Kategorien-Archiv Baurecht

VonHagen Döhl

Bauhaftung und Nachbarschäden: Bauunternehmer haftet nicht ohne Verschulden!

Grundsätzlich kann ein Schädiger auf Schadensersatz nur bei Verschulden in Anspruch genommen werden. Etwas anderes gilt zwischen Grundstücksnachbarn. Geht von dem einen Grundstück eine Beeinträchtigung des anderen Grundstücks aus und kommt es dadurch zu einem Schaden, haftet der Eigentümer des beeinträchtigenden Grundstücks dem Nachbarn auch ohne Verschulden auf einen sog. nachbarrechtlichen Ausgleich. Beispiel: Ein Bauunternehmer führt auf dem Grundstück Erd- und Rüttelarbeiten durch. Dabei hält er die Grenzwerte der DIN 4150 (Erschütterungen im Bauwesen) ein. Trotzdem kommt es zu Erschütterungsschäden am Nachbarhaus. Der Bauunternehmer haftet nicht, weil er wegen der Einhaltung der DIN-Grenzwerte seine Sorgfaltspflichten erfüllt hat und ihm daher kein Verschulden vorzuwerfen ist. Zwar ist dem Eigentümer des Grundstücks, auf dem die Rüttelarbeiten durchgeführt wurden, ebenfalls kein Verschulden vorzuwerfen. Gleichwohl haftet er verschuldensunabhängig auf sog. nachbarrechtlichen Ausgleich, was einem Schadensersatz sehr nahe kommt. Zur Diskussion steht, ob nicht auch der „störende“ Bauunternehmer ebenso haften muss, da doch er der eigentliche Verursacher des Schadens am Nachbargrundstück ist. Diese Diskussion hat der BGH beendet und es bei dem Grundsatz belassen, dass der Bauunternehmer für Schäden nur bei Verschulden haftet. Der für den Nachbarn tätig werdende Bauunternehmer steht außerhalb des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses, so dass er zu einem verschuldensunabhängigen nachbarrechtlichen Ausgleich nicht herangezogen werden kann.
(BGH, Urteil vom 16.07.2010 – V ZR 217/09)

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Regelmäßig keine Kostengarantie!

Kommt es bei einer Baumaßnahme zur Überschreitung einer vereinbarten Kostenobergrenze, so macht der Bauherr oft den Architekten verantwortlich. Dabei ist ein Schadensersatz aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen meist nur sehr schwer durchzusetzen. Deshalb versuchen die Bauherren, die Haftung aus einer Kostengarantie herzuleiten. Dann würde der Architekt in vollem Umfang für die Überschreitung der Kostengrenze haften. Das könnte seinen Ruin bedeuten, weil ein solches Risiko von der Haftpflichtversicherung nicht gedeckt ist. Die Gerichte nehmen eine solche Kostengarantie nur in sehr seltenen Ausnahmefällen an, denn eine solche Risikoübernahme ist auch der Vereinbarung von Kostenobergrenzen in den allermeisten Fällen nicht zu entnehmen. Das OLG Naumburg weist ferner darauf hin, dass der Umfang der für die Bausumme zu erbringenden Leistungen auf der Grundlage der Entwurfsplanung bereits im Detail feststehen müsste, sonst könne von vornherein nicht von einer Garantie ausgegangen werden.

(OLG Naumburg, Urteil vom 17.07.2007 – 9 U 164/06)

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bewußtes Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangel

Arglistig i.S.d. § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. handelt nur derjenige, der bewusst einen offenbarungspflichtigen Mangel verschweigt. Ein solches Bewusstsein fehlt, wenn der Mangel von seinem Verursacher nicht als solcher wahrgenommen wird. (BGB § 638 a.F., BGB § 633 Abs. 3 a.F.)
(BGH Urteil 22.07.2010, VII ZR 77/08)

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Sich widersprechende Gutachten

Weichen die Gutachten des erstinstanzlichen und des zweitinstanzlichen Sachverständigen voneinander ab, dann muss das Berufungsgericht diesen entscheidungserheblichen Widersprüchen von Amts wegen nachgehen. Erst dann ist es verfahrensrechtlich erlaubt, einem der beiden Gutachten zu folgen. Die Begründung der Beweiswürdigung muss erkennen lassen, dass die Widersprüche gegeneinander abgewogen worden sind und keine Anhaltspunkte für eine weitere Aufklärungsmöglichkeit bestehen (BGH Versicherungsrecht 2009, 519).
Das gilt auch für das Verhältnis zwischen einem gerichtlichen Gutachten und einem von einer Partei eingereichten Privatgutachten (BGH NJW-RR 2009, 35). Die Widersprüche zwischen den Gutachten dürfen nicht dadurch übergangen werden, dass das Gericht einem Gutachten ohne einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung folgt.
(Schneider ZAP Nr. 16 vom 11.08.2010, Seite 1659 – Fach 13).

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Rechtsprechungsänderung zur Berechnung des Schadensersatzes wegen eines Baumangels

Der BGH hat neue Grundsätze aufgestellt, nach denen ein Schadensersatzanspruch wegen eines Baumangels zu berechnen ist.
Der Beklagte errichtete im Auftrag der Kläger ein Einfamilienhaus. Es waren Mängel vorhanden, die der Beklagte trotz Aufforderung mit Fristsetzung nicht beseitigte. Für die Beseitigung der Mängel sind Aufwendungen in Höhe von 9.405 Euro netto erforderlich. Die Parteien haben darüber gestritten, ob der Kläger als Schadensersatz, über den er frei verfügen kann und den er nicht zur Mängelbeseitigung verwenden muss, auch die Umsatzsteuer auf diesen Betrag verlangen kann, wenn er die Mängel noch nicht beseitigt hat. Das Berufungsgericht hat dies bejaht.
Der BGH hat in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass die Umsatzsteuer auf voraussichtliche Mängelbeseitigungsaufwendungen als Schadensersatz nicht verlangt werden kann, solange der Mangel nicht tatsächlich beseitigt worden ist.
Diese Entscheidung ist im Lichte der gesetzlichen Regelung des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB ergangen, die zwar auf Schadensersatzansprüche im Werkvertragsrecht nicht anwendbar ist, jedoch eine gesetzliche Wertung für vergleichbare Fälle enthält.
Will der Auftraggeber den Bruttobetrag vor einer Mängelbeseitigung, so sei er im Werkvertragsrecht ausreichend dadurch geschützt, dass er einen auch die Umsatzsteuer umfassenden Vorschussanspruch gemäß § 637 Abs. 3 BGB geltend machen kann, den er allerdings zur Mängelbeseitigung verwenden muss.
(BGH 22.7.2010 VII ZR 176/09)

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BGH: Schadensersatzanspruch wegen eines Baumangels umfasst Umsatzsteuer nur nach tatsächlicher Mängelbeseitigung

Wird wegen eines Baumangels Schadensersatz geltend gemacht, umfasst dieser Umsatzsteuer auf die erforderlichen Aufwendungen für die Mängelbeseitigung nur dann, wenn der Mangel tatsächlich beseitigt worden ist. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 22.07.2010 entschieden und damit seine bisherige Rechtsprechung geändert. In seiner Begründung verweist der BGH auf § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB, der auf Schadensersatzansprüche im Werkvertragsrecht zwar nicht anwendbar sei, aber eine gesetzliche Wertung für vergleichbare Fälle enthalte (Az.: VII ZR 176/09).

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Was sind eigentlich Abstandsflächen?

Abstandsflächen sind Grundstücksbereiche, die zum Schutz des Nachbarn und der Allgemeinheit nicht bebaut werden dürfen. Diese sind als Teil des Bauordnungsrechts in den Bauordnungen der einzelnen Bundesländer geregelt. Maßgeblich sind die Außenwände des Gebäudes. Durch die Abstandsflächen soll sichergestellt werden, dass:

• die Gebäude ausreichend Licht bekommen,

• der Brandschutz gewährleistet ist

• die Gebäude ausreichend Luftzufuhr haben

In der Regel entsprechen die Abstandsflächen der Gebäudehöhe und Gebäudebreite. Das bedeutet, die Abstandsfläche, die neben einem Gebäude einzuhalten ist, ist so groß, wie die umgeklappte Fassade des Gebäudes. Nach der Musterbauordnung werden dabei Dachflächen mit mehr als 70° Neigung voll berücksichtigt, Dachflächen mit über 45 bis 70° Neigung zu einem Drittel. Die konkrete Abstandsfläche richtet sich danach, in welchem Nutzungsgebiet (z. B. Wohngebiet, Kerngebiet, Gewerbegebiet) sich das Grundstück befindet. Für die einzelnen Gebiete existieren in den Bauordnungen unterschiedliche Regelungen.

Mindestabstand ist immer drei Meter. Die Abstandsflächen müssen in der Regel auf dem eigenen Grundstück liegen. Öffentliche Straßen und Wege dürfen zumeist bis zur Straßenmitte in die Berechnung einbezogen werden.

Der Nachbar kann eine Baulast bewilligen, nach der die Flächen auf das Nachbargrundstück fallen dürfen. Die Übernahme von Abstandsflächen wird im Baulastverzeichnis vermerkt und mindert unter Umständen den Wert des Grundstückes.

Ein betroffener Nachbar kann bei Nichteinhaltung dagegen vorgehen, etwa durch Anfechtung der erteilten Baugenehmigung.

VonHagen Döhl

Verjährung nach VOB/ B

Gemäß § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B beträgt die Verjährung für Mängelansprüche vier Jahre, regelmäßig wird eine längere Verjährung von meist fünf Jahren vereinbart. Für wartungsbedürftige Teile von maschinellen und elektrotechnischen Anlagen beträgt die Verjährungsfrist allerdings nur zwei Jahre, wenn der Auftraggeber sich dafür entschieden hat, dem Auftragnehmer die Wartung für die Dauer der Verjährung nicht zu übertragen. Gilt diese Verjährungsverkürzung auch, wenn die Parteien abweichend von der Regelfrist von vier Jahren eine längere Verjährungsfrist vereinbart haben? Ja, entscheidet das OLG München, so dass die Verjährung für eine wartungsbedürftige Aufzugsanlage nur zwei Jahre betrug, weil dem Aufzugsbauer nicht die Wartung übertragen worden war. Diese Entscheidung bezieht sich auf die VOB/B 2002. In der Fassung 2006 ist die Verjährungsverkürzung auf zwei Jahre auch für den Fall geregelt, dass für weitere Leistungen eine andere Verjährungsfrist vereinbart ist, § 13 Nr. 4 Abs. 2, letzter Halbsatz VOB/B 2006.
OLG München, Beschluss vom 23.02.2010 – 28 U 5512/09

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Wann verjähren Schadensersatzansprüche beim hängengebliebenen Architektenvertrag?

Auch Architektenleistungen müssen abgenommen werden. Erst ab Abnahme beginnt gemäß § 634a BGB die Verjährung von Mängelansprüchen, zu denen auch Schadensersatzansprüche wegen Mängel zählen. Nun kommt es nicht selten vor, dass ein Architektenvertrag „hängen bleibt“, weil es Streit um Mängel gibt und beide Seiten für eine längere Zeit passiv bleiben. Dann stellt sich die Frage, ob Mängelansprüche auch schon vor Abnahme verjähren können, nämlich innerhalb der Regelfrist von drei Jahren ab Ende des Jahres der Anspruchsentstehung und Kenntniserlangung (§§ 195, 199 BGB). Zu diesem Ergebnis gelangt das OLG Karlsruhe mit der Folge, dass Schadensersatzansprüche gegen einen Architekten bereits verjähren können, bevor die Abnahme erklärt wurde bzw. aus sonstigen Gründen ein Verjährungsbeginn eingetreten ist. Das ist ein erstaunliches Ergebnis, über dessen Richtigkeit möglicherweise der BGH entscheiden muss, denn das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
OLG Karlsruhe, Urteil vom 09.03.2010 – 19 U 100/09

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konkludente Abnahme einer Tragwerksplanung

Die konkludente Abnahme der Tragwerksplanung kann darin liegen, dass der Besteller nach Fertigstellung der Leistung, Bezahlung der Rechnung des Tragwerkplaners und mehrere Monate nach Einzug in das nahezu fertig gestellte Bauwerk keine Mängel der Tragwerksplanung rügt.
Auch bei einer konkludenten Abnahme kommt es gemäß § 640 Abs. 2 BGB zu einem Rechtsverlust, wenn der Besteller sich die Rechte wegen der ihm bekannten Mängel nicht vorbehält.
BGH Urteil 25.02.2010, VII ZR 64/09