Unterschreitung der Mindestsätze bei ständiger Geschäftsbeziehung

VonHagen Döhl

Unterschreitung der Mindestsätze bei ständiger Geschäftsbeziehung

Wieder einmal geht es um die einfache Rechtsfrage, ob ein Architekt bzw. Ingenieur nach den Mindestsätzen abrechnen darf, obwohl er mit seinem Auftraggeber ein niedrigeres Honorar vereinbart hat. Grundsätzlich ist das zulässig, denn die Vereinbarung von Honoraren unterhalb der Mindestsätze ist gemäß § 4 Abs. 2 HOAI 1996/§ 7 Abs. 3 HOAI 2009 nur in Ausnahmefällen möglich. Dabei kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die von der HOAI vorgegebene ausnahmsweise Unterschreitung der Mindesätze in der Praxis der Regelfall ist, jedenfalls wenn die Aufträge nicht von öffentlichen, sondern gewerblichen Auftraggebern (zum Beispiel Generalunternehmer, Bauträger u. a.) erteilt werden. Vor Gericht müssen sich diese Auftraggeber, die ja selbst fach- und HOAI-kundig sind, immer wieder dahingehend korrigieren lassen, dass ihr Regelfall gerade kein Ausnahmefall ist und der Architekt bzw. Ingenieur somit eine Abrechnung nach den Mindestsätzen verlangen kann. Das OLG Stuttgart hat jetzt einen interessanten praxisrelevanten Ausnahmefall kreiert, nämlich den der ständigen Geschäftsbeziehung. Dieser Ansatz ist vor dem Hintergrund interessant, dass der Verordnungsgeber in der Begründung des § 7 Abs. 3 HOAI 2009 sog. Rahmenverträge ausdrücklich als Ausnahmefall erwähnt hat. In dieser wichtigen Frage hat das OLG hier die Revision zugelassen. Diese wurde auch eingelegt, so dass der BGH möglicherweise klarstellen wird.
OLG Stuttgart, Urteil vom 21.09.2010 – 10 U 50/10

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