Kategorien-Archiv Arbeitsrecht

VonHagen Döhl

Bundesregierung will Missbrauch in Arbeitnehmerüberlassung stoppen

Die Bundesregierung will den Missbrauch im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung unterbinden.
Mit dem von ihr eingebrachten Gesetzentwurf (BT-Drs. 17/4804 – PDF, 108 KB), der am 24.02.2011 vom Bundestag in erster Lesung beraten wird, soll zugleich die EU-Leiharbeitsrichtlinie umgesetzt werden. Durch die Einführung einer gesetzlichen Regelung, der so genannten Drehtürklausel, soll verhindert werden, dass Arbeitnehmer entlassen oder nicht weiter beschäftigt werden und anschließend unmittelbar oder nach kurzer Zeit als Leiharbeiter zu schlechteren Arbeitsbedingungen als die Arbeitnehmer des Entleihers wieder in ihrem ehemaligen Unternehmen oder einem anderen Unternehmen des selben Konzerns eingesetzt werden. Die Möglichkeit, diese Personen als Leiharbeiter in ihren ehemaligen Unternehmen einzusetzen, bestehe auch künftig, heißt es in der Vorlage. Allerdings solle die Schlechterstellung dieser Personen und damit der missbräuchliche Einsatz der Arbeitnehmerüberlassung künftig dadurch verhindert werden, dass vom Gleichstellungsgrundsatz abweichende Regelungen in Tarifverträgen für sie keine Anwendung finden können.
Die Umsetzung der Leiharbeitsrichtlinie erfordere Änderungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, heißt es weiter. Die Richtlinie begrenze den Anwendungsbereich nicht wie im geltenden Recht auf gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung, sondern gelte für wirtschaftlich tätige Unternehmen unabhängig davon, ob sie Erwerbszwecke verfolgen oder nicht. Zudem definiere die Richtlinie Arbeitnehmerüberlassung als vorübergehend. Die im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz vorgesehene Möglichkeit, zuvor arbeitslose Leiharbeiter für längstens sechs Wochen abweichend vom Grundsatz der Gleichstellung mit den vergleichbaren Arbeitnehmern im Betrieb des Entleihers zu einem Nettoarbeitsentgelt zu beschäftigen, das dem zuletzt gezahlten Arbeitslosengeldes entspricht, werde gestrichen, schreibt die Bundesregierung. Zudem würden die Entleiher künftig verpflichtet, den in ihrem Betrieb tätigen Leiharbeitern Zugang zu den Gemeinschaftseinrichtungen oder –diensten im Unternehmen zu gewähren und sie über Arbeitsplätze im Einsatzunternehmen zu unterrichten, die besetzt werden sollen. Es soll klargestellt werden, so heißt es weiter, dass die Vereinbarung einer von den Leiharbeitnehmern an den Verleiher zu zahlende Vermittlungsprovision für den Fall unwirksam sei, dass sie ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher eingehen.
In seiner Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf fordert der Bundesrat, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob im vorliegenden Entwurf Änderungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes die besonderen Belange von Menschen mit Behinderung ausreichend Berücksichtigung finden. Dabei geht es insbesondere um Auswirkungen auf gemeinnützige Werkstätten für behinderte Menschen und gemeinnützige Integrationsprojekte. Weiterhin fordert der Bundesrat die Einführung einer zusätzlichen Anzeigepflicht für Unternehmen, die nur gelegentlich Arbeitnehmer überlassen, welche nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt werden.
Die Bundesregierung lehnt in ihrer Gegenäußerung die zusätzliche Anzeigenpflicht ab. Sie teile auch nicht die Einschätzung, dass der Regierungsentwurf in bestehende Strukturen zur Teilhabe von Menschen mit Behinderung eingreifen würde.

VonHagen Döhl

Rückzahlung von Fortbildungskosten bei Eigenkündigung des Arbeitnehmers vor Beendigung des Lehrgangs

Das BAG hat entschieden, dass die vertragliche Verpflichtung, die vom Arbeitgeber übernommenen Weiterbildungskosten zurückzuzahlen, wenn der Arbeitnehmer auf eigenen Wunsch vor Abschluss der Weiterbildung aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, nicht gegen § 307 BGB verstößt.
Der Beklagte war seit Februar 2002 als Bankkaufmann bei dem klagenden Sparkassen-Zweckverband beschäftigt. Im Juni 2006 schlossen die Parteien eine Lehrgangsvereinbarung über die Teilnahme des Beklagten an einem Studiengang des Bayerischen Sparkassen- und Giroverbandes zum Sparkassenbetriebswirt. Danach hat der Kläger die Lehrgangs- und Prüfungsgebühren zu tragen und den Beklagten zur Teilnahme an dem Studiengang unter Fortzahlung der Vergütung freizustellen; der Beklagte hat dem Kläger diese Leistungen zu erstatten, wenn er auf eigenen Wunsch vor dem Abschluss der Ausbildung aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Der Beklagte absolvierte in einem Zeitraum von ca. acht Monaten zwei jeweils ca. fünfwöchige Ausbildungsabschnitte. Danach kündigte er das Arbeitsverhältnis und nahm an dem zeitlich später liegenden dritten und letzten Ausbildungsabschnitt nicht mehr teil.
Das Landesarbeitsgericht hat der auf Rückzahlung der Weiterbildungskosten gerichteten Klage im Wesentlichen stattgegeben.
Die Revision des Beklagten blieb vor dem BAG erfolglos.
Der Kläger habe Anspruch auf Rückzahlung der Weiterbildungskosten. Die Rückzahlungsklausel sei wirksam. Durch die Bindung an das Arbeitsverhältnis bis zum Abschluss des von dem Sparkassen- und Giroverband vorgegebenen Studiengangs zum Sparkassenbetriebswirt werde der Beklagte nicht unangemessen benachteiligt i.S.v. § 307 Abs. 1 BGB, sofern die erfolgreiche Weiterbildung für den Arbeitnehmer von geldwertem Vorteil ist. Dies gelte auch dann, wenn die Weiterbildung nicht kontinuierlich, sondern in mehreren zeitlich voneinander getrennten Ausbildungsabschnitten erfolgt, sofern die zeitliche Lage der einzelnen Ausbildungsabschnitte den Vorgaben der Weiterbildungseinrichtung entspricht und die vertragliche Vereinbarung dem Arbeitgeber nicht die Möglichkeit eröffnet, allein nach seinen Interessen die Teilnahme an den jeweiligen Ausbildungsabschnitten festzulegen.
Offen bleibt, ob und inwieweit die bei Abschluss der Rückzahlungsvereinbarung absehbare Länge der Unterbrechungen zwischen den Ausbildungsabschnitten einer Angemessenheitskontrolle unterliegt.
(BAG 19.01.2011 3 AZR 621/08)

VonHagen Döhl

Zulässigkeit von Vorschriften zum Erscheinungsbild von Mitarbeitern

Das LArbG Köln hat entschieden, dass Mitarbeiterinnen nicht vorgeschrieben werden darf, die Fingernägel nur einfarbig zu tragen, und von männlichen Mitarbeitern nicht verlangt werden darf, bei Haarfärbungen nur natürlich wirkende Farben zu tragen.
(Landesarbeitsgericht Köln 3 TaBV 15/10)

VonHagen Döhl

Arbeitsrecht gilt auch im Schneechaos

Wer seinen Arbeitsplatz aufgrund der Witterung nicht oder zu spät erreicht, hat keinen gesetzlichen Anspruch auf Zahlung des Entgelts für diese Zeiten.

Das Risiko für die Anfahrt zur Arbeit, das sog. Wegerisiko, liegt beim Arbeitnehmer. Ausnahmen gelten nur dort, wo diese Fälle von „höherer Gewalt“ vereinzelt durch günstigere Regelungen in Tarifverträgen erfasst sind.

In der Praxis wird der Entgeltausfall oft aber dadurch verhindert, dass für die Ausfalltage Urlaub oder Freizeitausgleich vom Arbeitszeitkonto gewährt werden.

Anders sieht es aus, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht arbeiten können. Beispielsweise wenn wegen eines Fahrverbots oder wegen eines witterungsbedingten Strom- oder Maschinenausfalls nicht weitergearbeitet werden kann. Dieses sogenannte Betriebsrisiko trägt der Arbeitgeber, er muss den Lohn weiterzahlen. Dasselbe gilt, wenn der Betrieb als unwirtschaftlich eingestellt wird, etwa weil Rohstoffe oder Vorprodukte ausbleiben.

Auch diese Fälle von Betriebsstörungen, die weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer zu vertreten haben, werden in Tarifverträgen teilweise abweichend geregelt.

Mancherorts ordnen Arbeitgeber jetzt Überstunden an. Hier kann bei den aktuellen Witterungsverhältnissen von einem Notfall ausgegangen werden. Das gilt etwa zur Wiederherstellung des Stromnetzes, um Waren anzunehmen, den Warenbestand aufzufüllen oder wegen längerer Öffnungszeiten zur Versorgung der Bevölkerung. Hier sind die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur Leistung von Überstunden verpflichtet.

VonHagen Döhl

BAG: Recht auf Privatnutzung eines Dienstwagens erlischt bei Arbeitsunfähigkeit mit Ablauf der Entgeltfortzahlungspflicht

Das einem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber eingeräumte Recht zur privaten Nutzung eines Dienstwagens erlischt im Fall einer längeren Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers mit dem Ablauf der Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers. Dies hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 14.12.2010 entschieden und einen Anspruch auf eine Nutzungsausfallentschädigung in einem Fall verneint, in dem der Arbeitgeber einem erkrankten Arbeitnehmer das diesem auch zur Privatnutzung überlassene Fahrzeug nach Ende des Entgeltfortzahlungszeitraums entzogen hatte. Denn da die Gebrauchsüberlassung Teil der geschuldeten Gegenleistung sei, bestehe eine Überlassungspflicht nur, soweit der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Arbeitsentgelt habe. Dies sei nicht mehr der Fall, wenn für den Arbeitgeber keine Entgeltfortzahlungspflicht mehr bestehe, so das BAG (Az.: 9 AZR 631/09).

VonHagen Döhl

Leiharbeiter können Nachzahlungen einklagen

Leiharbeiter können Nachzahlungen einklagen
Die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) ist laut einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16.12.2010 nicht tariffähig. Damit darf die Organisation keine Tarifverträge mehr abschließen. Zur Frage, was die Entscheidung für die bislang von der CGZP geschlossenen Tarifabschlüsse bedeutet, nahmen die Bundesrichter nicht ausdrücklich Stellung. Im Gegensatz zur Vorinstanz wurden die bisherigen CGZP-Tarifverträge nicht für nichtig erklärt. Es sei jedoch zweifelhaft, dass die CGZP in der Vergangenheit jemals tariffähig gewesen sei, sagte ein Gerichtssprecher tagesschau.de. Betroffene Arbeitnehmer müssen nach seinen Angaben nun selbst vor die Arbeitsgerichte ziehen, um dieselbe Bezahlung wie die Stammbelegschaft einzufordern.
Hintergrund des Streits ist das sogenannte Equal-Pay-Gebot. Danach haben Leiharbeiter Anspruch auf den gleichen Lohn wie die Stammbelegschaft, sofern für sie kein eigenständiger Tarifvertrag gilt. Die Gewerkschaft ver.di und das Land Berlin hatten der CGZP vorgeworfen, mit niedrigen Tarifabschlüssen für Leiharbeiter das Lohnniveau zu drücken. Sie hatten die Tariffähigkeit der CGZP angezweifelt und bereits in den Vorinstanzen Recht bekommen. Die zuvor geschlossenen CGZP-Tarifverträge, die laut Schätzungen für etwa 200.000 Leiharbeiter in 1600 Firmen galten, stuften die Berliner Arbeitsgerichte als nichtig ein.
Ver.di-Vize Gerd Herzberg sagte, die Entscheidung der Richter verbessere die rechtliche und vor allem finanzielle Situation der Beschäftigten in der Leiharbeitsbranche deutlich. „Die CGZP ist keine Gewerkschaft oder gewerkschaftliche Spitzenorganisation im Sinne unseres Rechtssystems. Derartige Organisationen drohen das Tarifvertragssystem durch Billigkonkurrenz vollständig auszuhöhlen.“ Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) bezeichnete die Entscheidung als deutliches Signal gegen Dumping-Tarifverträge und Gefälligkeitsvereinbarungen: „Mit dem Urteil sind wir einen Schritt weiter auf dem langen Weg, Tarifdumping zu unterbinden“, sagte DGB-Chef Michael Sommer.
Möglicherweise hohe Nachzahlungen

Die betroffenen Arbeitnehmer müssten nach dem Equal-Pay-Gebot mehr Geld erhalten, falls die bisherigen CGZP-Tarifverträge nichtig sind. Dies könnte laut einer ver.di-Schätzung bis zu 280.000 Arbeitnehmer betreffen. Je nach Arbeitsvertrag könnten sie auch rückwirkend Geld nachfordern. Die betroffenen Firmen müssten zudem teilweise deutlich höhere Sozialversicherungsbeiträge abführen. Schätzungen zufolge könnten allein die Sozialversicherungssysteme mit Nachzahlungen von bis zu zwei Milliarden Euro rechnen.
Nach Einschätzung der IG Metall können aufgrund des Urteils des Bundesarbeitsgerichts Tausende Zeitarbeiter auch nachträglich gleichen Lohn einklagen. Außerdem seien nun die Sozialversicherungsträger am Zug, über Jahre hinweg nicht bezahlte Sozialversicherungsbeiträge nachzufordern, erklärte der Justiziar der Gewerkschaft, Thomas Klebe. „Mit diesem Beschluss steht fest, dass die mit der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge unwirksam sind und alle danach bezahlten Beschäftigten Ansprüche auf gleiche Bezahlung und gleiche Arbeitsbedingungen wie die Stammbeschäftigten haben“, sagte Klebe. Es müssten lediglich die individuellen Verjährungsfristen beachtet werden. Auch DGB-Chef Michael Sommer erklärte, die betroffenen Beschäftigten könnten die Differenz zu dem höheren Lohn der Stammbelegschaft beim Verleiher geltend machen und falls erforderlich einklagen.
In der 2002 gegründeten Tarifgemeinschaft CGZP haben sich die nach eigenem Verständnis christlichen Gewerkschaften zusammengeschlossen, um branchenübergreifend Tarifverträge für die Leiharbeitsbranche abzuschließen. Um tariffähig zu sein und Tarifverträge abschließen zu können, ist laut ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine ausreichende „Sozialmächtigkeit“ der Gewerkschaften notwendig. Das heißt, sie müssen ausreichend schlagkräftig und durchsetzungsfähig sein, um der Arbeitgeberseite ein wirkliches Gegengewicht bieten zu können. Im Fall der CGZP kamen die Richter nach Angaben eines Gerichtssprechers zu der Auffassung, dass die erforderliche Tarifmächtigkeit mangels einer ausreichenden Mitgliederzahl nicht gegeben sei.
(BAG 16.12.2010 Az: 1 ABR 19/10)

VonHagen Döhl

Die Kündigung des Arbeitgebers – keine ausweglose Situation

Spricht der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer eine Kündigung aus, sollte dieser in jedem Fall prüfen lassen, wie er sich gegebenenfalls zu dieser Kündigung verhalten sollte.
Nichts zu tun und die Kündigung reaktionslos zu akzeptieren, wird aber in der Regel von vorn herein nicht die zu favorisierende Option sein.
In Unternehmen, in denen in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden, ist bei Kündigungen – wenn das Arbeitsverhältnis bereits länger als sechs Monate besteht – das Kündigungsschutzgesetz zu beachten. Dieses Gesetz erlaubt Kündigungen des Arbeitgebers nur dann, wenn diese auch sozial gerechtfertigt sind. Dass eine soziale Rechtfertigung für eine Kündigung besteht, muss im arbeitsgerichtlichen Verfahren immer der Arbeitgeber plausibel darlegen und beweisen. Dabei sind die Anforderungen an einen solchen Vortrag des Arbeitgebers derart hoch, dass selbst die erfahrenen Arbeitgeber sich zumeist anwaltlicher Unterstützung bedienen müssen und zugleich aber auch das Risiko tragen, dass die Unwirksamkeit der Kündigung durch das Arbeitsgericht festgestellt wird, wenn es dem Arbeitgeber nicht gelingt, beispielsweise Kündigungsgrund und Richtigkeit der Sozialauswahl darzustellen und zu beweisen.
Verliert der Arbeitgeber einen solchen Prozess nach eventuell mehrmonatiger Dauer, muss er den Arbeitnehmer weiterbeschäftigen und ihm die Einkommensdifferenz infolge zwischenzeitlicher Nichtbeschäftigung ausgleichen. Das kann für den Arbeitgeber schon kostenträchtig sein. Aus diesem Grunde ist der Arbeitgeber in der Regel frühzeitig daran interessiert, Klarheit zu schaffen und das gerichtliche Verfahren möglichst frühzeitig zu beenden. Das ist der Grund dafür, dass nach Erhebung einer Kündigungsschutzklage der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer häufig eine Abfindung anbietet, damit der Arbeitnehmer seine Kündigungsschutzklage nicht weiterverfolgt und sich zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereit findet. Die Höhe solcher Abfindungen ist natürlich Verhandlungssache und abhängig von der jeweiligen Prozesssituation.
Selbst in Unternehmen, die für den Fall betriebsbedingter Kündigungen mit ihrem Betriebsrat Sozialpläne aufstellen, lässt sich so in vielen Fällen auch noch ein „Zuschlag“ zur Sozialplanabfindung erreichen. Selbst dafür würde es sich also „lohnen“, eine Kündigungsschutzklage zu erheben.
In den allermeisten Fällen kann der Arbeitnehmer sich eigentlich durch die Erhebung einer Kündigungsschutzklage gar nicht verschlechtern, weil selbst im ungünstigsten Fall eben (nur) die Kündigung wirksam ist, während das wirtschaftliche Risiko eines langen Prozesses beim Arbeitgeber liegt.

Da die Kündigungsschutzklage innerhalb einer Frist von drei Wochen ab Zustellung der Kündigung zu erheben ist, empfiehlt sich der zeitnahe Gang zum Rechtsanwalt ebenso wie das Unterhalten einer Rechtsschutzversicherung – vorzugsweise ohne Selbstbeteiligung.

Hagen Döhl, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

VonHagen Döhl

Weihnachtsgratifikation und vertraglich vereinbarter Freiwilligkeitsvorbehalt

Das BAG hat entschieden, dass eine unklare oder intransparente allgemeine Klausel im Arbeitsvertrag das Entstehen eines zukünftigen Rechtsanspruchs auf Weihnachtsgeld nicht hindern kann.
Leistet ein Arbeitgeber mehrere Jahre lang Weihnachtsgeld an einen Arbeitnehmer, ohne bei der Zahlung deutlich eine Bindung für die Zukunft auszuschließen, so könne der Arbeitnehmer aus diesem regelmäßigen Verhalten grundsätzlich schließen, der Arbeitgeber wolle sich dauerhaft verpflichten.
Der seit 1996 bei der Beklagten als Diplom-Ingenieur beschäftigte Kläger erhielt zumindest in den Jahren 2002 bis 2007 jeweils ein Weihnachtsgeld in Höhe eines Bruttomonatsverdienstes, ohne dass bei der Zahlung ein ausdrücklicher Vorbehalt erklärt worden war. Wegen der Wirtschaftskrise verweigerte die Beklagte unter Hinweis auf eine Klausel im schriftlichen Arbeitsvertrag eine Zahlung für das Jahr 2008. Die Klausel lautet:
„Soweit der Arbeitgeber gesetzlich oder durch Tarifvertrag nicht vorgeschriebene Leistungen, wie Prämien, Zulagen, Urlaubsgeld, Gratifikationen, Weihnachtsgratifikationen gewährt, erfolgen sie freiwillig und ohne jede rechtliche Verpflichtung. Sie sind daher jederzeit ohne Wahrung einer besonderen Frist widerrufbar.“
Mit seiner Klage hat der Kläger die Zahlung eines Weihnachtsgeldes für das Jahr 2008 verlangt. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der vertraglich vereinbarte Freiwilligkeitsvorbehalt habe die Entstehung eines Weihnachtsgeldanspruchs verhindert.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen.
Die Revision des Klägers war vor dem BAG erfolgreich.
Zwar mag ein im Arbeitsvertrag klar und verständlich formulierter „Freiwilligkeitsvorbehalt“ einen zukünftigen Anspruch auf eine Sonderzahlung ausschließen, so das BAG. Allerdings dürfe dieser als Allgemeine Geschäftsbedingung formulierte Vorbehalt nicht mehrdeutig, sondern muss klar und verständlich i.S.d. § 307 BGB sein. Die von der Beklagten verwendete Klausel sei unklar und nicht eindeutig formuliert. Sie sei nicht geeignet, das mehrfache, tatsächliche Erklärungsverhalten des Arbeitgebers hinreichend zu entwerten. Die Klausel könne auch so verstanden werden, dass sich der Arbeitgeber aus freien Stücken zur Erbringung der Leistung verpflichten wollte. Ferner setze der vorbehaltene Widerruf voraus, dass überhaupt ein Anspruch entstanden ist.
(BAG 8.12.2010 – AZR 671/09)

VonHagen Döhl

An- und Ausziehen der Polizeiuniform keine Arbeitszeit

Das OVG für das Land Nordrhein-Westfalen hat entschieden, dass die Zeit, die für das An- und Ablegen der Polizeiuniform erforderlich ist, nicht auf die Arbeitszeit anzurechnen ist. | Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen
(6 A 1546/10)

VonHagen Döhl

Schriftform der Kündigung im Arbeitsrecht

Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch muss die Kündigung schriftlich durch den Kündigungsberechtigten erfolgen. Die Nichteinhaltung der Schriftform führt zur Nichtigkeit der Kündigung.
In einem vom Landesarbeitsgericht Düsseldorf entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin lediglich eine Fotokopie der unterschriebenen Kündigungserklärung während des Mitarbeitergesprächs ausgehändigt. Der Arbeitgeber hatte ihr lediglich die Gelegenheit gegeben die Originalurkunde zu lesen; die Klägerin hatte jedoch zu keinem Zeitpunkt die Verfügungsgewalt über das Kündigungsschreiben.
Das Gericht entschied, dass der Zugang einer Fotokopie der unterschriebenen Urkunde nicht ausreichend sei, um die gesetzlich vorgeschriebene Form zu wahren. Erforderlich sei vielmehr der Zugang des mit der Originalunterschrift versehenen Kündigungsschreibens.
Das Landesarbeitsgericht vertrat die Auffassung, dass kein Zugang im Sinne des § 130 Absatz 1 BGB erfolgt sei und begründete dies damit, dass die Klägerin die Verfügungsgewalt über das Originalkündigungsschreiben auch nicht nur vorübergehend erhalten hatte.
Ein solches Erklärungsverhalten des Arbeitgebers stelle keine Übergabe bzw. Aushändigung und keine Aufgabe der Verfügungsgewalt dar. Diesem Befund stehe nicht entgegen, dass die Arbeitnehmerin den Erhalt der Kündigung auch auf dem Originalschreiben quittieren sollte. Vielmehr ginge daraus, dass die Empfangsbestätigung auf das von der Beklagten zurückgehaltene Originalschreiben gesetzt werden sollte, verstärkt hervor, dass der Arbeitgeber das Originalschreiben auch wegen der Dokumentation des Kündigungsausspruchs nicht aus der Hand geben wollte (LAG Düsseldorf 12 Sa 132/07).