Kategorien-Archiv Arbeitsrecht

VonHagen Döhl

Änderungskündigung: Betriebsschließung wegen Insolvenz als wichtiger Grund

Ein wichtiger Grund an sich im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Änderungskündigung mit notwendiger Auslauffrist zur Reduzierung des Entgeltes eines ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers kann jedenfalls dann vorliegen, wenn die Änderung der Arbeitsbedingungen das Ziel hat, der konkreten Gefahr einer Betriebsschließung wegen Insolvenz zu begegnen.
(BAG, Urteil v. 1.3.2007 – 2 AZR 580/05)

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Klagewelle zum Gleichbehandlungsgesetz bleibt aus

Ein Jahr nach Inkrafttreten des neuen Antidiskriminierungsgesetzes ist die zunächst befürchtete Klagewelle ausgeblieben. «Dieses Horrorszenario ist nicht eingetreten», sagte die Leiterin der neuen Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Martina Köppen, dem Nachrichtenmagazin «Focus» am 13.08.2007. Das am 18.08.2006 in Kraft getretene Gleichbehandlungsgesetz soll Benachteiligungen wegen ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Identität verhindern.

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Dreiwöchige Klagefrist für schwangere Arbeitnehmerinnen bei Kündigungsschutzklagen ab Kündigungszugang, wenn die Schwangerschaft dem Arbeitgeber nicht mitgeteilt wurde

Nach der ab dem 01.01.2004 geltenden Rechtslage muss eine Arbeitnehmerin ihre Schwangerschaft binnen zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitteilen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG) und zusätzlich innerhalb von drei Wochen nach diesem Zeitpunkt Kündigungsschutzklage erheben (§ 4 Satz 1 KSchG). § 4 Satz 4 KSchG, wonach die Drei-Wochen-Frist erst ab Bekanntgabe der Zustimmungsentscheidung der Behörde an die schwangere Arbeitnehmerin in Gang gesetzt wird, gilt nur für den Fall, dass die Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber die Schwangerschaft zuvor mitgeteilt hat. Kannte die Arbeitnehmerin den Umstand der Schwangerschaft im Kündigungszeitpunkt hingegen selbst nicht, eröffnet ihr § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG die Möglichkeit, binnen zwei Wochen ab Kenntnis die nachträgliche Zulassung der Klage zu beantragen.
LAG Niedersachsen – 22.01.2007 5 Sa 626/06

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Betriebsbedingte Kündigung; soziale Auswahl; Altersgruppen

Die Erhaltung einer ausgewogenen Altersstruktur durch Altersgruppen bei der Sozialauswahl stellt eine Rechtfertigung einer möglichen Benachteiligung wegen des Alters im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG dar.
LAG Berlin-Brandenburg – 13.04.2007 13 Sa 2208/06

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Überstunden-Darlegungslast; Ausgleichsquittung-AGB-Kontrolle-Zur Inhaltskontrolle vorformulierter Ausgleichsquittungen

1. Der anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber vorformulierte und vom Arbeitnehmer erklärte Verzicht auf alle bestehenden Ansprüche unterliegt als Hauptleistungsvereinbarung nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB keiner Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn er erkennbar selbständig und isoliert von einer Empfangsbestätigung unterzeichnet und nicht mit anderen Regelungen verbunden wird.

2. Ein solcher Verzicht verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn er nicht ausreichend klar erkennen lässt, welche Ansprüche erfasst sein sollen.

3. Allein die bisherige Üblichkeit von Ausgleichsquittungen anlässlich der Beendigung von Arbeitsverhältnissen macht diese nicht zu „Besonderheiten des Arbeitsrechts“ im Sinne von § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB.

LAG Berlin-Brandenburg – 05.06.2007 12 Sa 524/07

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Freiwilligkeitsvorbehalt beim Entgelt

Sieht ein vom Arbeitgeber vorformulierter Arbeitsvertrag eine monatlich zu zahlende Leistungszulage unter Ausschluss jeden Rechtsanspruchs vor, benachteiligt dies den Arbeitnehmer unangemessen. Die Klausel ist unwirksam.
BAG – 25.04.2007 5 AZR 627/06

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BAG: Kein Betriebsübergang bei Erwerb einzelner Betriebsmittel durch mehrere Unternehmen

Erwerben oder mieten mehrere Unternehmen einzelne Betriebsmittel eines vom Insolvenzverwalter stillgelegten Betriebes, so führt dies nicht dazu, dass die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer des in Insolvenz gefallenen Betriebes gemäß § 613a BGB auf diese Unternehmer übergehen. Ein Betriebsübergang setze voraus, dass die Identität des übernommenen Betriebes oder Betriebsteiles gewahrt bleibe, stellte das Bundesarbeitsgericht klar (Urteil vom 26.07.2007, Az.: 8 AZR 769/06).

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BAG: Schadensersatz nach unterbliebener Information über Bestehen einer Unfallversicherung durch Arbeitgeber

Ein Arbeitnehmer, der über das Bestehen einer zu seinen Gunsten vom Arbeitgeber abgeschlossenen Unfallversicherung nicht aufgeklärt worden ist, kann den durch eine verspätete Geltendmachung eines Anspruches gegen die Versicherung entstehenden Schaden von seinem Arbeitgeber ersetzt verlangen. Dies hat das Bundesarbeitsgericht im Fall eines Arbeitgebers entschieden, der seinen Mitarbeiter zudem nicht darüber aufgeklärt hatte, dass er ihm einen Direktanspruch gegen die Versicherung eingeräumt hat (Urteil vom 26.07.2007, Az.: 8 AZR 707/06).

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BAG: Arbeitsverhältnis durch Abschluss eines schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrages wirksam aufgelöst

Schließt ein Arbeitnehmer mit dem Unternehmen, in dem er beschäftigt ist, einen schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrag, wird vermutet, dass das bis dahin bestehende Arbeitsverhältnis mit Beginn des Geschäftsführerdienstverhältnisses einvernehmlich beendet wird. Auf Grund dieser Vermutung, die seit dem Jahr 1993 der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entspricht, führt die in § 305c Abs. 2 BGB enthaltene Unklarheitenregel bei vorformulierten Vertragsbedingungen nicht zu einer anderen Beurteilung. Durch den schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrag wird das Schriftformerfordernis des § 623 BGB für den Auflösungsvertrag gewahrt (Urteil vom 19.07.2007, Az.: 6 AZR 774/06).

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BAG: Betriebliches Eingliederungsmanagement keine Wirksamkeitsvoraussetzung für krankheitsbedingte Kündigung

Kündigt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer aus krankheitsbedingten Gründen, ohne zuvor ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt zu haben, führt dies nicht ohne weiteres zur Unwirksamkeit der Kündigung. Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat klargestellt, dass die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für eine personenbedingte Kündigung aus krankheitsbedingten Gründen ist (Urteil vom 12.07.2007, Az.: 2 AZR 716/06).

Möglichkeiten zur Überwindung einer Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich zu klären

Ist ein Beschäftigter innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, hat der Arbeitgeber nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX unter Beteiligung des betroffenen Arbeitnehmers und der Interessenvertretung zu klären, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Unterlässt der Arbeitgeber dieses betriebliche Eingliederungsmanagement, so macht dies eine personenbedingte Kündigung aus krankheitsbedingten Gründen allerdings nicht ohne weiteres unwirksam, entschied nun das BAG.

Unterlassen kann Folgen für Darlegungs- und Beweislast haben

Die gesetzliche Regelung sei aber auch nicht nur ein bloßer Programmsatz, sondern Ausprägung des das Kündigungsrecht beherrschenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, betonte das BAG. Führe der Arbeitgeber kein betriebliches Eingliederungsmanagement durch, könne dies Folgen für die Darlegungs- und Beweislast im Rahmen der Prüfung der betrieblichen Auswirkungen von erheblichen Fehlzeiten haben. Der Arbeitgeber könne sich dann nicht pauschal darauf berufen, ihm seien keine alternativen, der Erkrankung angemessenen Einsatzmöglichkeiten bekannt.

Sachverhalt

Der mit einem Grad der Behinderung von 30 einem Schwerbehinderten nicht gleichgestellte Kläger war seit 1981 bei der Beklagten als Maschinenbediener beschäftigt. Seit März 2002 war er wegen eines Rückenleidens durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte daraufhin die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers am 29.10.2004 fristgemäß. Der Kläger hat gegen diese Kündigung geklagt und geltend gemacht, bei entsprechender Ausstattung seines Arbeitsplatzes sei sein Einsatz als Maschinenbediener weiterhin möglich. Die Beklagte hätte ihn durch eine Umgestaltung anderer Arbeitsplätze auch anderweitig einsetzen können. Hierzu sei sie auf Grund des betrieblichen Eingliederungsmanagements verpflichtet gewesen.

Arbeitgeberin: Arbeitsfähigkeit nicht wieder herstellbar

Die Beklagte hält die Voraussetzungen für eine krankheitsbedingte Kündigung für gegeben. Sie hat die Auffassung vertreten, die Arbeitsfähigkeit des Klägers könne auf unabsehbare Zeit nicht wieder hergestellt werden. Auch eine Beschäftigung auf einem leidensgerechten Arbeitsplatz sei nicht mehr in Betracht gekommen.

Zurückverweisung zu weiterer Sachaufklärung

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das BAG hat den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses soll insbesondere klären, ob ein leidensgerechter Arbeitsplatz vorhanden ist beziehungsweise durch eine zumutbare Umgestaltung der Betriebsabläufe geschaffen werden kann.