Kategorien-Archiv Familien- und Erbrecht

VonHagen Döhl

EuGH: Gleichgeschlechtlicher Lebenspartner kann Anspruch auf Witwerrente aus berufsständischem Versorgungssystem haben

Ein gleichgeschlechtlicher Lebenspartner kann Anspruch auf eine Witwerrente aus einem berufsständischen Versorgungssystem haben. Dies gilt nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs zumindest dann, wenn sich der überlebende Lebenspartner in einer Situation befindet, die mit der eines Ehegatten, der die betreffende Hinterbliebenenversorgung erhält, vergleichbar ist (Urteil vom 01.04.2008, Az.: C-267/06).

VonHagen Döhl

BVerfG: Regelmäßig keine zwangsweise Durchsetzung der Umgangspflicht eines umgangsunwilligen Elternteils

Die Verfassungsbeschwerde eines umgangsunwilligen Vaters, der durch Androhung eines Zwangsgeldes zum Umgang mit seinem Kind gezwungen werden sollte, war erfolgreich. Das Bundesverfassungsgericht führte aus, dass ein Kind zwar einen verfassungsrechtlichen Anspruch darauf habe, dass seine Eltern Sorge für es tragen und der mit ihrem Elternrecht verbundenen Pflicht auf Pflege und Erziehung ihres Kindes nachkommen. Allerdings diene ein Umgang mit dem Kind, der nur mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden könne, in der Regel nicht dem Kindeswohl. Daher sei in solchen Fällen die Zwangsmittelvorschrift des § 33 FGG verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass eine zwangsweise Durchsetzung der Umgangspflicht zu unterbleiben habe. Nur, wenn es im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte dafür gebe, dass ein erzwungener Umgang dem Kindeswohl dienen werde, dürfe der Umgang auch mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden (Urteil vom 01.04.2008, Az.: 1 BvR 1620/04).

VonHagen Döhl

Gesetz zur Vaterschaftsfeststellung in Kraft getreten

Ab sofort kann die genetische Abstammung eines Kindes unabhängig von der Anfechtung der Vaterschaft in einem gerichtlichen Verfahren geklärt werden. Dies ermöglicht das «Gesetz zur Klärung der Vaterschaft unabhängig vom Anfechtungsverfahren», das laut Bundesjustizministerium am 31.03.2008 im Bundesgesetzblatt verkündet worden und am 01.04.2008 in Kraft getreten ist.

VonHagen Döhl

Zu der Frage, ob die für den ganztägigen Besuch des Kindergartens anfallenden Kosten einen Mehrbedarf des Kindes begründen

Der u. a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte sich mit der Frage zu befassen, ob der Beitrag für den ganztägigen Kindergartenbesuch einen
Mehrbedarf des Kindes begründet und der barunterhaltspflichtige Elternteil hierfür
aufzukommen hat.
Der Beklagte ist der Vater der am 21. August 2001 nichtehelich geborenen Klägerin. Er ist verheiratet und hat noch drei eheliche Kinder. Durch Jugendamtsurkunde hat er sich
verpflichtet, der Klägerin ab ihrer Geburt monatlichen Unterhalt in Höhe von 100 % des
Regelbetrags der jeweiligen Altersstufe zu zahlen. Die Klägerin, deren Mutter erwerbstätig ist, besucht ganztags einen Kindergarten. Sie macht für die Zeit ab Juli 2004 einen Anspruch auf Mehrbedarf in Höhe des Kindergartenbeitrags von etwa 90 € monatlich (ohne Essensgeld) geltend. Der Beklagte hat sich u. a. auf fehlende Leistungsfähigkeit berufen.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Mit der Revision verfolgt sie ihr Klagebegehren weiter.
Das Oberlandesgericht hat einen über den titulierten Unterhalt hinausgehenden Anspruch auf Zahlung weiteren Unterhalts in Höhe der durch den Kindergartenbesuch entstehenden Kosten verneint. Es hat die Auffassung vertreten, die Kosten für den halbtägigen Besuch des Kindergartens würden durch den vom Kläger gezahlten Unterhalt zuzüglich des auf ihn entfallenden Kindergeldanteils gedeckt. Soweit darüber hinaus Kosten für den ganztägigen Besuch der Einrichtung entstünden, handele es sich um berufsbedingten Aufwand der Mutter. Denn das Kind besuche insoweit den Kindergarten, damit die Mutter einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachgehen könne.
Der Senat hat demgegenüber entschieden, dass die für den Kindergartenbesuch anfallenden Kosten zum Bedarf eines Kindes zu rechnen sind und grundsätzlich keine berufsbedingten Aufwendungen des betreuenden Elternteils darstellen. Wesentlich ist insofern, dass der Kindergartenbesuch unabhängig davon, ob er halb oder ganztags erfolgt, in erster Linie erzieherischen Zwecken dient. Die Aufwendungen hierfür sind deshalb zum Lebensbedarf eines Kindes zu rechnen, der auch die Kosten der Erziehung umfasst.
Einen Mehrbedarf, d.h. einen über den titulierten laufenden Unterhalt hinausgehenden Bedarf, begründen die Kindergartenkosten allerdings nicht in vollem Umfang. Soweit sie für den halbtägigen Besuch anfallen, der heutzutage die Regel ist, sind sie – bei sozialverträglicher Kostengestaltung – grundsätzlich in dem laufenden Kindesunterhalt enthalten, falls dieser das Existenzminimum für ein Kind dieses Alters nicht unterschreitet. Das ist bei Anwendung des bisherigen Rechts, auf dessen Grundlage der Unterhalt in Höhe von 100 % des Regelbetrages tituliert worden ist, hier nicht der Fall.
Einen Mehrbedarf stellen regelmäßig deshalb allein diejenigen Kosten dar, die den Aufwand für den halbtätigen Kindergartenbesuch übersteigen. Insofern ist dem Grunde nach ein Anspruch des Kindes gegeben, für den allerdings grundsätzlich nicht der barunterhaltspflichtige Elternteil allein, sondern beide Eltern anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen aufzukommen haben.
Die Sache war deshalb an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, das die erforderlichen Feststellungen zur Leistungsfähigkeit des Beklagten und zu einer etwaigen Beteiligungsquote der Mutter nachzuholen haben wird.
(BGH Urteil vom 5. März 2008 – XII ZR 150/05)

VonHagen Döhl

Keine einseitige Vermögensbildung des Unterhaltspflichtigen zu Lasten des

Der u. a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte sich mit der Bemessung eines Wohnvorteils des unterhaltspflichtigen Ehegatten und der
Erwerbsobliegenheit eines getrennt lebenden Ehegatten zu befassen.
Die Parteien sind verheiratet; aus ihrer Ehe sind ein volljähriger Sohn und ein bei Trennung 17 Jahre alter Sohn hervorgegangen. Sie waren je zur Hälfte Miteigentümer eines Reihenendhauses mit einem Mietwert von 860 € und einer monatlichen Belastungen für Zins und Tilgung von 580 €. Im Dezember 2004 veräußerte die Klägerin ihren Miteigentumsanteil zum Preis von 75.000 € an den Beklagten. Ende Dezember 2004 trennten sich die Parteien.
Der Beklagte erzielt unterhaltsrelevante Nettoeinkünfte in Höhe von rund 3.250 € monatlich, dem das Oberlandesgericht einen Vorteil mietfreien Wohnens von zunächst rund 425 € und nach einer Umschuldung von rund 260 € hinzugerechnet hat. Die 50 Jahre alte Klägerin erzielt nach einer 15-jährigen Familienpause seit Anfang 2000 aus einer Teilzeittätigkeit (28 Stunden/wöchentlich) unterhaltsrelevante Einkünfte in Höhe von monatlich rund 950 €. Dem hat das Oberlandesgericht ein fiktives Erwerbseinkommen von 260 € hinzugerechnet, das die Klägerin aus einer zumutbaren Nebentätigkeit erzielen könne. Weiter hat es Zinsgewinne der Klägerin aus dem Verkaufserlös des Miteigentums in Höhe von rund 180 € monatlich berücksichtigt.
Das Oberlandesgericht hat den Beklagten unter Berücksichtigung seiner Barunterhaltspflicht für die beiden Kinder verurteilt, an die Klägerin über den freiwillig an sie gezahlten Unterhalt in Höhe von monatlich 257,80 € hinaus weitere 367 € zu zahlen. Dagegen richtet sich die – vom Oberlandesgericht zugelassene – Revision des Beklagten. Er ist der Auffassung, dass ihm nur ein geringerer Wohnvorteil für die Nutzung des eigenen Hauses zurechenbar ist. Zudem sei das Erwerbseinkommen der Klägerin zu gering bemessen, weil sie neben ihrer Teilzeittätigkeit höhere Nebeneinkünfte erzielen könne.
Der Bundesgerichtshof hat das angefochtene Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Die Bemessung des Mietvorteils auf Seiten des Unterhaltspflichtigen hielt der
revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Von dem Vorteil mietfreien Wohnens sind zwar
grundsätzlich die infolge des Eigentumserwerbs entstandenen Kosten abzusetzen, weil der Eigentümer nur in Höhe der Differenz günstiger lebt als ein Mieter. Der Tilgungsanteil der Kreditraten des Unterhaltsschuldners kann aber dann nicht mehr einkommensmindernd berücksichtigt werden, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte nicht mehr von einer mit der Tilgung einhergehenden Vermögensbildung profitiert und anderenfalls eine einseitige Vermögensbildung zu Lasten des Unterhaltsberechtigten vorläge. Nach der Rechtsprechung des BGH kann ein Teil der Tilgung aber als zusätzliche Altersvorsorge berücksichtigt werden und zwar beim Ehegattenunterhalt bis zur Höhe von 4 % des Bruttoeinkommens, hier also in Höhe von rund 200 € monatlich.
Der Bundesgerichtshof hat weiter entschieden, dass von der 50 Jahre alten Klägerin trotz ihrer 15-jährigen Erwerbspause grundsätzlich eine vollschichtige Erwerbstätigkeit verlangt werden kann. Daraus kann sie – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – jedenfalls ein deutlich höheres Einkommen erzielen als aus ihrer Teilzeittätigkeit. Das vom Oberlandesgericht berücksichtigte Einkommen aus einer Nebentätigkeit fängt diese Differenz nicht auf, weil das Berufungsgericht bei der Einkommensbemessung von einem sehr geringen Stundenlohn (6 €) statt von dem gegenwärtig erzielten Einkommen ausgegangen ist.
(BGH Urteil vom 5. März 2008 XII ZR 22/06)

VonHagen Döhl

BGH: Keine einseitige Vermögensbildung des Unterhaltspflichtigen zu Lasten des Unterhaltsberechtigten

In einem Rechtsstreit über die Bemessung eines Wohnvorteils eines unterhaltspflichtigen Ehegatten hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Tilgungsanteil der Kreditraten des Unterhaltsschuldners, den dieser für ein ursprünglich gemeinsam erworbenes Haus aufwenden muss, nicht mehr einkommensmindernd berücksichtigt werden kann, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte nicht mehr von einer mit der Tilgung einhergehenden Vermögensbildung profitiert, da der Unterhaltsschuldner mittlerweile alleiniger Eigentümer des Hauses ist. Der BGH entschied auch, dass von einer getrennt lebenden Ehegattin auch nach einer 15-jährigen Erwerbspause verlangt werden könne, einer Beschäftigung in Vollzeit nachzugehen.

Die Parteien sind verheiratet; aus ihrer Ehe sind ein volljähriger und ein bei Trennung 17 Jahre alter Sohn hervorgegangen. Beide Ehepartner waren je zur Hälfte Miteigentümer eines Reihenendhauses mit einem Mietwert von 860 Euro und einer monatlichen Belastung für Zins und Tilgung von 580 Euro. Im Dezember 2004 veräußerte die Klägerin ihren Miteigentumsanteil zum Preis von 75.000 Euro an den Beklagten. Ende Dezember 2004 trennten sich die Parteien.

Der Beklagte verfügte über unterhalterelevante Nettoeinkünfte in Höhe von rund 3.450 Euro monatlich, dem das Oberlandesgericht einen Vorteil mietfreien Wohnens von zunächst rund 425 Euro und nach einer Umschuldung von rund 260 Euro hinzurechnete. Die 50-jährige Klägerin erzielte nach einer 15-jährigen «Familienpause» seit Anfang 2000 aus einer Teilzeittätigkeit von 28 Stunden wöchentlich unterhaltsrelevante Einkünfte in Höhe von monatlich rund 950 Euro. Dem rechnete das OLG ein fiktives Erwerbseinkommen von 260 Euro hinzu, das die Klägerin aus einer zumutbaren Nebentätigkeit erzielen könne. Das OLG rechnete auch Zinsgewinne der Klägerin aus dem Verkaufserlös des Miteigentums in Höhe von 180 Euro monatlich hinzu.

In der Vorinstanz des Rechtsstreits verurteilte das OLG den Beklagten unter Berücksichtigung seiner Barunterhaltspflicht für die beiden Kinder, an die Klägerin über den freiwillig an sie gezahlten Unterhalt in Höhe von monatlich 257,80 Euro hinaus weitere 367 Euro zu zahlen. Hiergegen legte der Beklagte Revision ein und begründete dies damit, dass ihm nur ein geringerer Wohnvorteil für die Nutzung des eigenen Hauses zurechenbar sei. Zudem sei das Erwerbseinkommen der Klägerin zu gering bemessen, weil sie neben ihrer Teilzeittätigkeit höhere Nebeneinkünfte erzielen könne.

Der BGH hob hat das Urteil des OLG auf und verwies den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurück, da die Bemessung des Mietvorteils auf Seiten des Unterhaltspflichtigen der revisionsrechtlichen Prüfung nicht standhalte. Von dem Vorteil mietfreien Wohnens seien zwar grundsätzlich die infolge des Eigentumserwerbs entstandenen Kosten abzusetzen, weil der Eigentümer nur in Höhe der Differenz günstiger lebe als ein Mieter. Der Tilgungsanteil der Kreditraten des Unterhaltsschuldners könne aber dann nicht mehr einkommensmindernd berücksichtigt werden, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte nicht mehr von einer mit der Tilgung einhergehenden Vermögensbildung profitierte und anderenfalls eine einseitige Vermögensbildung zu Lasten des Unterhaltsberechtigten vorläge. Nach der Rechtsprechung des BGH kann ein Teil der Tilgung aber als zusätzliche Altersvorsorge berücksichtigt werden und zwar beim Ehegattenunterhalt bis zur Höhe von vier Prozent des Bruttoeinkommens, hier also in Höhe von rund 200 Euro monatlich.

Der Zwölfte Zivilsenat entschied außerdem, dass von der Klägerin trotz ihrer 15-jährigen Erwerbspause grundsätzlich eine vollschichtige Erwerbstätigkeit verlangt werden kann. Aus einer solchen könne sie – entgegen der Auffassung des OLG – ein deutlich höheres Einkommen erzielen, als aus ihrer Teilzeittätigkeit. Das vom OLG berücksichtigte Einkommen aus einer Nebentätigkeit sei daher zu niedrig bemessen, zumal es von einem sehr geringen Stundenlohn in Höhe von sechs Euro statt von dem gegenwärtig erzielten Einkommen ausgegangen sei.
(BGH Urteil vom 05.03.2008; Az.: XII ZR 22/06)

VonHagen Döhl

Ausgleichsanspruch bei Wechsel des Kindes zum anderen Elternteil

Hatte der Vater den für sein nichteheliches Kind titulierten Unterhalt nicht gezahlt und wechselt das Kind auf Grund einer Sorgerechtsentscheidung in seinen Haushalt, steht der Mutter in Höhe des nicht gezahlten Kindesunterhaltes ein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch zu. Dieser familienrechtliche Ausgleichsanspruch setzt keine Inverzugsetzung voraus.
(AG Montabaur, Urteil v. 5.11.2007 – 3 F 237/07)

VonHagen Döhl

Mutter legt Verfassungsbeschwerde gegen neues Unterhaltsrecht ein

Mit dem erst seit wenigen Wochen geltenden neuen Unterhaltsrecht muss sich das Bundesverfassungsgericht beschäftigen. Eine 36-jährige Frau aus Emmerich in Nordrhein-Westfalen hat nach Angaben ihres Anwalts Verfassungsbeschwerde eingelegt. Die Mutter von zwei minderjährigen Söhnen will sich nach 17 Jahren Ehe scheiden lassen. Nach der neuen Rechtslage würde die Frau, die Teilzeit arbeitet, zwar Unterhalt für die Kinder bekommen, selbst aber kein Geld mehr beziehen können. Nach der alten Regelung hätten ihr selbst pro Monat knapp 400 Euro zugestanden (Az.: 1 BvR 345/08).

VonHagen Döhl

Bundestag verabschiedet Gesetz zur Vaterschaftsfeststellung

Der Deutsche Bundestag hat nach Mitteilung des Bundesministeriums der Justiz am 21.02.2008 das «Gesetz zur Klärung der Vaterschaft unabhängig vom Anfechtungsverfahren» beschlossen. Damit wird die genetische Feststellung, von wem ein Kind abstammt, unabhängig von der Anfechtung der Vaterschaft ermöglicht. Diese Frage sei für eine Familie von existentieller Bedeutung, erläuterte das Justizministerium. Die Neuregelung soll spätestens am 31.03.2008 in Kraft treten. Das Bundesverfassungsgericht hatte dem Gesetzgeber in seiner Entscheidung vom 13.02.2007 aufgegeben, ein vereinfachtes Verfahren zur Klärung der Abstammung zu schaffen.

VonHagen Döhl

Kabinett beschließt Erbrechtsreform

Das Bundeskabinett hat am 30.01.2008 die von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) vorgelegte Reform des Erb- und Verjährungsrechts beschlossen. Ein wesentliches Anliegen der Reform sei die Stärkung der Testierfreiheit des Erblassers. Dementsprechend werden die Gründe überarbeitet, die den Erblasser berechtigen, den Pflichtteil zu entziehen, teilte das Bundesministerium der Justiz mit. Die Änderungen sind noch nicht in Kraft, sondern bedürfen noch einer Gesetzesänderung durch den Bundestag.

Anpassung an allgemeine Verjährungsregeln

Mit dem Gesetzentwurf wird die Verjährung von familien- und erbrechtlichen Ansprüchen an die Verjährungsvorschriften des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes von 2001 angepasst. Diese sehen eine Regelverjährung von drei Jahren vor. Dort, wo es sinnvoll sei, bleibe die lange Verjährung erhalten, erläutert das Bundesjustizministerium.

Vereinheitlichung der Entziehungsgründe

Die Entziehungsgründe im Pflichtteilsrecht sollen vereinheitlicht werden, indem sie künftig für Abkömmlinge, Eltern und Ehegatten oder Lebenspartner gleichermaßen Anwendung finden. Bislang gelten insoweit Unterschiede. Darüber hinaus sollen künftig alle Personen geschützt werden, die dem Erblasser, einem Ehegatten, Lebenspartner oder Kindern vergleichbar nahe stehen, zum Beispiel auch Stief- und Pflegekinder. Eine Pflichtteilsentziehung soll auch dann möglich sein, wenn der Pflichtteilsberechtigte diesen Personen nach dem Leben trachtet oder sie körperlich schwer misshandelt. Nach derzeitiger Gesetzeslage ist dies nur bei entsprechenden Vorfällen gegenüber dem Erblasser, seinem Ehegatten, Lebenspartner oder seinen Kindern möglich.

Keine Entziehung wegen «ehrlosen und unsittlichen Lebenswandels» mehr

Der Entziehungsgrund des «ehrlosen und unsittlichen Lebenswandels» soll entfallen. Zum einen gilt er derzeit nur für Abkömmlinge, nicht aber für die Entziehung des Pflichtteils von Eltern und Ehegatten. Zum anderen hat er sich als zu unbestimmt erwiesen. Stattdessen soll künftig eine rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung zur Entziehung des Pflichtteils berechtigen. Zusätzlich muss es dem Erblasser unzumutbar sein, dem Verurteilten seinen Pflichtteil zu belassen. Gleiches soll bei Straftaten gelten, die im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen wurden.

Erleichterung der Stundung eines Pflichtteils

Besteht das Vermögen des Erblassers im Wesentlichen aus einem Eigenheim oder einem Unternehmen, müssen die Erben diese Vermögenswerte oft nach dem Tod des Erblassers verkaufen, um den Pflichtteil auszahlen zu können. Lösung biete die bereits geltende Stundungsregelung, die jedoch derzeit sehr eng ausgestaltet und nur dem pflichtteilsberechtigten Erben (insbesondere Abkömmling, Ehegatte) eröffnet ist. Mit der Reform soll die Stundung unter erleichterten Voraussetzungen und für jeden Erben durchsetzbar sein.

Änderung bei Schenkungen

Derzeit führen Schenkungen des Erblassers zu einem sogenannten «Pflichtteilsergänzungsanspruch» gegen den Erben oder den Beschenkten. Die Reform sieht nun vor, dass die Schenkung für die Berechnung des Ergänzungsanspruchs graduell immer weniger Berücksichtigung findet, je länger sie zurück liegt: Eine Schenkung im ersten Jahr vor dem Erbfall wird demnach voll in die Berechnung einbezogen, im zweiten Jahr jedoch nur noch zu 9/10, im dritten Jahr zu 8/10 usw. berücksichtigt. Damit wird sowohl dem Erben als auch dem Beschenkten mehr Planungssicherheit eingeräumt.

Bessere Berücksichtigung von Pflegeleistungen

Auch außerhalb des Pflichtteilsrechts wird das Erbrecht vereinfacht und modernisiert. Ein wichtiger Punkt sei die bessere Berücksichtigung von Pflegeleistungen bei der Erbauseinandersetzung. Künftig soll jeder gesetzliche Erbe einen Ausgleich für Pflegeleistungen erhalten und zwar unabhängig davon, ob er für die Pflegeleistungen auf ein eigenes berufliches Einkommen verzichtet hat. Die Bewertung der Leistungen wird sich an der gesetzlichen Pflegeversicherung orientieren.