Kategorien-Archiv Arbeitsrecht

VonHagen Döhl

BSG: Abfindungen aus arbeitsgerichtlichem Vergleich mindern Arbeitslosengeld II

Eine Ab­findung, die in einem arbeitsgerichtlichen Vergleich vereinbart wurde, ist beim Arbeitslosen­geld II als Einkommen leistungsmindernd zu berücksichtigen. Dies hat das Bundessozialgericht am 03.03.2009 entschieden (Az.: B 4 AS 47/08 R).

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bestehende Arbeitsverhältnis mit Beginn des Geschäftsführerdienstverhältnisses einvernehmlich beendet

Schließt ein Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber einen schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrag, wird vermutet, dass das bis dahin bestehende Arbeitsverhältnis mit Beginn des Geschäftsführerdienstverhältnisses einvernehmlich beendet wird, soweit nicht klar und eindeutig etwas anderes vertraglich vereinbart worden ist. Durch einen schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrag wird in diesen Fällen das Schriftformerfordernis des § 623 BGB für den Auflösungsvertrag gewahrt.

BAG 6 AZR 774/06

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Befristete Arbeitsverhältnisse: Vorrang der Vertragsfreiheit vor dem Gleichbehandlungsgrundsatz

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz begründet keinen Anspruch eines Arbeitnehmers auf Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages nach § 14 Abs. 2 TzBfG.
(BAG, Urteil vom 13.08.2008 – 7 AZR 513/07)

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LAG Düsseldorf: Urlaubsabgeltungsanspruch auch für das ganze Jahr krankgeschriebene Arbeitnehmer

Für den gesetzlichen Anspruch auf Erholungsurlaub von jährlich vier Wochen gilt, dass diesen auch ein Arbeitnehmer erwirbt, der während des ganzen Jahres krankgeschrieben war. Zudem verfällt nicht genommener Urlaub nicht, sondern ist nachzugewähren beziehungsweise nach Ende des Arbeitsverhältnisses abzugelten. Dies hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf am 02.02.2009 in Reaktion auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 20.01.2009 (Az.: Rs. C-350-06, BeckRS 2009 70077) entschieden (Az.: 12 Sa 486/06).

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Bundestag beschließt Mindestlöhne für sechs weitere Branchen

Der Bundestag hat die Neufassung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und des Mindestarbeitsbedingungengesetzes verabschiedet. Dies meldet die Bundesregierung am 22.01.2009. Damit würden Mindestlöhne in sechs weiteren Branchen eingeführt: Altenpflege, Abfallwirtschaft, Wach- und Sicherheitsgewerbe, Großwäschereien, Weiterbildung und Bergbau-Spezialarbeiten. Neben den sechs neuen Branchen gelten Lohnuntergrenzen bereits im Bauhaupt- und Nebengewerbe, für Gebäudereiniger und für Briefdienstleistungen.

Branchen mit einer Tarifbindung von mindestens 50 Prozent erhalten das Angebot, in das AEntG aufgenommen zu werden, erläutert die Bundesregierung. Das AEntG biete den Rechtsrahmen, um tarifvertragliche Mindestlöhne für alle Arbeitnehmer einer Branche verbindlich zu machen. Das sei unabhängig davon, ob der Arbeitgeber den Sitz im In- oder Ausland habe. Das Gesetz werde durch die Neufassung klarer und verständlicher. Ferner werde klargestellt, dass die Mindestlohntarifverträge ausnahmslos für alle in- und ausländischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen verbindlich seien. Damit werde gleichzeitig den Vorgaben des europäischen Rechts Rechnung getragen.
Das Mindestarbeitsbedingungengesetz stammt aus dem Jahr 1952 und wird modernisiert, berichtet die Bundesregierung weiter. Es soll dann für die Wirtschaftszweige gelten, in denen die tarifgebundenen Arbeitgeber eines Wirtschaftszweiges bundesweit weniger als 50 Prozent der unter den Geltungsbereich aller Tarifverträge fallenden Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigen. Ein dauerhaft einzurichtender Hauptausschuss prüfe, ob in einem Wirtschaftszweig soziale Verwerfungen vorliegen und entscheide, ob in diesem Wirtschaftszweig Mindestarbeitsentgelte festgesetzt, geändert oder aufgehoben werden sollen. Ein Fachausschuss solle sodann die konkrete Höhe des jeweiligen Mindestlohns anhand vorgegebener Kriterien durch Beschluss festlegen. Die Bundesregierung könne auf Vorschlag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die vom Fachausschuss festgesetzten Mindestarbeitsentgelte als Rechtsverordnung erlassen. Die festgesetzten Mindestarbeitsentgelte seien für alle in- und ausländischen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zwingend und unabdingbar.
Nicht betroffen sind bestehende Tarifverträge nach dem Tarifvertragsgesetz für die Zeit ihres Bestehens sowie auch künftige Nachfolgetarifverträge. Aus Gründen des Vertrauensschutzes haben diese gegenüber den festgesetzten Mindestarbeitsentgelten Vorrang.

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EuGH: Wegen Krankheit nicht genommener Jahresurlaub ist abzugelten

EuGH, Urteil vom 20.01.2009 – C-350/06; C-520/06
Ein Arbeitnehmer verliert seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht, wenn er ihn wegen Krankheit nicht ausüben konnte. Der nicht genommene Jahresurlaub ist vielmehr abzugelten. Dies hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 20.01.2009 unter Auslegung der entsprechenden Gemeinschaftsvorschrift – Art. 7 der Gemeinschaftsrichtlinie über die Arbeitszeit (2003/88/EG) – klargestellt (Az.: C-350/06 und C-520/06).

Um die Entscheidung des EuGH hatten das Landesarbeitsgericht Düsseldorf und das House of Lords (Vereinigtes Königreich) in Rechtssachen ersucht, in denen es um den Anspruch von Arbeitnehmern, die krankgeschrieben sind beziehungsweise sich im Krankheitsurlaub befinden, auf bezahlten Jahresurlaub geht. Das LAG hatte über die Urlaubsabgeltung bei einem Arbeitnehmer zu entscheiden, der seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub wegen einer Arbeitsunfähigkeit, die zu seiner Verrentung geführt hat, nicht ausüben konnte. Nach den einschlägigen deutschen Rechtsvorschriften erlischt der Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub am Ende des betreffenden Kalenderjahrs und spätestens am Ende eines Übertragungszeitraums, der – vorbehaltlich einer tarifvertraglich vorgesehenen Abweichung zugunsten des Arbeitnehmers – drei Monate beträgt. War der Arbeitnehmer bis zum Ende dieses Übertragungszeitraums arbeitsunfähig, muss der nicht genommene bezahlte Jahresurlaub am Ende des Arbeitsverhältnisses nicht finanziell abgegolten werden. Neben einem entsprechendem Antrag auf Abgeltung von Jahresurlaub, der während des im britischen Recht festgelegten Bezugszeitraums nicht genommen wurde, hat das House of Lords den Fall einer Arbeitnehmerin zu prüfen, die ihren Arbeitgeber während eines unbefristeten Krankheitsurlaubs um mehrere Tage bezahlten Jahresurlaub in den nächsten beiden Monaten ersucht hat.

In seinem Urteil verweist der Gerichtshof darauf, dass der Anspruch auf Krankheitsurlaub und die Modalitäten für seine Ausübung vom Gemeinschaftsrecht nicht geregelt werden. Was den Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub angehe, legten die Mitgliedstaaten die Voraussetzungen für die Ausübung und die Umsetzung dieses Anspruchs fest und bezeichneten dabei die konkreten Umstände, unter denen die Arbeitnehmer von dem Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub Gebrauch machen könnten, ohne dabei aber bereits die Entstehung dieses Anspruchs von irgendeiner Voraussetzung abhängig zu machen. Unter diesen Umständen stehe der in der Richtlinie über die Arbeitszeit verankerte Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub grundsätzlich weder der Gewährung bezahlten Jahresurlaubs in der Zeit eines Krankheitsurlaubs entgegen noch dessen Versagung, sofern der betroffene Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch während eines anderen Zeitraums ausüben könne.

Die Anwendungsmodalitäten des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub würden damit zwar in den verschiedenen Mitgliedstaaten durch diese Staaten geregelt, doch unterlägen sie bestimmten Grenzen, betont der EuGH. Dazu führt er aus, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei einem ordnungsgemäß krankgeschriebenen Arbeitnehmer nicht von der Voraussetzung abhängig gemacht werden könne, dass er während des in einem Mitgliedstaat festgelegten Bezugszeitraums tatsächlich gearbeitet habe. Folglich könne ein Mitgliedstaat den Verlust des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub am Ende eines Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums nur unter der Voraussetzung vorsehen, dass der betroffene Arbeitnehmer tatsächlich die Möglichkeit gehabt habe, seinen Urlaubsanspruch auszuüben.

Der Gerichtshof stellt jedoch fest, dass einem Arbeitnehmer, der während des gesamten Bezugszeitraums und über einen im nationalen Recht festgelegten Übertragungszeitraum hinaus krankgeschrieben ist, jede Möglichkeit genommen ist, in den Genuss seines bezahlten Jahresurlaubs zu kommen. Das gelte auch für einen Arbeitnehmer, der während eines Teils des Bezugszeitraums gearbeitet habe, bevor er krankgeschrieben worden sei. Der EuGH kommt zu dem Ergebnis, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei Ablauf des Bezugszeitraums und/oder eines im nationalen Recht festgelegten Übertragungszeitraums nicht erlöschen darf, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraums oder eines Teils davon krankgeschrieben war und seine Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende seines Arbeitsverhältnisses fortgedauert hat, weshalb er seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht ausüben konnte.

In Bezug auf den Anspruch auf eine bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu zahlende finanzielle Vergütung für bezahlten Jahresurlaub, den der Arbeitnehmer nicht nehmen konnte, entschied der EuGH, dass diese Vergütung in der Weise zu berechnen sei, dass der Arbeitnehmer so gestellt werde, als hätte er diesen Anspruch während der Dauer seines Arbeitsverhältnisses ausgeübt. Folglich sei das gewöhnliche Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers, das während der dem bezahlten Jahresurlaub entsprechenden Ruhezeit weiterzuzahlen sei, auch für die Berechnung der finanziellen Vergütung für bei Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht genommenen Jahresurlaub maßgebend.

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BAG verneint Widerspruchsrecht bei gesetzlicher Überleitung eines Arbeitsverhältnisses auf einen neuen Arbeitgeber

Durch Landesgesetze können die Rechtsträger des öffentlichen Dienstes umstrukturiert werden. Solche Gesetze können nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich auch vorsehen, dass die Arbeitsverhältnisse der in den umstrukturierten Bereichen Beschäftigten auf einen neuen Rechtsträger übergeleitet werden, ohne dass den Arbeitnehmern ein Recht zum Widerspruch gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses eingeräumt wird. Ein solches Widerspruchsrecht ergebe sich nicht aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch, da es sich bei Umstrukturierungen kraft Gesetz nicht um einen rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang handele. Auch das Europäische Gemeinschaftsrecht sehe ein solches Widerspruchsrecht nicht vor. Jedoch sei die freie Wahl des Arbeitgebers durch das Grundrecht der Berufsfreiheit des Art. 12 GG geschützt. Ein Gesetz, durch das der Arbeitgeber ausgewechselt werde, greife in dieses Grundrecht ein. Dieser Eingriff sei aber verfassungsgemäß, soweit er durch Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wird und verhältnismäßig ist (Urteil vom 18.12.2008, Az.: 8 AZR 660/07).

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Einzelvertragliche Ausschlussfristen in einem Altvertrag

Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 25.05.2005 – 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111 und Urteil vom 28.09.2005 – 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149) benachteiligt eine einzelvertragliche Ausschlussfrist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, welche die gerichtliche Geltendmachung aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von weniger als drei Monaten ab Fälligkeit verlangt, den Vertragspartner des Verwenders unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben. Sie ist deshalb ersatzlos unwirksam. Es gilt die gesetzliche Verjährungsregelung. Dies gilt nach dem Urteil des BAG vom 28.11.2007 (5 AZR 992/06, NZA 2008, 293) auch für Ausschlussfristen in so genannten „Altverträgen“, welche vor dem 01.01.2002 geschlossen wurden.
Anmerkung: Die Unwirksamkeit einer zweiten Stufe der Ausschlussfrist muss nicht zwangsläufig die Unwirksamkeit der ersten Stufe nach sich ziehen.
(BAG, Urteil vom 12.03.2008 – 10 AZR 152/07, NZA 2008, 699)

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Fristwahrung durch Kündigungsschutzklage bei 2-stufiger einzelvertraglicher Ausschlussfrist

Mit Urteil vom 19.03.2008 (5 AZR 429/07) grenzt der 5. Senat des Bundesarbeitsgerichtes seine Rechtsprechung ab. Zuvor hatte er in seiner Entscheidung vom 26.04.2006 (5 AZR 403/05) zu einer 2-stufigen tariflichen Ausschlussfrist entschieden, dass der schriftlich angekündigte Klageabweisungsantrag eine schriftliche Ablehnung der Ansprüche darstelle und damit die zweite Stufe – gerichtliche Geltendmachung – in Gang setze. Dies erfordere grundsätzlich das Einklagen der Ansprüche als eigenständigen Streitgegenstand. Es muss deshalb zur Fristwahrung Zahlungsklage erhoben werden. In dem neuesten Urteil judiziert der 5. Senat nun, die Erhebung einer Kündigungsschutzklage wahre regelmäßig nicht nur die erste, sondern auch die zweite Stufe einer einzelvertraglich vereinbarten Ausschlussfrist für alle Einzelansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.

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Befristung – Schriftform

Eine nur mündlich vereinbarte Befristung ist nach § 14 Abs. 4 TzBfG, § 125 Satz 1 BGB nichtig, so dass bei Vertragsbeginn nach § 16 Satz 1 TzBfG ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entsteht. Die spätere schriftliche Niederlegung der zunächst nur mündlich vereinbarten Befristung führt nicht dazu, dass die zunächst formnichtige Befristung rückwirkend wirksam wird.
(BAG Urteil vom 16.04.2008 – 7 AZR 1048/96)