Kategorien-Archiv Arbeitsrecht

VonHagen Döhl

BAG: Widerspruch nach § 15 TzBfG verhindert Fortsetzung des befristeten Arbeitsvertrags

Das Bundesarbeitsgericht entschied jetzt, dass der Widerspruch nach § 15 Abs. 5 TzBfG schon vor Ablauf des befristeten Arbeitsvertrags im Zusammenhang mit Verhandlungen über eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erklärt werden kann, also bereits dann, wenn der Arbeitnehmer an ihn wegen einer Vertragsfortsetzung nach Ablauf der vereinbarten Befristung herantritt. Dabei stellt nach Ansicht der Erfurter Richter die Ablehnung eines Wunsches auf einvernehmliche Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses regelmäßig einen Widerspruch im Sinne dieser Vorschrift dar (Urteil vom 11.07.2007, Az.: 7 AZR 501/06).

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LAG Düsseldorf: Kündigung muss im Original übergeben werden

Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses muss eigenhändig unterschrieben und auch tatsächlich in dieser Form ausgehändigt werden. Die Überreichung einer Fotokopie ist nicht ausreichend. Dies gilt selbst dann, wenn dem Arbeitnehmer zuvor das Originalkündigungsschreiben zur Ansicht vorgelegt wurde. Die Kündigung sei in einem solchen Fall dennoch unwirksam, entschied das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 18.04.2007, Az.: 12 Sa 132/07).
Nachdem eine Produktionshalle der Beklagten abgebrannt und dieser Standort später insgesamt aufgegeben worden war, führte die Beklagte Massenentlassungen durch. In diesem Zusammenhang wurde auch das Arbeitsverhältnis der Klägerin gekündigt. Dabei wurde ihr die Originalkündigung vorgelegt, aber nicht ausgehändigt. Stattdessen erhielt sie eine Kopie des Kündigungsschreibens. Mit ihrer Kündigungsschutzklage berief sich die Klägerin auf die mangelnde gesetzlich vorgeschriebene Schriftform der Kündigung sowie den fehlenden Zugang des Kündigungsschreibens. Das LAG gab ihr Recht und erklärte die Kündigung für unwirksam. Die Revision wurde nicht zugelassen.

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Anrechnung anderweitigen Verdienstes

Wird in einem Prozessvergleich die widerrufliche Freistellung des Arbeitnehmers unter Fortzahlung seiner Bezüge bis zum Ende seines Arbeitsverhältnisses vereinbart, braucht sich der Arbeitnehmer mangels einer dahingehenden Regelung anderweit erziehlten Verdienst nicht anrechnen zu lassen, muss allerdings auf eine unter Beachtung von Treu und Glauben erfolgte Aufforderung des Arbeitgebers seine Tätigkeit bei diesem wieder aufnehmen.
(LAG Berlin- 20.04.2007 6 Sa 162/07)

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Betriebsbedingte Kündigung; Sozialauswahl

Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG in der vorliegend auf die Kündigung vom 12. Dezember 2003 anwendbaren Fassung des Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19. Dezember 1998 ist eine Kündigung trotz Vorliegens betrieblicher Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bestimmt sich der Kreis der in die soziale Auswahl einzubeziehenden vergleichbaren Arbeitnehmer in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen, also zunächst nach der ausgeübten Tätigkeit. Dies gilt nicht nur bei einer Identität der Arbeitsplätze, sondern auch dann, wenn der Arbeitnehmer auf Grund seiner Tätigkeit und Ausbildung eine andersartige, aber gleichwertige Tätigkeit ausführen kann. Die Notwendigkeit einer kurzen Einarbeitungszeit steht der Vergleichbarkeit nicht entgegen An einer Vergleichbarkeit fehlt es jedoch, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht einseitig auf den anderen Arbeitsplatz umoder versetzen kann.
BAG 07.12.2006 2 AZR 748/05

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Weiterbeschäftigungsanspruch

Wird ein Arbeitnehmer gekündigt so hat er die Möglichkeit diese Kündigung innerhalb eines Kündigungsschutzprozesses vom zuständigen Arbeitsgericht untersuchen zu lassen. Das Arbeitsgericht stellt dann fest, ob die ausgesprochene Kündigung wirksam oder nicht. Bis zu dieser Feststellung ist der Bestand des Arbeitsverhältnisses ungeklärt, und es stellt sich die Frage nach der tatsächlichen Beschäftigung.
Grundsätzlich befindet sich das Arbeitsverhältnis in der Schwebe. Erst durch das rechtskräftige Endurteil wird dieser Schwebezustand zu einem der beiden möglichen Endzustände (Arbeitsverhältnis war gekündigt/Arbeitsverhältnis bestand fort).
Der Gesetzgeber hat das Problem grundsätzlich erkannt und in § 102 Abs. 3 BetrVG unter engen Voraussetzungen einen Weiterbeschäftigungsanspruch anerkannt, der dem Arbeitnehmer für den Zeitraum vom Auslaufen der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung gibt.
Außerhalb der Regelung der § 102 Abs 5 BetrVG, § 79 Abs 2 BPersVG hat der gekündigte Arbeitnehmer einen arbeitsvertragsrechtlichen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung über den Ablauf der Kündigungsfrist oder bei einer fristlosen Kündigung über deren Zugang hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsprozesses, wenn die Kündigung unwirksam ist und überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers einer solchen Beschäftigung nicht entgegenstehen. (BAG GS NJW 1985, 2968)
Der Weiterbeschäftigungsanspruch wird in der Regel als unechter Hilfsantrag für den Fall des Obsiegens gestellt.
Der Weiterbeschäftigungsanspruch kann auch per einstweiliger Verfügung durchgesetzt werden.

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BAG: Dreiwöchige Klagefrist bei außerordentlicher Kündigung innerhalb der Wartezeit

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis innerhalb der sechsmonatigen Wartezeit des § 1 Abs.1 KSchG (Kündigungsschutzgesetz) außerordentlich, hat der Arbeitnehmer, der die Unwirksamkeit der Kündigung geltend machen will, gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2, § 4 Satz 1 KSchG innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage zu erheben. Versäumt der Arbeitnehmer die Klagefrist, gilt die Kündigung unabhängig davon als wirksam, ob ein Kündigungsgrund tatsächlich vorgelegen hat. Dies hat das Bundesarbeitsgericht in Abweichung von seiner früheren Rechtsprechung (NJW 1973, 533) jetzt klargestellt (Urteil vom 28.06.2007, Az.: 6 AZR 873/06).

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Wirksamkeit und Kündigung eines Arbeitsverhältnisses innerhalb der Wartezeit gem. § 1 Abs. 1 KschG (6 Monate)

Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutz steht Arbeitnehmern u.a. nur dann zu, wenn das Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen länger als 6 Monate bestanden hat (§ 1 Abs. 1 KschG).
Das Bundesverfassungsgericht hat bereits im Jahre 1998 hinsichtlich des Kündigungsschutzes in Kleinbetrieben entschieden. Aus Artikel 12 Abs. 1 GG sei das Interesse des Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes geschützt; wo die Bestimmung des KschG nicht greifen, ist Schutz vor einer sitten- oder treuwidrigen Kündigung des Arbeitgebers durch die zivilrechtlichen Generalklauseln zu gewähren. Im Rahmen dieser Generalklauseln sei auch der objektive Gehalt der Grundrechte zu beachten (Beschluss v. 27.1.1998 – 1 BVL 15/87, NJW 1998, 1775).

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Keine generelle Verpflichtung des Arbeitgebers zur Belehrung des Arbeitnehmers über Ausschlussfristen

Es besteht keine generelle Verpflichtung des Arbeitgebers, die Unkenntnis des Arbeitnehmers über die Existenz solcher Ausschlussfristen zu beheben. Verstößt der Arbeitgeber gegen § 2 Abs. 1 Nachweisgesetz, weil er auf die Ausschlussfrist oder den anderen anwendbaren Tarifvertrag nicht hinweist oder keinen Nachweis erteilt, so verfällt der Anspruch des Arbeitnehmers. Ihm steht jedoch ein inhaltsgleicher Schadenersatzanspruch wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 1 Nachweisgesetz gegen den Arbeitgeber zu (BAG, Urteil v. 17.4.2002 – 5 AZR 89/01, NZA 2002, 1096). Der Anspruch erlischt jedoch nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil v. 29.5.2002 – 5 AZR 105,/01, NZA 2002, 1360) wegen 100%igem Mitverschuldens des Prozessbevollmächtigten nach § 254 Abs. 1 BGB, wenn dieser fahrlässig keine Kenntnis von der Ausschlussfrist hatte, weil der Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt ist.

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Befristung, Schriftform, Konkludenter Verzicht, Zugang der Willenserklärung des Arbeitsgebers

Unterschreibt zuerst der Arbeitnehmer vor Arbeitsaufnahme einen befristeten Arbeitsvertrag, dann reicht es für den notwendigen schriftlichen Vertragsschluss nicht aus, dass der Vertreter des Arbeitgebers diesen später in Abwesenheit des Arbeitnehmers vor Arbeitsaufnahme unterzeichnet. Die Annahmeerklärung muss dem Arbeitnehmer vielmehr zugehen (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB). Ist dies vor Arbeitsaufnahme nicht der Fall, dann wird regelmäßig ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet (in Anlehnung an BAG vom 01.12.2004 – 7 AZR 198/04 – NZA 2005, 575, vom 16.03.2005 – 7 AZR 289/04 – NZA 2005, 923).
Es kann offenbleiben, ob der Arbeitnehmer auf den rechtzeitigen Zugang der Annahmeerklärung gemäß § 151 Satz 1 BGB verzichten kann.
Ein solcher Verzicht liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn dem Arbeitnehmer der Gang des Verfahrens (Zugang des schriftlichen Arbeitsvertrages erst nach Arbeitsaufnahme) erklärt wird und er hiergegen keinen Widerspruch erhebt. Selbst bei einem ausdrücklichen Einverständnis wäre weiterhin erforderlich, dass der Verzicht des Arbeitnehmers als Willenserklärung nicht nur der nicht unterschriftsberechtigten Personalreferentin, sondern auch dem abschlussbevollmächtigten Vertreter des Arbeitgebers zugeht.
(LAG Berlin – 28.03.2007 15 Sa 128/07)

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BAG stärkt Sonderkündigungsschutz für schwerbehinderte Arbeitnehmer

Arbeitsverhältnisse schwerbehinderter Arbeitnehmer dürfen gemäß § 90 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX nur dann ohne Zustimmung des Integrationsamts gekündigt werden, wenn sie ohne Unterbrechung noch nicht länger als sechs Monate bestanden haben. Wird das Arbeitsverhältnis allerdings allein auf Veranlassung des Arbeitgebers für einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum unterbrochen, so kann sich der Arbeitgeber bei einer späteren Kündigung nicht auf diese Unterbrechung berufen. Hierzu entschied das Bundesarbeitsgericht, dass Zeiten eines früheren Arbeitsverhältnisses mit demselben Arbeitgeber anzurechnen seien, wenn das neue Arbeitsverhältnis in einem engen sachlichen Zusammenhang mit dem früheren Arbeitsverhältnis stehe (Urteil vom 19.06.2007, Az.: 2 AZR 94/06).
Eine schwerbehinderte Lehrerin für Sonderpädagogik war zunächst auf Grund eines befristeten Arbeitsvertrags vom 10.02.2004 mit 18 Pflichtstunden bis zum Beginn der Sommerferien am 21.07.2004 an einer Schule für Lernbehinderte eingesetzt. Zu Beginn des neuen Schuljahrs am 06.09.2004 erhielt die Lehrerin einen unbefristeten Vertrag für eine Beschäftigung an öffentlichen Sonderschulen mit 27,5 Pflichtstunden. Der Einsatz der Lehrerin erfolgte an einer Schule für geistig Behinderte in einem anderen Schulamtsbezirk. Mit Schreiben vom 25.02.2005 kündigte das Bundesland, ohne zuvor die Zustimmung des Integrationsamts eingeholt zu haben, das Arbeitsverhältnis zum 31.05.2005.
Das BAG bestätigte die Auffassung der Vorinstanz, wonach das beklagte Bundesland die von ihm selbst herbeigeführte Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses mit der Lehrerin für den Zeitraum der Sommerferien im Rahmen der Kündigung nicht geltend machen kann. Zeiten eines früheren Arbeitsverhältnisses mit demselben Arbeitgeber seien dann anzurechnen, wenn das neue Arbeitsverhältnis in einem engen sachlichen Zusammenhang mit dem früheren Arbeitsverhältnis stehe, erklärten die Richter. Ob dies der Fall sei, beurteile sich insbesondere nach dem Anlass und der Dauer der Unterbrechung sowie der Art der Weiterbeschäftigung. Im entschiedenen Fall scheitere die Annahme eines engen sachlichen Zusammenhangs zwischen beiden Arbeitsverhältnissen nicht daran, dass das Bundesland die Lehrerin während der Schulferien nicht beschäftigt habe und der Einsatz an verschiedenen Schulen in verschiedenen Schulamtsbezirken erfolgt sei, stellte das Gericht klar.