Kategorien-Archiv Familien- und Erbrecht

VonHagen Döhl

Widerruf eines Testaments durch Vernichtung

Ein Testament kann dadurch widerrufen werden, dass der Erblasser es vernichtet. Will sich der Erblasser eines Dritten als Werkzeug zur Vernichtung eines Testaments bedienen, darf er diesem keinen Entschluss- oder Handlungsspielraum belassen. Wird der Auftrag nicht zu Lebzeiten des Erblassers ausgeführt, liegt kein wirksamer Widerruf vor.
(OLG München 11.04.2011 – 31 Wx 33/11)

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Kindesunterhalt/Ausbildungsunterhalt

Von einem Auszubildenden ist zu erwarten, dass er sich zielstrebig um die Aufnahme einer Berufsausbildung bemüht. Diese Obliegenheit erfüllt er nicht, wenn er lediglich die Möglichkeit von Praktika nutzt, aber keine konkrete Berufsausbildung aufnimmt. Dies gilt ebenfalls für eine nach dem SGB III geförderte Berufsfindungsmaßnahme.
(OLG Braunschweig, Beschluss vom 02.11.2010 – AZ: 3 WF 100/10)

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Kindesunterhalt/Student

Ein Student ist neben seinem Studium nicht verpflichtet, einer Erwerbstätigkeit, mit der er eigene Einkünfte erzielt, nachzugehen. Übt ein Student dennoch neben seinem Studium eine Nebenerwerbstätigkeit aus, so sind die damit erzielten Einkünfte als Einkünfte aus überobligationsmäßiger Tätigkeit zu bewerten, da einem Studenten keine Erwerbsobliegenheit neben seinem Studium trifft. Deshalb ist der Student auch berechtigt, diese tatsächlich ausgeübte Nebentätigkeit jederzeit zu reduzieren oder vollständig aufzugeben. Soweit er jedoch neben seiner Ausbildung einer Erwerbstätigkeit nachgeht, bleibt das dadurch erzielte Einkommen nicht allein deshalb völlig unberücksichtigt, weil es aus einer überobligatorischen Erwerbstätigkeit stammt. Die Anrechnung dieser Einkünfte aus der überobligationsmäßigen Nebentätigkeit bestimmt sich nach den Grundsätzen des § 1577 Abs. 2 BGB. Hiernach bleiben die vom Studenten aus seiner überobligatorischen Tätigkeit erzielten Einkünfte bei der Unterhaltsermittlung unberücksichtigt, sofern er nicht die vollen oder gar keine Unterhaltsleistungen erhält.
Eine Anrechnung der Einkünfte aus überobligationsmäßiger Tätigkeit erfolgt insoweit, wie dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse – der des Studenten sowie der des unterhaltspflichtigen Elternteils – der Billigkeit entspricht.
(OLG Brandenburg, Beschluss vom 18.01.2011 – AZ: 10 UF 161/10)

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Unterhaltsanspruch des studierenden, volljährigen Kindes bei Studienfachwechsel und Auslandssemester und Erwerbsobliegenheit eines Selbständigen im Alter

Soweit ein Auslandssemester für die Berufsausbildung sinnvoll ist, ist dieses bei guten Einkommensverhältnissen der Eltern auch bei einer Verlängerung der Studienzeit zu finanzieren.

Die von einem niedergelassenen Arzt nach dem Erreichen der Regelaltersgrenze fortgesetzte freiberufliche Tätigkeit ist unterhaltsrechtlich überobligatorisch. Das hieraus erzielte Erwerbseinkommen kann nach den Umständen des Einzelfalls bei der Berechnung des Kindesunterhalts zu 50 % anzurechnen sein.
(OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.02.2011 – 2 UF 45/09)

VonHagen Döhl

Keine Fortgeltung eines gemeinschaftlichen Testaments nach Scheidung und Wiederheirat der Ehegatten

Das gemeinschaftliche Testament geschiedener Ehegatten lebt mit ihrer Wiederverheiratung nicht wieder auf.
(OLG Hamm, Beschluss vom 26.08.2010 – I – 15 Wx 317/09)

VonHagen Döhl

Nebentätigkeitsverpflichtung des Unterhaltsschuldners auch bei Vollzeitbeschäftigung?

Übt der Unterhaltsverpflichtete eine Vollzeitbeschäftigung aus, kann die Ausübung einer zusätzlichen Nebentätigkeit nicht angesonnen werden.
(OLG Saarbrücken, Beschluss vom 08.02.2011 – 9 WF 123/10).

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Formvoraussetzungen einer Vereinbarung zum Versorgungsausgleich

Vereinbarungen nach §§ 6 ff. VersAusglG können auch durch einen schriftlichen Vergleich nach § 36 Abs. 3 FamFG, § 278 Abs. 6 ZPO formgerecht geschlossen werden.
(OLG München, Beschluss vom 28.09.2010 – 12 U F 1153/10)

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Selbständigkeit abgetrennter Versorgungsausgleichsverfahren nach altem Recht

Sowohl nach dem bis Ende August 2009 geltenden früheren Recht (§ 628 ZPO a. F.) als auch nach dem seit September 2009 geltenden neuen Recht (§ 137 Abs. 5 Satz 1 FamFG) bleibt ein vom Scheidungsverbund abgetrenntes Verfahren zum Versorgungsausgleich grundsätzlich Folgesache.
Das gilt hingegen nicht für Übergangsfälle, in denen auf das vor dem 01.09.2009 eingeleitete Scheidungsverfahren noch früheres Recht anwendbar war, die vom Scheidungsverbund abgetrennte Folgesache über den Versorgungsausgleich aber gemäß Art. 111 Abs. 4 FGG-Reformgesetz als selbstständige Familiensache nach neuem Recht fortzuführen ist.
In solchen Übergangsfällen entfällt mit dem Wegfall der Qualifikation als Folgesache auch die Erstreckung der bewilligten Prozesskostenhilfe nach § 624 Abs. 2 ZPO a. F. auf das Verfahren über den Versorgungsausgleich. Die früher bewilligte Prozesskostenhilfe nimmt dem Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die selbständige Familiensache deswegen nicht das Rechtsschutzbedürfnis.
(BGH Beschluss vom 16.02.2011 – XII ZB 261/10).

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Kein Ausschluss des Ehegattenerbrechts bei Nichtbetreiben eines Scheidungsantrags über außergewöhnlich langen Zeitraum

Das Nichtbetreiben eines Scheidungsantrags über die Dauer von 21 Jahren ist als Ausdruck der endgültigen Aufgabe des Scheidungswillens mit der Folge der Unabwendbarkeit des § 1933 BGB zu werten.
(OLG Saarbrücken, Beschluss vom 24.08.2010, 5 W 185/10 – 70, 5 W 185/10)

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Erbverzicht und Pflichtteilsverzicht

Unter einem Erbverzicht versteht man umgangssprachlich häufig den Verzicht des Erben auf das Erbe nach dem Tod des Erblassers. Rechtlich ist dies eine Ausschlagung des Erbes.
Ein Erbverzicht ist eine vertragliche Vereinbarung, die ein zukünftiger Erbe mit dem Erblasser trifft, um auf sein künftiges Erbrecht zu verzichten. Geregelt ist der Erbverzicht in den §§ 2346 – 2352 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Der Erbverzicht ist somit eine vertragliche Vereinbarung zu Lebzeiten des Erblassers mit einem gesetzlichen Erben. Die Ausschlagung hingegen ist eine einseitige Erklärung des Erben nach dem Tod des Erblassers.
Zu unterscheiden ist der Erbverzichtsvertrag mit dem Erblasser vom Verzichtsvertrag, den die Erben nach dem Tod des Erblassers untereinander abschließen. In diesem Fall wird der Verzichtende zunächst Erbe, verfügt aber gemäß der Vereinbarung mit den anderen Erben über seinen Erbteil.
Der Erbverzichtsvertrag bedarf der notariellen Beurkundung, § 2348 BGB. Dieses Formerfordernis soll die Beteiligten vor einem übereilten Abschluss eines Erbverzichtsvertrags schützen und eine Belehrung über die Auswirkungen dieses Vertrages sicherstellen.
Der Erbverzichtsvertrag hat zur Folge, dass der Verzichtende so behandelt wird, als hätte er zum Zeitpunkt des Erbfalles nicht gelebt.
Der Erbverzicht ändert somit die gesetzliche Erbfolge. Dies bedeutet, dass derjenige, der auf das Erbe verzichtet hat bei der Pflichtteilsberechnung anderer berechtigter nicht mehr mitgezählt wird, § 2310 Satz 2 BGB. Wenn ein Abkömmling des Erblassers auf sein Erbrecht verzichtet, so erhöhen sich die Pflichtteilsrechte der übrigen Abkömmlinge. Diese Rechtsfolge ist häufig unbekannt, aber unbedingt zu beachten.
Häufig erhält der Verzichtende als Gegenleistung des Erblassers für den Verzicht eine Abfindung.
Verzichtet der Erbe auf das gesetzliche Erbrecht, dann verzichtet er in der Regel auch auf das Pflichtteilsrecht.
Der Verzicht des Erben kann auch nur auf das Pflichtteilsrecht beschränkt werden.
Der Verzicht eines Abkömmlings oder eines Seitenverwandten (Bruder oder Schwester, Onkel oder Tante, Neffen oder Nichte) erstreckt sich in der Regel auf dessen ganzen Stamm. Verzichtet einer dieser Verwandten, so erben auch dessen Abkömmlinge nichts mehr, § 2349 BGB.
Ein Erbverzicht kann als Mittel der vorweggenommenen Erbfolge sinnvoll sein.
In Betracht kommt der Erbverzicht, wenn der Nachlass hauptsächlich aus einem einzelnen Gegenstand, beispielsweise einem Unternehmen besteht.