrzeug nach Benutzung einer Autowaschstraße mit Schlepptrossenbetrieb geltend macht, in vollem Umfang beweisen muss, dass der Schaden allein aus dem Verantwortungsbereich des Betreibers herrührt.
Das Fahrzeug einer Berliner Autofahrerin war in einer Waschstraße bei einer Kollision mit dem Trocknungsgebläse beschädigt worden. Sie machte gegen den Betreiber der Anlage Schadensersatzansprüche geltend.
Das AG Schöneberg hatte in erster Instanz der Klage stattgegeben.
Das LG Berlin hat ihre Klage abgewiesen.
Nach Auffassung des Landgerichts kommen dem Autofahrer besondere Beweiserleichterungen deshalb nicht zu Gute, weil Schäden auch durch den Fahrer verursacht sein könnten, der in seinem Fahrzeug an einer Schlepptrosse durch die Anlage hindurchgezogen wird. Es sei trotz Sachverständigengutachtens nicht zu klären, worauf der Schaden zurückzuführen sei.
Anders sei die Beweissituation in den Fällen, in denen der Benutzer sein Fahrzeug in der Waschanlage abstelle und der Waschvorgang automatisch ablaufe. In solchen Fällen spräche bei Fahrzeugschäden der erste Anschein für ein Verschulden des Anlagenbetreibers, weil der Fahrzeuginhaber keine Einwirkungsmöglichkeit auf die Bewegungen des Fahrzeuges und den Waschvorgang habe. Das Schadensrisiko träfe dann allein den Waschstraßenbetreiber.
(LG Berlin 4.7.2011 51 S 27/11)

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Verwendung einer Mini-Parkscheibe nicht erlaubt

Das OLG Brandenburg hat entschieden, dass ein Autofahrer, der zum Nachweis der Parkdauer eine Parkscheibe verwendet, die erheblich kleiner ist als die vom deutschen Gesetzgeber vorgeschriebene, eine Ordnungswidrigkeit begeht.
Der Betroffene hatte in der Stadt Forst auf einem Parkplatz, auf dem die Verwendung einer Parkscheibe vorgeschrieben war, eine Miniaturparkscheibe mit den Maßen von 40 mm x 60 mm verwendet. Dies hatte das AG Cottbus als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von 5 Euro geahndet.
Die dagegen eingelegte Rechtsbeschwerde hat das OLG Brandenburg als unbegründet verworfen.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts hat der Gesetzgeber die Parkscheibe nach Gestaltung und Größe definiert. Sie habe demnach Abmessungen von 110 mm x 150 mm aufzuweisen. Dem Sinn und Zweck des Gesetzes entspreche es, dass eine Parkscheibe eine bestimmte Mindestgröße aufweisen müsse. Dies ermögliche ein leichtes Ablesen der eingestellten Zeit und damit auch eine wirksame Kontrolle der Höchstparkdauer. Dem werde die Verwendung eines Zeitnachweises, der, wie in dem entschiedenen Fall, um ein Vielfaches kleiner sei, nicht gerecht.
(OLG Brandenburg 2.8.2011 (2Z) 53 Ss-Owi 495/10 (238/10)

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Klausel über Garantieansprüche gegen Fahrzeughersteller

In einer formularmäßigen Vereinbarung über eine Anschlussgarantie für Materialoder Herstellungsfehler eines Kraftfahrzeugs, die der Fahrzeughersteller einem Fahrzeugkäufer gegen Entgelt gewährt, ist eine Klausel, nach der Garantieansprüche davon abhängen, dass der Garantienehmer die nach den Herstellerangaben erforderlichen Wartungen in den vorgegebenen Intervallen von einer Vertragswerkstatt des Herstellers durchführen lässt, wegen unangemessener Benachteiligung des Garantienehmers unwirksam, wenn sie Garantieansprüche unabhängig davon ausschließt, ob eine Verletzung der Wartungsobliegenheit für den eingetretenen Schaden ursächlich geworden ist (Fortführung der Senatsurteile vom 17. Oktober 2007 – VIII ZR 251/06, WM 2008, 263, und vom 12. Dezember 2007 – VIII ZR 187/06, WM 2008, 559).
(BGH Urteil 06.07.2011, VIII ZR 293/10)

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Schuldanerkenntnis nach Verkehrsunfall

Im Verkehrsunfallprozess besitzt eine an der Unfallstelle abgegebene spontane Äußerung im Regelfall nicht die Rechtswirkungen eines konstitutiven oder deklaratorischen Schuldanerkenntnisses. Allerdings ist die Unfallschilderung eines Unfallbeteiligten im Rahmen der freien Beweiswürdigung als gewichtiges Indiz zu würdigen (§ 781 BGB).
(OLG Saarland, Urteil vom 01.03.2011 – 4 U 370/10 -110)

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BGH: Versicherer kann nach Trunkenheitsfahrt Leistung auf Null kürzen

Ein Leistungskürzungsrecht des Versicherers nach § 81 Abs. 2 VVG wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles scheidet aus, wenn der Versicherungsnehmer aufgrund hoher Blutalkoholkonzentration unzurechnungsfähig war. Für den Fall, dass eine Unzurechnungsfähigkeit des Klägers im Zeitpunkt des Unfalls vorgelegen hat, könne der Vorwurf der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles allerdings auch an ein zeitlich früheres Verhalten anknüpfen, so die Richter des Bundesgerichtshofes in einem Urteil vom 22.06.2011 weiter. Der Versicherer dürfe bei festgestellter grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles durch den Versicherungsnehmer in Ausnahmefällen die Leistung auch vollständig versagen, so die Richter weiter. Das könne bei absoluter Fahruntüchtigkeit je nach den Umständen des Einzelfalles in Betracht kommen (Az.: IV ZR 225/10).

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BGH: Für Frage der Erheblichkeit eines Mangels kommt es bei Rücktritt vom Kfz-Kauf auf Zeitpunkt der Rücktrittserklärung an

Für die Beurteilung der Frage, ob beim Kfz-Kauf ein Mangel des gelieferten Fahrzeugs unerheblich ist und der Käufer deswegen nicht vom Kaufvertrag zurücktreten kann, ist auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung abzustellen. Dies bekräftigt der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 15.06.2011 (Az.: VIII ZR 139/09).

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Zulässiges Fahrradfahren trotz entzogener Kfz-Fahrerlaubnis

Das OVG Koblenz hat entschieden, dass es unzulässig ist, einem allein beim Führen eines Kraftfahrzeugs unter Alkoholeinfluss aufgefallenen Verkehrsteilnehmer das Fahrradfahren zu verbieten.
Der Antragsteller stellte einen Antrag auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis, welche ihm entzogen wurde, weil er ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss (1,1 ‰ Blutalkoholkonzentration) geführt hatte. Daraufhin forderte die Straßenverkehrsbehörde ihn auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten zur Frage vorzulegen, ob er Alkoholgenuss und das Führen nicht nur eines Kraftfahrzeuges, sondern auch eines Fahrrads trennen kann. Nachdem der Antragsteller sich geweigerte hatte ein solches Gutachten vorzulegen, lehnte die Straßenverkehrsbehörde die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis ab und verbot ihm unter Anordnung des Sofortvollzugs zusätzlich das Führen eines Fahrrads.
Den Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen dieses Verbot wiederherzustellen, lehnte das Verwaltungsgericht ab.
Das OVG Koblenz hat hingegen der Beschwerde des Antragstellers stattgegeben.
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts darf die Straßenverkehrsbehörde einem Verkehrsteilnehmer, der allein als Kraftfahrer alkoholauffällig wurde, nicht das Führen eines Fahrrads verbieten, weil er kein medizinisch-psychologisches Gutachten zur Frage vorgelegt hat, ob er zwischen dem Fahren eines solchen Fahrzeuges und dem Alkoholgenuss trennen kann.
Zwar dürfe die Fahrerlaubnisbehörde bei Zweifeln an der Fahreignung die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anordnen und von der Ungeeignetheit eines Verkehrsteilnehmers zum Führen eines Fahrzeuges ausgehen, falls dieser sich grundlos weigere, ein solches Gutachten vorzulegen. Eignungszweifel bestünden beim Antragsteller jedoch nicht hinsichtlich des Trennungsvermögens zwischen Alkoholkonsum und dem Führen eines Fahrrads. Sie ergäben sich nicht allein daraus, dass er einmal beim Führen eines Kraftfahrzeugs unter Alkoholeinfluss aufgefallen sei. Zusätzliche sonstige Anhaltspunkte für eine naheliegende und konkrete Gefährdung der Verkehrssicherheit durch den Antragsteller beim Fahrradfahren, welche an die Gefahr heranreiche, welche von auffällig gewordenen Kraftfahrern ausgehe, lägen nicht vor. Insbesondere sei der Antragsteller bisher beim Fahrradfahren nicht auffällig geworden. Habe die Fahrerlaubnisbehörde deshalb vom Antragsteller kein medizinisch-psychologisches Gutachtens über seine Eignung als Fahrradfahrer verlangen können, habe sie ihm das Fahrradfahren auch nicht verbieten dürfen, weil er ein solches Gutachten nicht vorgelegt habe.
(Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz 08.06.2011 10 B 10415/11.OVG)

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Vorwurf der Fahrlässigkeit bei Drogenfahrt

Der Vorwurf des fahrlässigen Führens eines Fahrzeuges unter der Wirkung berauschender Mittel nach § 24 a Abs. 2 und 3 StVG kann im Hinblick auf die Wirkung von Cannabis zum Tatzeitpunkt nur erhoben werden, wenn der Konsum entweder nachgewiesenermaßen zeitnah erfolgt ist oder im Falle eines länger zurückliegenden Konsums weitere Umstände hinzutreten, die es für den Betroffenen erkennbar gemacht haben, dass die Wirkung des von ihm vor längerer Zeit genossenen Cannabis unter Umständen noch fortdauert (Kammergericht VA 10, 86; 09, 195; OLG Frankfurt VRR 10, 432).

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Halterhaftung, Vollstreckung österreichischer Geldbußen gegen den Halter eines Fahrzeugs

Eine Vollstreckung österreichische Geldbußen wegen nicht Benennung des Fahrers ist in der Bundesrepublik Deutschland (vorläufig) nicht möglich. Sie kann gegen verfassungsrechtliche Grundsätze, wie dem Verbot des Zwangs zur Selbstbezichtigung oder dem Schutz des Kernbereichs des Angehörigenverhältnisses verstoßen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung von Art. 6 EMRK und des Rahmenbeschlusses 2005/214 / JI des Rates der Europäischen Union (SG Hamburg VA 10, 122).