Kategorien-Archiv Arbeitsrecht

VonHagen Döhl

BAG: AGB-Regelung über 150 Arbeitsstunden im monatlichen Durchschnitt ungültig

Eine Arbeitszeitregelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die den Arbeitnehmer verpflichtet, im monatlichen Durchschnitt 150 Stunden zu arbeiten ist nicht klar und verständlich, weil Ihr ist nicht zu entnehmen ist, innerhalb welchen Zeitraums der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mit durchschnittlich 150 Stunden im Monat beschäftigen muss. Das hat das Bundesarbeitsgericht jetzt entschieden und eine erstinstanzliche Entscheidung zum Teil wiederhergestellt (Urteil vom 21.06.2011, Az.: 9 AZR 236/10).

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Sachgrundlose Befristung – Vorbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG

Das so genannte Zuvorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG bezieht sich auf denselben Vertragsarbeitgeber. Das ist die natürliche oder juristische Person, die mit dem Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag geschlossen hat.
Die Ausnutzung der durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten kann rechtsmissbräuchlich sein.
Ein Gestaltungsmissbrauch kommt in Betracht, wenn mehrere rechtlich und tatsächlich verbundene Vertragsarbeitgeber in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit einem Arbeitnehmer aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge ausschließlich deshalb schließen, um auf diese Weise über die nach § 14 Abs. 2 TzBfG vorgesehenen Befristungsmöglichkeiten hinaus sachgrundlose Befristungen aneinanderreihen zu können.
Die Überlassung eines sachgrundlos befristeten beschäftigten Arbeitnehmers an seinen vormaligen Vertragsarbeitgeber, bei dem er zuvor sachgrundlos befristet beschäftigt war, rechtfertigt allein noch nicht die Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs.
(BAG 09.03.2011 – 7 AZR 657/09)

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Gewinnerzielungsabsicht und gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung

Die nach § 1 Abs. 1 AÜG für eine gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung erforderliche Gewinnerzielungsabsicht fehlt, wenn mit der Überlassung von Arbeitnehmern unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgt werden.
Bei Wirtschaftsunternehmen, die keine gemeinnützigen, karitativen oder sonstigen ideellen Zwecke verfolgen, ist dagegen grundsätzlich anzunehmen, dass sie aus der Arbeitnehmerüberlassung unmittelbare oder mittelbare wirtschaftliche Vorteile ziehen wollen.
Bei konzerninterner Arbeitnehmerüberlassung ist von einer Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 AÜG nicht nur dann auszugehen, wenn das überlassene Unternehmen hieraus unmittelbar selbst einen Gewinn erzielen will, sondern auch dann, wenn der angestrebte wirtschaftliche Vorteil bei der Konzernmutter oder bei dem konzernzugehörigen Entleiher eintreten soll.
(BAG 09.02.2011 – 7 AZR 32/10)

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Betriebsübergang

Die gesetzlichen Regelungen des § 613 a BGB finden auch Anwendung, wenn nicht der gesamte Betrieb, sondern nur ein Betriebsteil durch Rechtsgeschäft erworben wird. Dies setzt voraus, dass die erworbenen Elemente schon beim Betriebsveräußerer eine Einheit dargestellt haben und diese vom Erwerber identitätswahrend fortgeführt wird. Damit ein Arbeitsverhältnis auf den Betriebserwerber übergeht, muss der Arbeitnehmer der Einheit zugeordnet sein.
(BAG 07.04.2011 – 8 AZR 730/09)

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Zurückweisung einer Kündigung wegen fehlender Vollmachtsvorlegung

Durch § 174 BGB soll der Erklärungsempfänger vor der Ungewissheit geschützt werden, ob eine bestimmte Person bevollmächtigt ist, das Rechtsgeschäft vorzunehmen. Darum muss das Inkenntnissetzen nach § 174 Satz 2 BGB ein gleichwertiger Ersatz für eine fehlende Vorlegung der Vollmachtsurkunde sein.
Ausgehend von diesem Zweck des § 174 BGB reicht es für ein Inkenntnissetzen im Sinne des § 174 Satz 2 BGB nicht allein aus, dass der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter in eine Stelle berufen hat, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist. Darüber hinaus ist erforderlich, dass der Erklärungsempfänger davon in Kenntnis gesetzt wird, dass der Erklärende diese Stellung tatsächlich innehat.
Die bloße Mitteilung im Arbeitsvertrag, dass der jeweilige Inhaber einer bestimmten Stelle kündigen dürfe, reicht demnach nicht aus, um den Arbeitnehmer von dessen Bevollmächtigung in Kenntnis zu setzen. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers, aufgrund dessen es vor Zugang der Kündigungserklärung dem Arbeitnehmer möglich ist, der ihm genannten Funktion, mit der das Kündigungsrecht verbunden ist, die Person des jeweiligen Stelleninhabers zuzuordnen.
Dabei muss der Kündigungsberechtigte nicht zwingend im Arbeitsvertrag namentlich bezeichnet werden. Ausreichend für ein Inkenntnissetzen im Sinne des § 174 Satz 2 BGB ist es auch, wenn der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag oder während des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer einen Weg aufzeigt, auf den dieser vor Zugang der Kündigung immer unschwer erfahren kann, welche Person die Position innehat, mit der nach dem Arbeitsvertrag das Kündigungsrecht verbunden ist.
(BAG 14.04.2011 – 6 AZR 727/09)

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Rückzahlung eines Arbeitgeberdarlehens nach vertraglicher Ausgleichsklausel

Eine vertraglich vereinbarte Ausgleichsklausel in einer Aufhebungsvereinbarung, nach der „mit diesem Vertrag sämtliche aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung abzuleitenden wechselseitigen Ansprüche… geregelt und abgegolten sind“, erfasst die Zins- und Rückzahlungsansprüche eines Arbeitgebers gegen seinen Arbeitnehmer aus einem gewährten Arbeitgeberdarlehen grundsätzlich nicht.
(BAG 19.03.2009 – 6 AZR 557/07)

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Tarifwidrige Betriebsvereinbarung und gewerkschaftlicher Beseitigungsanspruch

Arbeitsentgelt und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind, dürfen nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Eine solche Vereinbarung beeinträchtigt die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte kollektive Koalitionsfreiheit der tarifschließenden Gewerkschaft. Diese kann von einem tarifgebundenen Arbeitgeber verlangen, die Anwendung einer gegen den Tarifvertrag verstoßenden Betriebsvereinbarung zu unterlassen.
Die Gewerkschaft hat jedoch keinen eigenen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber Entgeltnachteile ausgleicht, die den Arbeitnehmern aufgrund einer tarifwidrigen Betriebsvereinbarung entstanden sind.
Der Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Betätigungsfreiheit der Gewerkschaft liegt nicht in der Vorenthaltung tariflicher Leistungen, sondern im Abschluss der tarifwidrigen Betriebsvereinbarung. Mit deren Aufhebung endet die Beeinträchtigung der kollektiven Koalitionsfreiheit. Für den davor liegenden Zeitraum kann die Gewerkschaft nicht den Ausgleich der den Arbeitnehmern entstandenen Entgeltnachteile als Schadenersatz verlangen.
(BAG 17.05.2011 – 1 AZR 473/09).

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Rechtsweg – Arbeitnehmerüberlassung – Klage auf Entschädigung

Ziel des Arbeitsgerichtsgesetzes ist es, alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die in greifbarer Beziehung zu einem Arbeitsverhältnis stehen, auch prozessual im Rahmen der Arbeitssachen zu erfassen.
Der gespaltenen Arbeitgeberstellung bei der Arbeitnehmerüberlassung zwischen Verleiher und Entleiher ist bei der Bestimmung des zulässigen Rechtsweges Rechnung zu tragen. Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen einem Leiharbeitnehmer und einem Entleiher aus dem Leiharbeitsverhältnis – wie der Klage auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Satz 1, § 7 Abs. 1 AGG – ist deshalb nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet.
(BAG 15.03.2011 – 10 AZB 49/10)

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Absprachen über die telefonische Erreichbarkeit im Urlaub unwirksam

Absprachen mit dem Arbeitgeber, in denen sich der Arbeitnehmer freiwillig bereit erklärt, für dringende Rückfragen im Urlaub telefonisch zur Verfügung zu stehen, können keine bindende vertragliche Verpflichtung begründen. Die Frage der echten Freiwilligkeit ist im Konfliktfall ohnehin nicht leicht zu beantworten. Ein zumindest mittelbarer Druck durch das Unternehmen wird sich häufig nicht verneinen lassen. Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass eine solche Vereinbarung gegen zwingendes Urlaubsrecht verstößt und deshalb unwirksam ist.
(BAG Urteil vom 20.06.2000, 9 AZR 405/99).

Anmerkung: Ein weiterer Aspekt ist, dass die Aufnahme der Tätigkeit über einen mehr als nur unerheblichen Zeitraum rechtlich betrachtet zu einer Urlaubsunterbrechung führt. Der Arbeitnehmer könnte theoretisch verlangen, den Urlaubstag, an den er zur Arbeit gerufen wurde, gewährt zu bekommen.

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Keine Abgeltung von Überstunden durch vertragliche Pauschalklausel

Wenn in einem Arbeitsvertrag geregelt ist, dass das Bruttogehalt für eine bestimmte Arbeitszeit vereinbart ist und mit der Vergütung, die erforderlichen Überstunden des Arbeitnehmers mit abgegolten seien, ist diese Regelung unwirksam. Das im BGB verankerte Transparenzgebot verlangt, dass eine Klausel eines Standardarbeitsvertrages, die pauschale Vergütung von Überstunden regelt, klar und verständlich sein muss. Das ist nur der Fall, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag ergibt, welche Arbeitsleistungen von der Klausel erfasst werden sollen. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsabschluss erkennen können, was ggf. auf ihn zukommt und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss.
Im Übrigen hat das Bundesarbeitsgericht am 01.09.2010 entschieden, dass eine so formulierte arbeitsvertragliche Pauschalisierungsabrede gegen das Transparenzgebot verstößt und daher unwirksam ist. Der Mitarbeiter hat dann einen Anspruch auf Überstundenbezahlung – nicht aber auf Freizeitausgleich, denn Überstunden können nur durch Freizeitausgleich abgegolten werden, wenn das ausdrücklich im Arbeitsvertrag vereinbart wurde.
(BAG Urteil vom 01.09.2010 5 AZR 517/09)