Grundrecht auf Freiheit zur Eheschließung gilt auch für Schwerkranke

VonHagen Döhl

Grundrecht auf Freiheit zur Eheschließung gilt auch für Schwerkranke

Das OLG Brandenburg hat entschieden, dass auch ein Schwerkranker ein Recht auf Eheschließung hat.
Ein Mann und eine Frau heirateten am 21.10.2008. Die Trauung fand wegen der Erkrankung des Ehemannes nicht im Standesamt, sondern im Pflegeheim statt. Der Mann leidet u.a. unter dem sog. Korsakow-Syndrom, bei dem sich der Patient nichts merken kann. Er stand deswegen in medizinischer Behandlung. Das brandenburgische Innenministerium erhob als zuständige Verwaltungsbehörde wegen der Erkrankung des Ehemannes beim Amtsgericht Klage auf Aufhebung der Ehe. Dieser Klage hat das Amtsgericht stattgegeben und die Ehe aufgehoben. Dagegen hat die Ehefrau Berufung eingelegt.
Das OLG Brandenburg hat die Eheaufhebungsklage abgewiesen. Damit besteht die Ehe weiter.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts garantiert das Grundgesetz die Freiheit zur Eheschließung. Eine einmal geschlossene Ehe könne deshalb nur aufgehoben werden, wenn bei einem Ehegatte am Tag der Eheschließung die Einsicht in die Bedeutung der Eheschließung und die Freiheit des Willensentschlusses zur Eingehung der Ehe beeinträchtigt war. Im zu entscheidenden Fall habe die Krankheit des Ehemannes weder seine Einsichtsfähigkeit noch die Freiheit seiner Willensentscheidung in Bezug auf die Eheschließung beeinträchtigt.
Bei seiner Entscheidung hat das Oberlandesgericht die Aussagen der den Ehemann behandelnden Ärzte und der Standesbeamtin berücksichtigt. Die Ärzte hätten erklärt, die Gedächtnisleistung des Ehemannes sei nicht vollständig aufgehoben gewesen. Durch die Neueinstellung der Medikamente im Jahr vor der Eheschließung habe sich sein Zustand deutlich verbessert. Der Ehemann habe sie immer erkannt und ihnen auch bestätigt, dass er heiraten will. Die Standesbeamtin, die die Eheleute getraut hat, habe einen früheren Eheschließungstermin abgelehnt, weil der Ehemann starke Schmerzmittel nehmen musste und deshalb die Gefahr bestand, dass er aufgrund des Einflusses der Medikamente die Tragweite einer Eheschließung nicht erfassen könnte. Die Standesbeamtin habe sich dann jedoch vor der schließlich stattgefundenen Eheschließung die Atteste der behandelnden Ärzte vorlegen lassen und den Ehemann vor der Trauung dazu befragt, ob er wisse, weshalb sie hier sei. Hierauf habe er derart reagiert, dass sie keine Zweifel gehabt hat, dass er die für die Eheschließung notwendige Geschäftsfähigkeit besitzt.
(OLG Brandenburg Urteil v. 7.7.2010 13 UF 55/09 )

Über den Autor

Hagen Döhl administrator

Schreibe eine Antwort