Kategorien-Archiv Baurecht

VonHagen Döhl

VOB-Vertrag: Zusatzleistungen sind anzukündigen

Ein Anspruch auf zusätzliche Vergütung gemäß § 2 Nr. 6 VOB/B setzt voraus, dass der Auftragnehmer diesen vor der Leistungserbringung ankündigt. Die Entbehrlichkeit der Ankündigungspflicht ist ein Ausnahmetatbestand, der nur dann greift, wenn die Zusatzarbeiten offenkundig vergütungspflichtig sind und/oder den Auftragnehmer an der Versäumung der Ankündigung keine Schuld trifft. Versäumt es der Auftragnehmer, seinen zusätzlichen Vergütungsanspruch anzukündigen, kann er Werklohnansprüche nicht auf andere rechtliche Gesichtspunkte, insbesondere nicht auf die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage stützen.
(OLG Köln, Beschluss vom 28.11.2011 – 17 U 141/10)

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Farbgestaltung von Bauwerken urheberrechtlich geschützt?

In jüngster Zeit versuchen immer mehr Architekten, ihr Werk durch die Geltendmachung urheberrechtlicher Ansprüche gegen Änderungen des Bauherrn zu schützen. Urheberrechtlich geschützt sind allerdings nur solche Werke, die eine persönliche Schöpfung des Architekten darstellen, die einen geistigen Gehalt aufweisen und die eine wahrnehmbare Formgestaltung gefunden haben. Zudem muss in der Gestaltung die Individualität des Urhebers zum Ausdruck kommen. Bei geschützten Gebäuden bezieht sich der Urheberrechtsschutz in der Regel auf die Grundstruktur des Baukörpers und auf die Fassadengestaltung. Im Inneren des Gebäudes genießen häufig nur der Eingangsbereich oder das Treppenhaus Urheberrechtsschutz. Der Urheber von Werken der Baukunst kann sich bei Eingriffen in den geschützten Bereichen auf das Urheberrecht stützen, nach Ansicht des LG Düsseldorf aber nicht auf die Einrichtungen von nicht geschützten Innenräumen des Gebäudes Einfluss nehmen.
(LG Düsseldorf, Urteil vom 21.11.2012 – 12 O 426/11)

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Nach Kündigung ist abzurechnen!

Aus dem vorläufigen Charakter von Voraus- oder Abschlagszahlungen folgt eine vertragliche Verpflichtung des Architekten, gegenüber dem Auftraggeber nach Abnahme oder Beendigung des Vertrags in einer endgültigen Rechnung abzurechnen. Ergibt diese Abrechnung einen Überschuss zugunsten des Auftraggebers, hat dieser einen vertraglichen Anspruch auf Auszahlung. Erstellt der Architekt keine Abrechnung, kann der Auftraggeber eine eigene Abrechnung erstellen. Eine Verpflichtung hierzu besteht nicht. Hat der Auftraggeber seinen Darlegungsanforderungen für einen Anspruch auf Rückzahlung einer Überzahlung genügt, muss der Architekt darlegen und beweisen, dass er berechtigt ist, die Abschlags- oder Vorauszahlungen zu behalten, so das OLG Brandenburg.
(OLG Brandenburg, Urteil vom 21.11.2012 – 4 U 83/08)

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Keine Mehrvergütung bei „explodierenden“ Vordersätzen

Kommt es im Rahmen der Ausführung gegenüber den im Vertrag angenommenen Massen zu erheblichen Mehrmengen, darf der Unternehmer nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass der Besteller mit der Erbringung der Mehrarbeiten einverstanden ist. Führt der Unternehmer solche Leistungen ohne Einverständnis des Bestellers aus, kann er hierfür lediglich nach den Massen im Bauvertrag eine Vergütung verlangen. Darüber hinaus steht dem Unternehmer weder ein vertraglicher Vergütungsanspruch noch ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag zu.
OLG Celle, Urteil vom 09.08.2012 – 16 U 197/11

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Wann ist die Nachbesserung unverhältnismäßig?

Verlangt der Auftraggeber die Beseitigung vorhandener Mängel und sind mit deren Beseitigung hohe Kosten verbunden, wendet der Auftragnehmer häufig ein, dass die Nachbesserung unverhältnismäßig sei. Dieser Einwand ist aber nur gerechtfertigt, wenn mit der Nachbesserung der in Richtung auf die Beseitigung des Mangels erzielbare Erfolg oder Teilerfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür erforderlichen Geldaufwands steht. Hat der Auftraggeber objektiv ein berechtigtes Leistungsinteresse an der ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrags, kann die Nachbesserung regelmäßig nicht wegen hoher Kosten verweigert werden. Im Rahmen eines öffentlichen (Bau-)Auftrags hat der Auftraggeber bereits deshalb ein objektives Interesse an der Einhaltung der Vertragsbedingungen, weil eine wesentliche Abweichung vom Vertrag vergaberechtlich als Neuvergabe zu werten ist. Das hat das OLG Zweibrücken unter Hinweis auf die sog. Pressetext-Entscheidungen des EuGH (Urteil vom 19.06.2008 – Rs. C-454/06, ibr-online) entschieden.

OLG Zweibrücken, Urteil vom 01.10.2012 – 7 U 252/11

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Vorentwürfe und Bauvoranfrage des Architekten noch Akquisition?

Dass ein Architekt Vorentwürfe fertigt, eine Bauvoranfrage stellt, Verhandlungen mit Behörden führt und einen Bauantrag gefertigt hat, reicht nicht ohne Weiteres aus, um auf den Abschluss eines Architektenvertrags zu schließen. Darauf weist die für das Architektenhonorarrecht zuständige Spezialkammer des LG Hannover im Urteil vom 07.11.2012 hin. Das Gericht hat zudem entschieden, dass eine Klage als endgültig – und nicht lediglich als "zur Zeit unbegründet" – abzuweisen ist, wenn eine an den vertraglichen Voraussetzungen orientierte schlüssige Abrechnung nicht (auch nicht nach Erteilung eines richterlichen Hinweises) vorgelegt wird.

LG Hannover, Urteil vom 07.11.2012 – 14 O 11/12

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Kündigung eines Architektenvertrags aus wichtigem Grund erst nach Abmahnung

Auch nach der Schuldrechtsreform kann ein Architektenvertrag aus wichtigem Grund bei einer schwerwiegenden Vertragsverletzung des Architekten gekündigt werden. Voraussetzung ist allerdings eine vorhergehende eindeutige Abmahnung, so das OLG Oldenburg in seinem Urteil vom 06.09.2012.

OLG Oldenburg, Urteil vom 06.09.2012 – 8 U 96/12

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Nachträge abgelehnt: Kann der Auftragnehmer kündigen?

Die Zurückweisung berechtigter Mehrkosten durch den Auftraggeber kann den Auftragnehmer zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigen. An der hierfür notwendigen Gefährdung des Vertragszwecks fehlt es jedenfalls aber dann, wenn die Mehrkosten 1,5% der Nettovertragssumme nicht überschreiten.
Eine Kündigung aus wichtigem Grund ist nur innerhalb einer angemessenen Frist ab Kenntnis des Kündigungsgrunds zulässig. Eine erst zwei Monate nach der Zurückweisung der Mehrkosten erklärte Kündigung ist deshalb verfristet.
OLG Schleswig, Urteil vom 11.03.2011 – 5 U 123/08
BGH, Beschluss vom 23.05.2012 – VII ZR 73/11 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

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Wann sind Sowiesokosten und Vorteilsausgleich in Abzug zu bringen?

Baumängel, die auf vertragswidrige Leistung zurückzuführen sind, hat der Auftragnehmer auf seine Kosten zu beseitigen. Allerdings sind von den Kosten der Mangelbeseitigung die Sowiesokosten in Abzug zu bringen. Das sind die Mehrkosten, um die die Bauleistung (hier: ein Lagerhallenfußboden) bei ordnungsgemäßer Ausführung von vornherein teurer gewesen wäre. Unter Umständen kann sich der Auftragnehmer zudem auf einen Vorteilsausgleich „neu für alt“ berufen. Das gilt allerdings nicht, wenn er von Anfang an seine Einstandspflicht zur Mängelbeseitigung bestritten hat. Der sich daraus ergebende Zeitraum für die Nachbesserung kann nicht zu seinen Gunsten gehen, so das OLG Rostock.
OLG Rostock, Urteil vom 08.06.2010 – 4 U 3/02; BGH, Beschluss vom 26.04.2012 – VII ZR 104/10 (NZB zurückgewiesen)

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Muss der Statiker ein Baugrundgutachten einholen (lassen)?

Es ist nicht Sache des Statikers, sondern des Architekten, ein Baugrundgutachten einzuholen oder seitens des Bauherrn einholen zu lassen. Weicht der Statiker allerdings von den Werten des Baugrundgutachtens ab, obwohl kein anders lautendes Baugrundgutachten vorliegt und weist er nicht auf die Notwendigkeit eines solchen Gutachtens hin, haftet er dem Bauherrn dem OLG Jena zufolge auf Schadensersatz.
OLG Jena, Urteil vom 27.07.2011 – 7 U 937/10; BGH, 09.08.2012 – VII ZR 181/11 (NZB zurückgewiesen)