BGH erweitert Möglichkeiten des finanziellen Ausgleichs zwischen Unverheirateten nach Scheitern der Beziehung

VonHagen Döhl

BGH erweitert Möglichkeiten des finanziellen Ausgleichs zwischen Unverheirateten nach Scheitern der Beziehung

Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung zum finanziellen Ausgleich nach dem Scheitern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gelockert. Er entschied, dass derjenige Partner, der während der Beziehung einen wesentlichen finanziellen Beitrag zur Schaffung eines Vermögenswertes des anderen Partners (zum Beispiel Wohnhaus) geleistet habe, neben gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsansprüchen auch Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung und solche nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) geltend machen könne. Mit der Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung reagierte der BGH auf Kritik an seiner bisherigen Rechtsansicht (Urteil vom 09.07.2008, Az.: XII ZR 179/05, BeckRS 2008, 17118).

Klägerin und Beklagter lernten sich 1990 kennen. Im Jahr 1999 erwarb die Klägerin ein Grundstück, das mit einem Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung bebaut wurde. Das Anwesen sollte den Parteien als gemeinsame Wohnung dienen. Zur Realisierung des Bauvorhabens, dessen Kosten mit 320.000 DM veranschlagt waren, trugen beide Parteien sowohl durch finanzielle Leistungen als auch durch Arbeitsleistungen bei. Nachdem Anfang 2003 Spannungen in der Beziehung der Parteien aufgetreten waren, verklagte die Frau den Mann auf Räumung des Anwesens. Dem Begehren kam dieser nach, verlangte aber im Gegenzug einen Ausgleich für die von ihm für den Hausbau aufgewendeten finanziellen Mittel sowie für seine Arbeitsleistungen. Seine Widerklage blieb in beiden Tatsacheninstanzen ohne Erfolg. Auf die Revision des Mannes hat der BGH das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zurück an das Berufungsgericht verwiesen.

Bisherige Rechtsansicht: Kein Ausgleich gemeinschaftsbezogener Zuwendungen
Der erkennende Senat verweist in seiner Entscheidung zunächst auf die bisherige Rechtsprechung des BGH, wonach gemeinschaftsbezogene Zuwendungen der Partner grundsätzlich nicht ausgeglichen werden können. Denn bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft stünden die persönlichen Beziehungen derart im Vordergrund, dass sie auch das die Gemeinschaft betreffende vermögensbezogene Handeln der Partner bestimmten. Daher bestehe nicht nur in persönlicher, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht grundsätzlich keine Rechtsgemeinschaft, so die Begründung. Wenn die Partner nicht etwas Besonderes unter sich geregelt hätten, würden dementsprechend persönliche und wirtschaftliche Leistungen nicht gegeneinander aufgerechnet (vgl. dazu BGH vom 06.10.2003, NJW 2004, 58).

Der BGH räumt in seiner jetzigen Entscheidung ein, dass ein Ausgleich nach den Vorschriften über die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft in Betracht kommen könne, wenn die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten einen entsprechenden Gesellschaftsvertrag geschlossen hätten. Eine rein faktische Willensübereinstimmung reiche aber für eine nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen zu beurteilende Zusammenarbeit nicht aus, so der BGH. Ausreichend sei aber, dass die Parteien die Absicht verfolgt hätten, mit dem Erwerb eines Vermögensgegenstandes, etwa einer Immobilie, einen – wenn auch nur wirtschaftlich – gemeinschaftlichen Wert zu schaffen, der von ihnen für die Dauer der Partnerschaft nicht nur gemeinsam genutzt werden, sondern ihnen nach ihrer Vorstellung auch gemeinsam gehören solle. Im konkreten Fall lagen diese Voraussetzungen laut BGH jedoch nicht vor. Denn es sei nicht ersichtlich gewesen, dass die Parteien zumindest konkludent einen Gesellschaftsvertrag in Bezug auf die Errichtung des Hauses geschlossen hätten.

Aufgegeben hat der BGH seine Rechtsansicht zu den Ansprüchen aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. BGB) sowie nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB). Bisher galt: Der Grundsatz, dass die Partner einer gescheiterten nichtehelichen Lebensgemeinschaft ihre persönlichen und wirtschaftlichen Leistungen nicht gegeneinander aufrechnen könnten, stehe der Annahme entgegen, das Scheitern der nichtehelichen Lebensgemeinschaft lasse die Geschäftsgrundlage für die bisher erbrachten Leistungen entfallen. Regelten sie ihre Beziehungen nicht besonders, so handele es sich um einen rein tatsächlichen Vorgang, der keine Rechtsgemeinschaft begründe (BGH, NJW 1997, 3371). Diese restriktive Rechtsprechung ist nicht ohne Kritik geblieben (vgl. OLG Karlsruhe, NJW 1994, 948). Jetzt entschied der BGH, dass bei Leistungen, die über das hinausgehen, was das tägliche Zusammenleben erst ermöglicht, im Einzelfall zu prüfen ist, ob ein Ausgleichsverlangen unter dem Aspekt des Bereicherungsrechts und des Wegfalls der Geschäftsgrundlage begründet ist.

Der BGH weist in seiner Entscheidung darauf hin, dass nach § 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. BGB für den Empfänger einer Leistung die Pflicht zur Herausgabe der Zuwendung besteht, sofern der mit der Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eingetreten ist. Ein Bereicherungsanspruch wegen Fehlschlagens dieser Erwartung setze voraus, dass darüber mit dem Empfänger der Leistung eine Willensübereinstimmung erzielt worden sei. Einseitige Vorstellungen genügten nicht, so der BGH. Eine stillschweigende Einigung in diesem Sinne könne aber angenommen werden, wenn der eine Teil mit seiner Leistung einen bestimmten Erfolg bezweckt und der andere Teil dies erkannt und die Leistung entgegengenommen habe, ohne zu widersprechen. Eine solche Zweckabrede habe das Berufungsgericht nicht festgestellt. Die Prüfung, ob eine solche vorgelegen habe, müsse es jetzt nachholen. Der erkennende Senat hält bereicherungsrechtliche Ansprüche hier jedenfalls für möglich.

Daneben kommt laut BGH ein Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzenüber den Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht, soweit der gemeinschaftsbezogenen Zuwendung die Vorstellung oder Erwartung zugrunde lag, die Lebensgemeinschaft werde Bestand haben. Die Rückabwicklung erfasse insoweit etwa Fälle, in denen es mangels Schaffung eines gemeinschaftlichen Vermögenswertes nicht zu gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsansprüchen komme oder in denen eine Zweckabrede im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. BGB nicht festzustellen sei. Sie habe allerdings nicht zur Folge, dass sämtliche Zuwendungen bei Scheitern der Beziehung auszugleichen wären, so der BGH. Auszuscheiden seien die im Rahmen des täglichen Zusammenlebens ersatzlos erbrachten Leistungen und die Leistungen desjenigen Partners, der nicht zu den laufenden Kosten beitrage, sondern größere Einmalzahlungen erbringe. Er könne insofern nicht besser gestellt werden als derjenige Partner, dessen Aufwendungen den täglichen Bedarf gedeckt hätten oder der sonst erforderlich werdende Beiträge übernommen habe (vgl. dazu BGH, NJW 2008, 443).

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