BGH: Inhaltskontrolle greift bei Verwendung der VOB/B gegenüber Verbrauchern

VonHagen Döhl

BGH: Inhaltskontrolle greift bei Verwendung der VOB/B gegenüber Verbrauchern

Die Klauseln der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) unterliegen bei Verwendung gegenüber Verbrauchern einer Einzelkontrolle nach §§ 307 ff, BGB. Dies hat der für das Werkvertragsrecht zuständige Siebte Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden (Urteil vom 24.07.2008, Az.: VII ZR 55/07).
Geklagt hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Beim Beklagten handelt es sich um den Deutschen Vergabe- und Vertragsausschuss (DVA). Dieser ist ein nicht rechtsfähiger Verein, der nach seiner Satzung die Aufgabe hat, Grundsätze für die sachgerechte Vergabe und Abwicklung von Bauaufträgen zu erarbeiten und weiterzuentwickeln. Der DVA hat die im amtlichen Teil des Bundesanzeigers veröffentlichte Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) Teile A und B Ausgabe 2002 verfasst. Der Kläger ist der Auffassung, der Beklagte empfehle auch gegenüber Verbrauchern das Regelwerk der VOB/B für den rechtsgeschäftlichen Verkehr. Bei Verwendung gegenüber Verbrauchern seien 24 näher bezeichnete Klauseln dieses Regelwerks gemäß §§ 307 bis 309 BGB unwirksam. Der Beklagte sei daher verpflichtet, die Empfehlung dieser Klauseln im Verkehr mit Verbrauchern für Werk- und Werklieferungsverträge zu unterlassen und seine bereits erfolgte Empfehlung zu widerrufen. Die Klage scheiterte in erster und zweiter Instanz. Der BGH hob aber das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zurück.
Der Beklagte empfehle die VOB/B für den rechtsgeschäftlichen Verkehr, erläuterte der BGH. Das Klauselwerk sei entsprechend der Satzung des Beklagten im Bundesanzeiger unter Kenntlichmachung seiner Urheberschaft und in seinem Auftrag als DIN 1961 veröffentlicht worden. Der DVA könne daher gemäß § 1 Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Diesen Anspruch könne der Kläger als in die Liste qualifizierter Einrichtungen eingetragener Verband auch geltend machen. Etwas anderes hätte gemäß § 3 Abs. 2 UKlaG nur zu gelten, wenn der Beklagte die VOB/B zur ausschließlichen Verwendung zwischen Unternehmern empfehlen würde. Eine dahingehende Einschränkung der Empfehlung habe der Beklagte jedoch weder ausdrücklich ausgesprochen noch ergebe sie sich aufgrund sonstiger Umstände.
Die einzelnen Klauseln der VOB/B unterliegen laut BGH bei einer Verwendung gegenüber Verbrauchern einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff BGB. Der BGH habe es zwar im Jahr 1982 als verfehlt angesehen, in einem Vertrag, in dem die VOB/B gegenüber einem Bauhandwerker verwendet werde, einzelne Bestimmungen dieses Klauselwerks einer Inhaltskontrolle zu unterziehen (vgl. NJW 1983, 816). Dies sei damit begründet worden, dass die VOB/B nicht den Vorteil nur einer Vertragsseite verfolge und einen auf die Besonderheiten des Bauvertragsrechts abgestimmten, im Ganzen einigermaßen ausgewogenen Ausgleich der beteiligten Interessen enthalte. Diese auf richterliche Fortbildung gegründete Privilegierung der VOB/B erachtet der BGH in seinem aktuellen Urteil bei Verwendung gegenüber Verbrauchern jedoch für nicht gerechtfertigt.
Denn ein maßgeblicher Gesichtspunkt für diese Privilegierung sei der Umstand, dass die VOB/B vom Beklagten unter Mitwirkung der Auftragnehmer- und der Auftraggeberseite erarbeitet werde und daher beide Seiten die Möglichkeit hätten, ihre jeweiligen Interessen zu vertreten und ihnen Geltung zu verschaffen. Dies treffe für die in aller Regel geschäftlich nicht erfahrenen und damit besonders schutzbedürftigen Verbraucher nicht zu. Verbraucherverbände seien von einer ordentlichen Mitgliedschaft im DVA ausgeschlossen. Die spezifischen Interessen der Verbraucher würden auch nicht in hinreichendem Maße von den im DVA für die Auftraggeberseite tätigen Institutionen, insbesondere der öffentlichen Hand, vertreten.
Eine Entscheidung zu den beanstandeten Klauseln selbst konnte der BGH eigenen Angaben zufolge nicht treffen. Insoweit sei eine umfassende Würdigung vorzunehmen, in die insbesondere die typischen Interessen der Vertragsparteien und die Anschauungen der beteiligten Verkehrskreise einzubeziehen seien. Dazu fehle es bisher an Feststellungen, teilte das Karlsruher Gericht mit. Insofern sei die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden.

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