In Bauprozessen werden sehr häufig Sachverständige eingeschaltet. In mehr als 90% dieser Fälle folgt das Gericht den Aussagen des Sachverständigen. Dem Sachverständigen und seinem Gutachten kommt eine überragende Bedeutung für den Ausgang des Prozesses zu. Umso wichtiger ist ein verfahrensrechtliches Urteil des BGH. Dieser hat jetzt entschieden, dass die Parteien (fast) immer ein Recht auf mündliche Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen haben. Sie brauchen ihren Klärungsbedarf vorher nicht konkret durch einen Schriftsatz an das Gericht zu begründen. Die Praxis sieht (noch) ganz anders aus: Viele Richter sehen in dem Antrag auf Anhörung des Sachverständigen einen ganz überflüssigen Angriff auf ihre Terminshoheit. Ob ein Sachverständiger geladen werden muss, sei eine richterliche Ermessensentscheidung. Vorher müsse der Antrag zunächst begründet und im Übrigen eine Liste mit den zu stellenden Fragen eingereicht werden. Angesichts der Bedeutung des Sachverständigengutachtens für den Ausgang des Prozesses ist eine restriktive Handhabung des § 411 Abs. 3 ZPO durch die Gerichte nicht zu rechtfertigen. Eine Zurückweisung des Antrages auf Anhörung des Sachverständigen komme nur bei Rechtsmissbräuchlichkeit oder Verspätung in Betracht (BGH, Beschluss vom 08.11.2005 – VI ZR 121/05).
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