In einem Rechtsstreit über die Bemessung eines Wohnvorteils eines unterhaltspflichtigen Ehegatten hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Tilgungsanteil der Kreditraten des Unterhaltsschuldners, den dieser für ein ursprünglich gemeinsam erworbenes Haus aufwenden muss, nicht mehr einkommensmindernd berücksichtigt werden kann, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte nicht mehr von einer mit der Tilgung einhergehenden Vermögensbildung profitiert, da der Unterhaltsschuldner mittlerweile alleiniger Eigentümer des Hauses ist. Der BGH entschied auch, dass von einer getrennt lebenden Ehegattin auch nach einer 15-jährigen Erwerbspause verlangt werden könne, einer Beschäftigung in Vollzeit nachzugehen.
Die Parteien sind verheiratet; aus ihrer Ehe sind ein volljähriger und ein bei Trennung 17 Jahre alter Sohn hervorgegangen. Beide Ehepartner waren je zur Hälfte Miteigentümer eines Reihenendhauses mit einem Mietwert von 860 Euro und einer monatlichen Belastung für Zins und Tilgung von 580 Euro. Im Dezember 2004 veräußerte die Klägerin ihren Miteigentumsanteil zum Preis von 75.000 Euro an den Beklagten. Ende Dezember 2004 trennten sich die Parteien.
Der Beklagte verfügte über unterhalterelevante Nettoeinkünfte in Höhe von rund 3.450 Euro monatlich, dem das Oberlandesgericht einen Vorteil mietfreien Wohnens von zunächst rund 425 Euro und nach einer Umschuldung von rund 260 Euro hinzurechnete. Die 50-jährige Klägerin erzielte nach einer 15-jährigen «Familienpause» seit Anfang 2000 aus einer Teilzeittätigkeit von 28 Stunden wöchentlich unterhaltsrelevante Einkünfte in Höhe von monatlich rund 950 Euro. Dem rechnete das OLG ein fiktives Erwerbseinkommen von 260 Euro hinzu, das die Klägerin aus einer zumutbaren Nebentätigkeit erzielen könne. Das OLG rechnete auch Zinsgewinne der Klägerin aus dem Verkaufserlös des Miteigentums in Höhe von 180 Euro monatlich hinzu.
In der Vorinstanz des Rechtsstreits verurteilte das OLG den Beklagten unter Berücksichtigung seiner Barunterhaltspflicht für die beiden Kinder, an die Klägerin über den freiwillig an sie gezahlten Unterhalt in Höhe von monatlich 257,80 Euro hinaus weitere 367 Euro zu zahlen. Hiergegen legte der Beklagte Revision ein und begründete dies damit, dass ihm nur ein geringerer Wohnvorteil für die Nutzung des eigenen Hauses zurechenbar sei. Zudem sei das Erwerbseinkommen der Klägerin zu gering bemessen, weil sie neben ihrer Teilzeittätigkeit höhere Nebeneinkünfte erzielen könne.
Der BGH hob hat das Urteil des OLG auf und verwies den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurück, da die Bemessung des Mietvorteils auf Seiten des Unterhaltspflichtigen der revisionsrechtlichen Prüfung nicht standhalte. Von dem Vorteil mietfreien Wohnens seien zwar grundsätzlich die infolge des Eigentumserwerbs entstandenen Kosten abzusetzen, weil der Eigentümer nur in Höhe der Differenz günstiger lebe als ein Mieter. Der Tilgungsanteil der Kreditraten des Unterhaltsschuldners könne aber dann nicht mehr einkommensmindernd berücksichtigt werden, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte nicht mehr von einer mit der Tilgung einhergehenden Vermögensbildung profitierte und anderenfalls eine einseitige Vermögensbildung zu Lasten des Unterhaltsberechtigten vorläge. Nach der Rechtsprechung des BGH kann ein Teil der Tilgung aber als zusätzliche Altersvorsorge berücksichtigt werden und zwar beim Ehegattenunterhalt bis zur Höhe von vier Prozent des Bruttoeinkommens, hier also in Höhe von rund 200 Euro monatlich.
Der Zwölfte Zivilsenat entschied außerdem, dass von der Klägerin trotz ihrer 15-jährigen Erwerbspause grundsätzlich eine vollschichtige Erwerbstätigkeit verlangt werden kann. Aus einer solchen könne sie – entgegen der Auffassung des OLG – ein deutlich höheres Einkommen erzielen, als aus ihrer Teilzeittätigkeit. Das vom OLG berücksichtigte Einkommen aus einer Nebentätigkeit sei daher zu niedrig bemessen, zumal es von einem sehr geringen Stundenlohn in Höhe von sechs Euro statt von dem gegenwärtig erzielten Einkommen ausgegangen sei.
(BGH Urteil vom 05.03.2008; Az.: XII ZR 22/06)
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