Kategorien-Archiv Arbeitsrecht

VonHagen Döhl

Verwirkung des Widerspruchsrechts bei Betriebsübergang

Nur eine ordnungsgemäße Unterrichtung über einen beabsichtigten Betriebsübergang (§ 613 a Abs. 5 BGB) setzt für den betroffenen Arbeitnehmer die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613 a VI 1 BGB in Lauf. Das Recht des Arbeitnehmers, dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber zu widersprechen (§ 613 a VI BGB), kann verwirken. Ein Arbeitnehmer, der eine fehlerhafte Unterrichtung rügt und eine selbst gesetzte Frist zur Entscheidung über sein Widerspruchsrecht verstreichen lässt, verwirkt jedenfalls dann das Umstandsmoment im Sinne der Verwirkung, wenn er danach mit dem Betriebserwerber einen Aufhebungsvertrag und mit einem dritten Unternehmen einen neuen Arbeitsvertrag abschließt.
Könnte sich der Betriebserwerber als neuer Arbeitgeber mit Erfolg auf Umstände berufen, die zur Verwirkung des Widerspruchsrechts geführt haben, so steht dieses Recht auch dem Betriebsveräußerer zu, unabhängig davon, ob und ggf. wann diesem die Umstände bekannt geworden sind (BAG Urteil vom 02.04.2009 – 8 AZR 262/07)

VonHagen Döhl

Interessenausgleich und fristlose Kündigung

Die Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 Kündigungsschutzgesetz findet keine Anwendung auf außerordentliche Beendigungs- oder Änderungskündigungen.
(BAG Urteil vom 28.05.2009 – 2 AZR 844/07)

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Gleichbehandlung von Arbeitnehmern bei freiwilligen Sonderzahlungen

Ist ein Arbeitgeber weder vertraglich, noch aufgrund kollektiver Regelungen zu Sonderzahlungen verpflichtet, kann er frei entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen er seinen Arbeitnehmern eine zusätzliche Leistung gewährt. Allerdings ist er an den arbeitsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung gebunden. Er darf einzelnen Arbeitnehmern nur aus sachlichen Kriterien eine Sonderzahlung vorenthalten. Stellt er sachfremd Arbeitnehmer schlechter, können diese verlangen, wie die begünstigten Arbeitnehmer behandelt zu werden. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber gegen das Maßregelungsverbot in § 612 a BGB verstößt und Arbeitnehmer von einer Sonderzahlung ausnimmt, weil diese in zulässiger Weise ihre Rechte ausgeübt haben.
(BAG 05.08.2009 – 10 AZR 666/08)

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Altersdiskriminierende Stellenausschreibung

Die Begrenzung einer innerbetrieblichen Stellenausschreibung auf Arbeitnehmer im ersten Berufsjahr kann eine nach § 3 Abs. 2 des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) unzulässige mittelbare Benachteiligung wegen des Alters sein. Arbeitnehmer mit mehreren Berufsjahren weisen typischerweise gegenüber Arbeitnehmern im ersten Berufsjahr eine höheres Lebensalter auf. Eine solche Beschränkung kann gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitgeber mit ihr ein rechtmäßiges Ziel verfolgt und sie zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich ist. Sind die hierfür vom Arbeitgeber angeführten Gründe offensichtlich ungeeignet, verstößt er grob gegen seine Pflicht zur diskriminierungsfreien Stellenausschreibung nach § 11 AGB. Dagegen kann der Betriebsrat nach § 17 Abs. 2 AGG vorgehen.
(BAG 18.08.2009 – 1 ABR 47/08)

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Treuwidrigkeit der Kündigung in einem Kleinbetrieb – Darlegungslast

Macht der Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis, dass nicht dem betrieblichen Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes unterfällt, die Treuwidrigkeit der Kündigung geltend, muss er, soweit er die Überlegungen des Arbeitgebers nicht kennt, die zu seiner Kündigung geführt haben, im Wege seiner abgestuften Darlegungs- und Beweislast, zunächst nur einen Sachverhalt vortragen, der die Treuwidrigkeit der Kündigung nach § 242 BGB indiziert.
Sodann muss sich der Arbeitgeber nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen auf diesen Vortrag einlassen, um zu entkräften. Legt der Arbeitgeber dagegen im Prozess unaufgefordert die von ihm herangezogenen Kündigungsgründe substantiiert dar, muss der Arbeitnehmer, um seiner Darlegungslast für die Treuwidrigkeit der Kündigung zu genügen, im Einzelnen vortragen, dass und aus welchen Gründen die Kündigung treuwidrig sein soll.
Außerhalb des besonderen Bestandsschutzes, den das Kündigungsschutzgesetz gewährt, bedarf es vor einer ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses in der Regel keiner vergeblichen Abmahnung.
(BAG 23.04.2009 – 6 AZR 533/08)

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Massenentlassung

Eine Kündigung ist rechtsunwirksam, wenn sie der Arbeitgeber vor einer nach § 17 KSchG erforderlichen, den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Anzeige an die Agentur für Arbeit ausspricht.
Anzeigepflichtige Kündigungen dürfen bereits unmittelbar nach Eingang der Anzeige bei der Agentur für Arbeit ausgesprochen werden. Eine anzeigepflichtige Kündigung beendet, sofern der Kündigungstermin vor Ablauf der 1-monatigen Sperrfrist des § 18 Abs. 1 KSchG liegt, das Arbeitsverhältnis nicht zu dem in der Kündigungserklärung genannten Zeitpunkt, sondern erst mit Ablauf eines Monats nach Eingang der Anzeige, wenn keine Zustimmung der Agentur für Arbeit zu einer früheren Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorliegt.
(BAG 28.05.2009 – 8 AZR 273/08)

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BAG: Gleichbehandlung von Arbeitnehmern bei freiwilligen Sonderzahlungen

Ein Arbeitgeber, der weder vertraglich noch aufgrund kollektiver Regelungen zu Sonderzahlungen verpflichtet ist, kann frei entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen er seinen Arbeitnehmern eine zusätzliche Leistung gewährt. Allerdings ist er an den arbeitsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung gebunden und darf einzelnen Arbeitnehmern nur aus sachlichen Kriterien eine Sonderzahlung vorenthalten. Keine zulässige Vorenthaltung liegt nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vor, wenn der Arbeitgeber gegen das Maßregelungsverbot in § 612a BGB verstößt und Arbeitnehmer deshalb von einer Sonderzahlung ausnimmt, weil diese in zulässiger Weise ihre Rechte ausgeübt haben (Urteil vom 05.08.2009, Az.: 10 AZR 666/08).

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LSG Hessen: Überforderung wichtiger Grund für Kündigung

Kündigt ein Arbeitnehmer seine Stelle, weil ihn die Arbeitsbedingungen überfordern, so stellt dies einen wichtigen Grund für die Kündigung dar. Er erhält dann trotz seiner Kündigung sofort Arbeitslosengeld und nicht erst nach einer Sperrzeit von zwölf Wochen. Dies hat das Landessozialgericht Hessen im Fall eines Busfahrers entschieden, der seinen Job wegen für ihn unzumutbarer Arbeitsbedingungen gekündigt hatte (Urteil vom 18.06.2009, Az.: L 9 AL 129/08).

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BSG: Widerspruch gegen Betriebsübergang – keine Sperrfrist

Das BSG hat sich in einer Entscheidung vom 8.7.2009 (B 11 AL 17/08 R)mit der Frage befasst, ob der Widerspruch eines Arbeitnehmers gegen den Betriebsübergang als solcher einen sperrzeitrelevanten Sachverhalt darstellt.
Der Kläger war bei der Firma E. im Betriebsteil IPS beschäftigt. Diesen Betriebsteil veräußerte die Arbeitgeberin zum 05.06.2001 an die Firma M. Der Kläger widersprach dem Betriebsübergang schriftlich ohne Angabe von Gründen mit der Folge, dass sein Arbeitsverhältnis mit der bisherigen Arbeitgeberin bestehen blieb. Daraufhin wurde das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung durch Aufhebungsvertrag unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zum 31.01.2002 beendet. Die Beklagte stellte anschließend den Eintritt einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe vom 01.02. bis zum 25.04.2002 fest. Die dagegen erhobene Klage war in den Vorinstanzen erfolglos.
Das BSG hat entschieden, dass der Widerspruch eines Arbeitnehmers gegen den Betriebsübergang als solcher keinen sperrzeitrelevanten Sachverhalt darstellt.
Allerdings hält das BSG für Fallgestaltungen der vorliegenden Art an seiner Rechtsprechung fest, dass ein wichtiger Grund zur Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag nur besteht, wenn dem Arbeitnehmer anderenfalls objektiv rechtmäßig zum selben Zeitpunkt gekündigt worden und ihm die Hinnahme der Kündigung nicht zumutbar gewesen wäre. Dies wird das Landessozialgericht noch zu klären haben.

VonHagen Döhl

BAG: Betriebliche Übung trotz Schriftformklausel

Regelt eine Tarifvorschrift, dass Nebenabreden der Schriftform bedürfen, erfasst sie nicht Vereinbarungen der Parteien über die beiderseitigen Hauptrechte und -pflichten aus dem Arbeitsverhältnis nach § 611 BGB.
BAG, Urteil vom 01.04.2009 – 10 AZR 393/08